-- Anzeige --

Selbst ist der Flottenbetreiber

30.09.2011 12:02 Uhr
Selbst ist der Flottenbetreiber

-- Anzeige --

Selbst ist der Flottenbetreiber

Der Einsatz von Selbstbeteiligungsmodellen kann ein wirksamer Hebel sein, um die Beiträge für Flottenversicherungen zu steuern. Das gilt sowohl für die Kasko- als auch für die Haftpflichtversicherung. Es bedarf jedoch genauer Analysen, um die passende Lösung für die jeweilige Flotte zu finden. Welche das sind, haben Fuhrparkmanager und Experten am runden Tisch diskutiert.

Bei so manchem Flottenversicherer hierzulande scheint Feuer unterm Dach zu brennen. Darauf lassen Hochrechnungen des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) schließen. Demnach ist eine kombinierte Schaden-Kosten-Quote, die sogenannte Combined Ratio, nach Abwicklung von 105 Prozent im gesamten Markt für Kraftfahrtversicherungen für dieses Jahr zu erwarten und sogar 109 Prozent allein im Flottenbereich.

„Das bedeutet vereinfacht: Die Versicherer würden im Durchschnitt für 100 Euro, die sie bei Fuhrparkbetreibern einnehmen, 109 Euro ausgeben. Gegenüber dem Vorjahr wäre das nochmals eine deutliche Verschlechterung“, sagt Ralph Feldbauer, Riskmanager und Geschäftsführer der Riskguard – Wirtschafts- und Beratungsgesellschaft mbH. Und er ergänzt: „Da die Versicherer nicht zuletzt aufgrund der anstehenden strengen Eigenkapitalvorschriften durch Solvency II verstärkt von einer umsatz- zu einer ertragsorientierten Betrachtung der einzelnen Geschäftsfelder übergehen, rücken die Flotten mit ihrem weit höheren Risikopotenzial, den individuellen Besonderheiten aus möglichen Wirtschaftsbranchen mit dem Einsatz- und Nutzungsverhalten, ihren Großschaden- und Kumulrisiken sowie den höheren Schadensfrequenzen mit den Fahrzeugen klar in den Fokus.“

Immer häufiger finden daher Sanierungsgespräche respektive harte Verhandlungen zwischen Fuhrparkbetreibern und Kfz-Versicherern statt, in denen es um höhere Prämien und mehr Eigenverantwortung der Versicherungsnehmer geht. Für diese und auch für alle anderen können individuelle Selbstbeteiligungsmodelle in der Kasko und unter Umständen auch in der Kraftfahrthaftpflicht eine Lösung sein, die Kosten zumindest im Griff zu behalten oder zu senken.

Das Pro und Kontra der Eigentragungsmodelle ist daher auch zentrales Thema der Debatte am runden Tisch gewesen zwischen den drei Experten Ralph Feldbauer, Frank O. Hamann, Rechtsanwalt in der Kanzlei F.E.L.S. in Nürnberg, und Peter Hellwich, Inhaber der PHS Fuhrpark- und Logistikberatung in München, mit Wilfried Hauffen, Prokurist, Manager Purchasing and Supplier Management Germany, und Angela Mair, Specialist Purchasing and Supplier Management der Baxter Deutschland GmbH in Unterschleißheim, sowie Markus Reihl, Internes Management und Fuhrparkleiter bei der Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Rödl & Partner in Nürnberg, und Stefanie Zeumer, Assistentin der Fuhrparkleitung im strategischen Fuhrparkmanagement der Liebherr-Hydraulikbagger GmbH in Kirchdorf an der Iller.

Af: Die Spielarten der Selbstbeteiligungen in der Flottenversicherung und deren Erhöhung respektive Senkung nehmen Flottenbetreiber immer wieder unter die Lupe und werden derzeit wieder öfter diskutiert. Was sind die Beweggründe hierfür?

Feldbauer: Wenn man sich im Zuge eines professionellen und damit ganzheitlichen Riskmanagements die Schäden über die Jahre genau ansieht, handelt es sich oftmals um Frequenzschäden, bei denen es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, sie beim Versicherer zur Regulierung einzureichen. Damit meine ich, dass der prozessuale und administrative Aufwand mehr kostet als die Regulierung. Es ist zum Beispiel häufig zu beobachten, dass auch noch größere Fuhrparks mit mehreren hundert Fahrzeugen noch in konventionellen Versicherungsmodellen mit Selbstbeteiligungen von wenigen hundert Euro in der Kasko stecken, dann Kleinschäden ihrem Versicherer melden und lediglich 50 Euro unterm Strich erstattet bekommen. Dafür muss der Versicherer aber schadenseitig in gleicher Weise aktiv sein wie bei größeren Schäden – von der Schadensanlage, der Deckungs- und Haftungsprüfung sowie letztlich bis zu den Auszahlungsmodalitäten. Die Rechnung geht für beide Seiten also nicht auf. Daran ist zu sehen, dass Selbstbeteiligungen oft noch viel Spielraum bergen und bei entsprechender Erhöhung zu einer Entlastung führen und andere Kalkulationsansätze gegenüber dem Versicherer zulassen. Schließlich ist die Flottenversicherung stets individuell kalkulierbar und entsprechend verhandelbar. Je besser der Versicherungsnehmer daher in der Materie bewandert ist und eigene Transparenz im Unternehmen hat, desto höher sind die Chancen, gute Ergebnisse im Sinne des Unternehmens zu erzielen.

Hellwich: Zugleich haben die Flottenbetreiber als Versicherungsnehmer bei negativen Schadenverläufen die Möglichkeit des Schadenrückkaufs, um ihre Prämien zu halten und ihre Schadenquote im Nachgang wieder zu verbessern.

Af: Wann empfiehlt sich denn ein Schadenrückkauf, um negative Schadenverläufe wieder ins rechte Licht zu rücken?

Hellwich: Es ist grundsätzlich nur eine Option, um eine schlechte Schadensituation zu mildern. Besser ist es natürlich, das Versicherungsmodell von Anfang an sauber aufzustellen, statt im Nachhinein zu korrigieren.

Feldbauer: Für die Verhandlungen ist es grundsätzlich immer besser, im Vorfeld Transparenz herzustellen. Und das ist auch beim Schadenrückkauf notwendig, da aufgrund der versicherungsrechtlichen Regularien bestimmte Meldefristen und Rückkaufbedingungen geregelt sein müssen, um das Instrument wirksam nutzen zu können. Insbesondere in kleineren und mittleren Fuhrparks gibt es hin und wieder schadenquotenabhängige Beitragsmodelle, sogenannte Verlaufsrabattmodelle, in denen ab bestimmten Prozentwerten eine Beitragssenkung oder -erhöhung, zum Beispiel ab einer Schadenquote von 81,5 Prozent, von plus zehn Prozent erfolgt. In diesen Fällen ist es durchaus für beide Seiten sinnvoll, den Schadenrückkauf in Betracht zu ziehen. Es sollte aber nicht das Mittel der ersten Wahl sein. Bei Firmenfuhrparks sollte die „Eigentragungsmentalität“ vor der klassischen „Vollkaskomentalität“ stehen.

Af: Hier am Tisch sitzen nun drei Fuhrparkleiter, die sich auch schon ausgiebig mit Selbstbeteiligungen beschäftigt haben und diese gezielt einsetzen. Wie sehen die gewählten Versicherungsmodelle nun im Einzelnen aus?

Hauffen: Baxter Deutschland hat für die rund 280 Firmen-Pkw überhaupt keine Kaskoversicherung, sondern die Kosten gehen im Schadensfall immer direkt auf die Kostenstelle des Verursachers. In der Haftpflicht arbeiten wir über ein internationales Versicherungsprogramm mit einem Kfz-Versicherer hierzulande zusammen, der uns per Stückprämie nach außen absichert. Die Haftpflicht ist aber letztlich über einen Baxter-eigenen Rückversicherer in Irland eingedeckt. Das heißt, wir melden die Fahrzeuge zwei-mal im Jahr an den Versicherungsmakler und zahlen die Haftpflichtprämie plus 19 Prozent Versicherungssteuer. Dieser leitet die Versicherungssteuer weiter und überweist die Prämie an den Versicherer, der eine Handling Fee auch für die Schadensabwicklung erhält. Das entstehende Plus oder Minus aus der Prämie abzüglich der Aufwendungen respektive Schadenzahlungen rechnet der Versicherer dann mit dem Baxter-eigenen Rückversicherer ab. Für den Geschädigten im Inland tritt aber immer der deutsche Flottenversicherer als Ansprechstation auf. Damit nutzen wir wohl eher eine exotische Lösung.

Zeumer: Auch Liebherr ist seit Jahren im Rahmen eines kompletten Versicherungspaketes für den gesamten Konzern lediglich haftpflichtversichert. Ausnahme sind einige Fahrzeuge von Mitarbeitern im Falle privater Nutzung. Aus den Erhebungen der vergangenen sechs Jahre hat sich auch gezeigt, dass sich eine Kaskoversicherung aufgrund der eigenen Regiewerkstätten und guter Verträge mit externen Dienstleistern für die Reparaturen, zum Beispiel bei Glasschäden, der rund 1.000 Fahrzeuge in Deutschland und der rund 3.500 Einheiten in Europa sonst nicht lohnt.

Reihl: Wir sind mit unseren rund 180 Firmenwagen haftpflicht- sowie kaskoversichert. In unserem Fuhrpark haben sich im vergangenen Jahr aber bei den Ausschreibungen bereits deutlich höhere Prämien unter den Versicherern angezeigt. Auch unser Kfz-Versicherer hat höhere Beiträge kalkuliert. Deshalb haben wir geprüft, wie sich die Erhöhung der Kasko von jeweils 1.000 Euro in der Voll- und Teilkasko auf 2.000 Euro auswirken würde. Wir haben uns die Schäden angesehen und festgestellt, dass dies keine weiteren Vorteile bringen würde. Die meisten Schäden bewegen sich unter 1.000 Euro, manchmal auch um die 1.100 oder 1.200 Euro. Mit ihnen gehe ich aber nicht zum Versicherer, sondern reguliere sie selbst. So sind wir beim bestehenden Modell geblieben und werden es voraussichtlich auch in diesem Jahr beibehalten.

Af: Was hat dazu geführt, dass die Prämien höher tendieren und mehr SB nichts gebracht hätte?

Reihl: Der Knackpunkt in den Verhandlungen ist ein Großschaden mit Personenschaden in der jüngsten Vergangenheit gewesen. Daraufhin hat der Versicherer entsprechende Reserven gebildet und die Verlaufsbetrachtung von drei auf fünf Jahre verändert. Mit einem solchen Schaden waren die Spielräume daher eingeschränkt.

Af: Wie ist es möglich, dass der Versicherer plötzlich den Betrachtungszeitraum als Basis für die Kalkulation verändert und in diesem Fall von drei auf fünf Jahre erhöht?

Feldbauer: Erfahrungsgemäß gehen die Kfz-Versicherer mit Großschäden über eine Großschadenkappung oder Einzelbetrachtung fair um. Da die Flottenversicherung aber immer eine individuelle Verhandlungssache ist und stets auf das einzelne Unternehmen bezogen, kann sich der Zeitraum natürlich verlängern. Das kann ja auch das Unternehmen als Versicherungsnehmer in den Verhandlungen aktiv tun, wenn es dem eigenen Vorteil dient.

Af: Die Verhandlungen mit dem Kfz-Versicherer stehen ja alle Jahre wieder an. Wie schaffe ich als Fuhrparkmanager im Unternehmen generell die Basis, mir dafür die bestmögliche Ausgangssituation zu erhalten?

Feldbauer: Basis der Verhandlungen ist absolute Transparenz. Diese bekommen Fuhrparkmanager nur, wenn sie Informationen vom Versicherer permanent abfordern und über die Schadenschwerpunkte und -aufwendungen – auch in Kombination zu den vorhandenen Eigenschäden, welche nicht an den Versicherer gingen – genau Bescheid wissen. Dazu braucht es ein umfassendes Riskmanagement und Simulationsrechnungen auf Grundlage der Daten, welche Prämien überhaupt gerechtfertigt sind. Es reicht nicht, sich zum Jahresende die Rentabilitätsrechnung anzusehen und festzustellen, dass im besten Fall alles konstant geblieben ist und nach dem „Prinzip Hoffnung“ an der Schadensentwicklung zu arbeiten.

Hauffen: Wir versuchen immer, alles zu wissen. Da wir alles selbst zahlen, ist diese Transparenz relativ einfach herzustellen. Dass wir dabei versuchen, die Schäden möglichst günstig reparieren zu lassen, ist dann auch keine Verhandlungssache, sondern ein Handlingthema. Was meiner Meinung nach aber in Deutschland viel stärker zu Buche schlägt: Nicht nur die Privatpersonen, sondern auch viele Firmen haben sich noch nicht von dem Gedanken befreit, dass die Versicherung schon alles zahlt. Dies ist eigentlich eine völlig abwegige Denkweise, da der Versicherungsnehmer ja letztlich das Geld über die Beiträge schon vorher übernimmt. Die zentralen Fragen in den Unternehmen lauten daher immer: Was sind meine Risiken? Welche Risiken kann ich selbst tragen? Und was kostet es mich, die anderen Risiken einzudecken? Erst wenn ich das beantworten kann, ist die Grundlage für effektive Verhandlungen gelegt.

Af: Wann kann denn ein Unternehmen die Risiken in der Kraftfahrt selbst tragen und vor allem welche?

Feldbauer: Eine pauschale Antwort ist hier nicht möglich, weil sich die Risiken von Flotte zu Flotte unterscheiden. Bestimmte Punkte sind aber in der erforderlichen vorherigen Risikoanalyse stets zu klären, beispielsweise die Großschadenkappung als Schutzklausel gegebenenfalls zu etwas höheren Prämien zu implementieren, um Wirtschaftlichkeits- und Rentabilitätsdiskussionen mit dem Flottenversicherer im Nachgang zu vermeiden. Auch Kumulrisiken können geregelt werden, etwa potenzielle Hagelschäden für Poolfahrzeuge am Wochenende, die dann alle im Freien auf dem Hof stehen. Da diese Art des Kumulrisikos doch gering ist, lässt sich das mit Selbstbeteiligungen entsprechend rausnehmen oder positiv in den Verhandlungen gestalten. Das erfordert vom Fuhrparkverantwortlichen jedoch, sich mit der Flottenversicherung intensiv auseinanderzusetzen und intern auch unangenehme Themen – also zum Beispiel auch Schadenkosten durch und von Mitarbeitern in der Geschäftsführung – anzusprechen und laufende Betrachtungen nachzuhalten.

Af: Gibt es denn Kalkulationsmodelle, mit denen Flottenmanager die Risikokosten im Rahmen der jeweiligen Versicherungsmodelle im Vergleich zur Eigentragung berechnen können?

Mair: Wir machen keine direkten Vergleichsrechnungen, verfolgen aber genau, wohin sich die Tarifierungen entwickeln, was wir an Haftpflicht und Kasko tragen müssten und was wir tatsächlich zahlen. Würden wir mit diesem Betrag zum Versicherer gehen, dann würde es sicherlich nicht reichen für eine Deckung entsprechend den heutigen Vorgaben, da er immer noch einen Betrag x für Verwaltung und Gewinn aufschlagen würde. Außerdem kämen 19 Prozent Versicherungssteuer bei einer Kaskoversicherung auf die Nettoprämie hinzu. Nur diesen Betrag einfach einzusparen, wäre eigentlich eine Leichtigkeit. Selbstbeteiligungen als Stellhebel können sich daher auch schnell für einen Fuhrpark rechnen.

Feldbauer: Deshalb wirken sich auch höhere Eigentragungen insbesondere bei großen Flotten mit bisherigem Vollkaskoschutz allein wegen der einzusparenden Versicherungssteuer auf der Kostenseite meist positiv aus.

Zeumer: Die Kosten liegen bei uns auch offen auf dem Tisch, da die Schäden über die jeweilige Kostenstelle geregelt werden. Zudem gibt es einen Unfallbericht, der auch in der Niederlassung über die jeweilige Geschäftsstelle zur Kenntnis genommen werden muss. Die Abwicklung erfolgt wiederum über uns. Wir prüfen dann zum Beispiel bei einem Schaden in Hamburg oder München den Kostenvoranschlag und bestimmen, wie er repariert und abgerechnet wird. Generell haben wir einfach auch zu wenige Kaskoschäden, als dass sich eine Versicherung rechnen würde. Wir sind daher eher bestrebt, die Rahmenverträge mit Dienstleistern und Herstellern, zum Beispiel für den Ersatzteilbereich, weiter zu verbessern.

Hellwich: Bei Liebherr und Baxter hat man auch die Manpower, um eine optimale Lösung aufzusetzen. Eine Herausforderung ist die Kostentransparenz sicherlich in kleineren Flotten, die das Risiko so nicht ermitteln können und auch bestimmte Skaleneffekte nicht erzielen. Deren Beiträge werden von den Versicherern nicht selten regelmäßig nach oben angepasst. Die Kfz-Versicherung über Leasinggesellschaften im Rahmen des Full-Service kann deshalb hier eine Möglichkeit sein, da der Flottenmanager an entsprechenden Skaleneffekten über den Leasinggeber partizipiert. Aber auch das verlangt natürlich vorherige Analysen und Vergleiche.

Af: Ein viel diskutiertes Thema, das allerdings viele Versicherungsgeber und -nehmer noch scheuen, sind auch die Selbstbeteiligungen in der Kraftfahrthaftpflicht. Welche kann der Flottenbetreiber hier nutzen?

Hamann: Aus versicherungsrechtlicher Sicht haben wir hier grundsätzlich keine Beschränkungen. Denn in § 114 des neuen Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist seit 1. Januar 2008 relativ klar geregelt, dass auch in den Pflichtversicherungen nun Selbstbeteiligungen zulässig sind. Zugleich ist unstreitig, dass sich die Regelung nicht auf den Direktanspruch des Geschädigten auswirken darf. Unklar ist allerdings noch, ob diese Selbstbeteiligung gedeckelt sein muss. Hintergrund ist, dass es ja auch bei den Regressmöglichkeiten der Versicherer gegenüber dem Fahrer eine Deckelung von 5.000 Euro, zum Beispiel bei Unfallfahrten unter Alkoholeinfluss, gibt. Es werden daher Stimmen laut, die eine solche Regelung auch für die Selbstbehalte in der Kraftfahrthaftpflicht fordern.

Af: Problematisch ist die Selbstbeteiligung in der Kraftfahrthaftpflicht doch immer aus steuerrechtlicher Sicht gewesen. Wie verhält es sich denn nun in diesem Bereich?

Feldbauer: Viele große Fuhrparks sind vor der Selbstbeteiligung in der Kraftfahrthaftpflicht immer zurückgeschreckt oder haben Vertragsmodelle für den Fall formuliert, dass die Finanzbehörden sagen: Eine Reduktion des Versicherungsbeitrages in der Kraftfahrthaftpflicht führt zu einer Verringerung der Versicherungssteuer. Dieses Vorgehen ist aus steuerrechtlicher Sicht bisher nicht geklärt gewesen. Deshalb haben die Vertragsparteien oft eine sogenannte Haftungsfreistellung vereinbart, mit welcher der Kunde oder Versicherer das Risiko einer potenziellen negativen Steuerbewertung der Finanzbehörden jeweils voll getragen hat.

Hamann: Die Selbstbeteiligung in der Kraftfahrthaftpflicht hat zwei Aspekte. Zum einen ist seit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 16. Dezember 2009 nun völlig unstrittig, dass die Selbstbeteiligung in der Kraftfahrthaftpflicht kein Versicherungsentgelt im Sinne des Versicherungssteuergesetzes ist und der Betrag demnach nicht der Versicherungssteuer unterliegt. Zur Sicherheit habe ich auch nochmals beim Bundeszentralamt für Steuern in Bonn angerufen und dort die Auskunft erhalten, dass dies seit dieser Entscheidung kein Thema mehr ist. Ein anderer Aspekt in der Diskussion ist, ob es sich bei der Reduzierung der Versicherungsprämie selbst und im Zuge dessen der Versicherungssteuer bei einer SB in der Kraftfahrthaftpflicht um die Umgehung eines Steuertatbestandes handelt. Hier gibt es allerdings eine Entscheidung des Bundesfinanzhofes aus dem Jahr 1964, die den Weg weist und andeutet, dass es sich nicht um eine Umgehung handelt. Darin heißt es unter anderem: „… Reduziert sich die Prämie durch Vereinbarung eines Selbstbehaltes, so unterliegt die dadurch eingetretene Versicherungsersparnis nicht der Versicherungssteuer …“ Danach haben sich allerdings nur noch Autoren in einzelnen Aufsätzen mit dem Thema beschäftigt. Sie kommen jedoch zum gleichen Ergebnis. Eine Steuerumgehung wäre es demnach nur, wenn es überwiegend dem Zweck dient, die Steuer auch zu vermeiden. Das ist hier ja aber in der Regel nicht so, da die SB in erster Linie die Verringerung des Schadensaufkommens zum Ziel hat. Im Grunde sind damit sämtliche SB-Modelle denkbar. Nichtsdestotrotz ist es immer angebracht, sich beim zuständigen Finanzamt rückzuversichern.

Af: Wie weit können Flottenbetreiber dann mit dem Flottenversicherer in ihren SB-Vereinbarungen bezüglich der Kraftfahrthaftpflicht gehen?

Hamann: Grundsätzlich bekomme ich die Kraftfahrthaftpflicht als Pflichtversicherung nicht weg. Es ist nur die Frage, in welchem Rahmen die Selbstbeteiligung für die Versicherungsdienstleistung respektive die Prämie gestaltet werden kann. Denn der Gesamtschadenersatzanspruch des Geschädigten bleibt ja bestehen. Aufgrund der unmittelbaren Haftung werden hier deshalb wohl die wenigsten zu einer 100-prozentigen Selbstbeteiligungsvariante übergehen. Die ist höchstens in großen Flotten mittels eigener Captives umsetzbar.

Af: Welche Ambitionen haben denn gegenwärtig die Versicherer, die Eigentragung in der Kraftfahrthaftpflicht ihren Flottenkunden anzubieten?

Feldbauer: In der Praxis ist zu beobachten, dass ab einem Bestand von 200 bis 300 Fahrzeugen aufwärts das Thema immer häufiger in den Gesprächen aufkommt und die Versicherer viel weniger Berührungsangst damit haben, sobald die Eigentragung in der Kraftfahrthaftpflicht dazu dient, das Grundrisiko in der Flotte zu minimieren. Denn in diesem Fall kann der Versicherer auch die Ar-gumentationskette bezüglich der Versicherungssteuer über die zusätzliche Dienstleistung des Riskmanagements klar führen und kommt gegenüber den Finanzbehörden nicht in die Bredouille. Ansonsten bevorzugen die Flottenversicherer aktuell doch eher die Vereinbarung einer Haftungsfreistellung, um das Risiko beim Kunden zu belassen.

Hellwich: In den kleineren Fuhrparks ist die Selbstbeteiligung in der Kraftfahrthaftpflicht aber nach wie vor kein Thema, da hier auch keine Hebelwirkung erzielt würde. Hier hat man noch genügend zu tun, die Selbstbeteiligung in der Kasko zu optimieren.

Af: Wo gibt es in der Kaskoversicherung erfahrungsgemäß den größten Hebel, um die Kosten und Prämien für den Fuhrpark zu minimieren?

Mair: Die Lösung liegt hier schlichtweg in der Vermeidung von Unfällen und Prävention. Die Kernenergie muss dabei in die Schadenprävention gelenkt werden. Deshalb führen wir bei Baxter Deutschland zum Beispiel regelmäßig Fahrertrainings für den Außendienst durch. Das haben wir auch in einer Betriebsvereinbarung geregelt und zahlt sich unterm Strich durch weniger Unfälle und Kosten aus. Außerdem werden die Trainings meist von den Berufsgenossenschaften unterstützt.

Reihl: Auch wir haben den Fuhrpark unter die Lupe genommen und sind insbesondere aufgrund der Kleinschäden tätig geworden und haben die Einparkhilfe als Standardausstattung in den Firmenwagen festgelegt.

Zeumer: Wir haben die Prozesse so aufgesetzt, dass der Fahrer stets im Fokus steht und sich bei einem Unfall erklären muss. In Gesprächen hat er dann auch kritische Fragen zu beantworten und ist künftig entsprechend vorsichtig im Umgang mit dem Fahrzeug. Ein solches Verfahren rechnet sich, wenn sich qualifiziertes Personal darum kümmert und das Zepter im Haus bleibt.

Af: Was würden Sie als Kollegen an-deren Fuhrparkmanagern empfehlen, wenn sie sich mit dem Für und Wider von Eigentragungsmodellen näher beschäftigen wollen?

Hauffen: Jeder Fuhrparkmanager muss im eigenen Unternehmen erst einmal klären, welchen Aufwand und welche Kosten es generell nach sich zieht, einen Rundum-Sorglos-Versicherungsschutz im Vergleich zu einem Modell mit höherer Selbstverantwortung zu haben. Wenn ich nur zehn Autos in der Flotte habe, wird das sicherlich schwierig. Zugleich muss man sich hausintern das Mandat holen, die Flottenversicherung anzugehen und bei Bedarf auch umzustrukturieren.

Reihl: Der Fuhrparkmanager muss sich ernsthaft mit der Flottenversicherung und den damit verknüpften Bereichen auseinandersetzen und er muss in der Lage sein darzustellen, was der Beitrag daraus zum Geschäftsergebnis ist und sein kann. Das ist natürlich eine Herausforderung für kleinere Flotten, obwohl gerade hier noch extrem viele Reserven gehoben werden können.

Zeumer: Da ich als Angestellte sowohl die Seite der Autohäuser sowie der Unternehmen als Flottenbetreiber kenne, empfehle ich sehr, die Prozesse und Aufgaben zu durchleuchten und transparent zu gliedern. Wichtig ist es dabei auch, folgende Fragen zu beantworten: Wie bin ich generell aufgestellt? Was habe ich für Möglichkeiten, um diesen Status zu verbessern? Welche Unfälle sind passiert und welche Schadensarten treten auf? Was haben wir beim Kfz-Versicherer eingereicht? Was waren die Probleme? Und muss ich unter Umständen ein neues Versicherungspaket verhandeln? Es muss einfach ein Gesamtkonzept in der Flottenversicherung entwickelt werden, bei dem unserer Erfahrung nach die Eigentragung eine gute Option ist, um Geld zu sparen und bei Verhandlungen mehr Spielraum zu haben.

Af: Meine Damen und Herren, vielen Dank für das Gespräch!

Interview: Annemarie Schneider

Fuhrpark von Baxter Deutschland

circa 280 Firmen-Pkw

sechs fahrzeugberechtigte Gruppen: Geschäftsleitung, Bereichsleiter, Regionalverkaufsleiter, Verkaufsleiter, Außendienst, Servicetechniker

alle Kfz im Full-Service Leasing, davon 35 % bei markenunabhängigen und 65 % bei markengebundenen Leasinggesellschaften; Ausnahme: Kfz-Versicherung über internationales Versicherungsprogramm und eigenen Rückversicherer

Leasinglaufzeiten: Ø 42 Monate, Laufleistung: Ø 40.000 km p. a.; max. Gesamtlaufleistung: 180.000 km oder max. Laufzeit von 54 Monaten

grundsätzlich alle Marken zugelassen, aber 98 % bei Audi, BMW, Ford + VW

Pkw-Modelle v. a. (ca. 90 %) BMW 318d, 320d, BMW 520d, Audi A4 2.0 TDI, A6 2.0 TDI, VW Passat Variant 2.0 TDI

hausintern: Controlling + Einkauf

Liebherr-Flotte

circa 3.500 Fahrzeuge in Europa, davon circa 1.000 in Deutschland

in D.: circa 35 % Transporter, circa 65 % Pkw

Transporter: MB Sprinter + Vito, VW T5 + VW Crafter

Pkw: v. a. VW Passat 1.9 + 2.0 TDI mit 140 PS, Audi A6 3.0 TDI + Opel Insignia 2.0 CDTI

seit 2009: Fahrzeuge im Kauf, vorherige Kfz: Full-Service-Leasing i. d. R. 36–48 Monate, max. 180.000 km; Kfz-Versicherung und Reifen jedoch in Eigenregie

internes Fuhrparkmanagement

zwei eigene Kfz-Werkstätten

Firmenwagen bei Rödl & Partner

circa 180 Firmenwagen

zwei fahrzeugberechtigte Mitarbeitergruppen: Partner + sog. Associate Partner

mind. dienstliche Fahrleistung von 30.000 km p. a. + individuelle Regelung

prinzipiell freie Auswahl aus Modellen von Audi, BMW, Mercedes-Benz, Volvo + VW

Referenzfahrzeuge: BMW 320d Touring für Partner + BMW 118d für Associate Partner

im Fuhrpark v. a. VW Passat, Audi A4 + A6, BMW 3er + 5er Touring mit versch. Dieselmotorisierungen

Firmenwagen im Full-Service-Leasing bei drei herstellereigenen und einer markenunabhängigen Leasinggesellschaft, Ausnahme: Kfz-Versicherung im Haus

Leasinglaufzeit: 24–60 Monate; Laufleistung: max. 160.000 km

-- Anzeige --
-- Anzeige --

MEISTGELESEN


-- Anzeige --

STELLENANGEBOTE


-- Anzeige --

KOMMENTARE


SAGEN SIE UNS IHRE MEINUNG

Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!

-- Anzeige --

WEITERLESEN




NEWSLETTER

Newsletter abonnieren und keine Branchen-News mehr verpassen.


Autoflotte ist die monatlich erscheinende Fachzeitschrift für den Flottenmarkt im deutschsprachigen Raum. Zielgruppe in diesem wachsenden Markt sind die Fuhrpark-Entscheider in Unternehmen, Behörden und anderen Organisationen mit mehr als zehn PKW/Kombi und/oder Transportern. Vorstände, Geschäftsführer, Führungskräfte und weitere Entscheider greifen auf Autoflotte zurück, um Kostensenkungspotenziale auszumachen, intelligente Problemlösungen kennen zu lernen und sich über technische und nichttechnische Innovationen zu informieren.