Sebastian Herbig hätte man früher gerne als Klassenkameraden gehabt: Schon mit 16 startete der heute 45-jährige IT-Spezialist sein Business. In erster Linie, um damals selbst an Hardware für seine Computer zu kommen. Doch Schulfreunde orderten schnell ebenfalls bei ihm, es folgten deren Eltern, die EDV- und IT-Support in ihren Firmen benötigten. So nahm "Computer Ost-Bayern" in Viechtach im Bayerischen Wald seinen Anfang. Später folgten ein Umzug nach Passau, eine Umbenennung in "22quadrat" und größere Kunden wie ein Automobilzulieferer.
Hyundai Ioniq 5 N

2003 zog Herbig dann ins ländliche Egling an der Paar in Oberbayern. Seine Kunden saßen teils im 50 km entfernten München, sodass er sich mehr Gedanken um seine Mobilität machen musste. Anfangs nutzte er noch das Privatfahrzeug der Familie gewerblich. Bei seinen späteren Entscheidungen leiteten Herbig klare Prämissen: Stets kaufte er rund sechs Jahre alte Modelle, über die er sich online vorab informierte, deren "Krankheiten" bekannt und deren Ersatzteile verfügbar waren. "Ein bestimmtes Modell war mir nie wichtig", berichtet der Pragmatiker.
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Von 2008 bis 2015 fuhr er einen sieben Jahre alten Ford Galaxy mit LPG-Benzinmotor - Baujahr 2001 und mit 150.000 km auf dem Tacho. Den fuhr Herbig "bis zum bitteren Ende", das heißt, bis die Uhr 280.000 km zählte und der Motor streikte. Der Wiederverkauf spülte dennoch 3.000 Euro in die Kasse, weil ein selbst repariertes Automatikgetriebe noch recht neu war. 2015 folgte dann ein VW Sharan mit Dieselantrieb, Baujahr 2008, der bis heute im (nur noch privaten) Fuhrpark steht.
Hyundai Ioniq 6 (2026)

Wechsel auf E-Antrieb
2020 kamen zwei E-Bikes dazu, eines mit Anhänger im Einsatz von 22quadrat. Doch Dezember 2022 markiert den eigentlichen Wendepunkt für den Fuhrpark in Egling: Seither fährt Herbig einen Hyundai Ioniq 5 (Modelljahr 2023) mit 77-kWh-Akku und Allrad, gekauft bei Auto Sangl in Landsberg.
Zum ersten Mal ein Neufahrzeug, zum ersten Mal ein Elektroantrieb, für 68.000 Euro finanziert über die BDK (Bank Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe), die Versteuerung läuft über die 0,25-Prozent-Regelung.
"Optisch gefällt er mir nicht", so sein Urteil. Aber um Optik ging es ihm ja noch nie bei seinen mobilen Untersätzen. Vielmehr hat er zuvor eine Pro-Contra-Liste angefertigt und sein Fahrprofil analysiert. Auf der Pro-Seite für den E-Motor stand unter anderem, dass er bereits 2019 beim Hausbau eine Photovoltaikanlage (PV) mit 28,5 kW auf dem Dach verbauen ließ.
Bei der Modellwahl war ihm wichtig, dass das Auto einen Wohnwagen ziehen kann. "Ich habe mich zudem für den größeren Akku entschieden, weil nicht jeden Tag die Sonne scheint - inzwischen weiß ich: Der kleinere hätte auch gereicht", so Herbig. Da er seine Autos immer "bis zum Schluss" fährt, waren ihm acht Jahre Vollgarantie bei bis zu 240.000 km inklusive Batterie wichtig. "Hyundai war der einzige Hersteller, der mir das bieten konnte." Folglich fuhr er auch nur den Ioniq 5 Probe.
Mittlerweile stromert er seit zwei Jahren - 30.000 km pro Jahr, um die 240.000 km nach acht Jahren nicht zu überschreiten. Im Sommer schafft sein Hyundai eine Reichweite von knapp 450 km, im Winter von bis zu 400 km. Über seine PV-Anlage und seine auf 11 kW gedrosselte 22-kW-Wallbox "Myenergi Zappi V2.1" mit Überschussfunktion lässt er sein Auto intelligent laden: Das Fahrzeug wird erst geladen, wenn genug Sonne respektive mindestens 1,7 kW zur Verfügung stehen. "Wird es weniger oder braucht das Haus mehr Strom, fährt die Wallbox die Leistung beim Laden runter", ergänzt er. 2024 bilanzierte er 92 Prozent Überschussladen, nur acht Prozent gekauften Strom. Herbig denkt schon weiter, ihm schwebt eine 20-kW-Batterie als Speichermedium vor: "Damit wären wir drei Tage lang völlig autark."

Beeindruckend ist Herbigs Verbrauchsbilanz: "Ich zahle 80 Cent auf 100 km." 22.000 Euro für die PV-Anlage bei einer Laufzeit von 20 Jahren, 10 Cent Vergütung pro kWh, das eingespeist wird, 0,5 Prozent Leistungsverlust pro Jahr (Herbig rechnet konservativ mit 1 Prozent): Macht 4,5 Cent Gestehungskosten, die er pro kWh zahlt, das er selbst produziert - im Vergleich zu den 35 Cent vom Netzbetreiber. Der Ioniq 5 verbraucht 20 kWh pro 100 km - mit 5 Cent Gestehungskosten (wieder konservativ gerechnet) kommt man so auf einen Euro.
"Da wir das Auto aber mit nur 16 kWh fahren, sind es de facto 80 Cent", so Herbig. Und wenn kurzfristig eine weite Fahrt ansteht, zieht er über Nacht Netzstrom und "tankt" ausnahmsweise für acht Euro. "Aber das spielt im Gesamtjahr keine Rolle", ergänzt er.
Auch sonst, so die Rechnung nach zwei Jahren, erweist sich sein Stromer als günstig: Die erste Hyundai-Inspektion (alle 30.000 km/zwei Jahre) kostete 300 Euro, sonst fielen auf den ersten 30.000 km nur Winterreifen und ein Satz Scheibenwischer an. Kosten gesamt: rund 700 Euro. Die zweite Inspektion war mit 530 Euro aufgrund des Wechsels des Kühlmittels teurer. Als Einzelunternehmung entfällt sogar die sonst obligatorische jährliche Überpüfung des Ladekabels - die zwischen 50 und 120 Euro kostet.
Starthilfe via Powerbank
Gab es keine Zwischenfälle? "Ein einziges Mal sind wir bislang mit einer leeren Starterbatterie in Dänemark stehen geblieben, aber das war unsere eigene Schuld, weil wir die Tür offen- und das Radio angelassen hatten", erinnert sich Herbig. Die 12-Volt-Batterie war damit leer und musste später ersetzt werden. Die akute Lösung: Ein dänischer Polizist half mit einem kleinen 12-Volt-Akku aus, mit dem man auch Smartphones laden kann, um das Auto zu starten. Seither hat Herbig eine eigene Powerbank im Handschuhfach.
In Diskussionen wundert er sich oft, wie lange sich Argumente halten. Zu geringe Reichweite? "Die meisten Menschen fahren unter 50 Kilometer am Tag", entgegnet er, zumal der VW ID.7 mittlerweile die 700-Kilometer-Marke gerissen habe. Zu hohe Kosten? "Für 30.000 km hätte ich mit dem Sharan 4.500 statt 400 Euro für den Verbrauch bezahlt." Schlechte öffentliche Ladeinfrastruktur?