Das Oberlandesgericht Stuttgart hat das Handyverbot am Steuer aufgeweicht. Die Richter orientierten sich bei einem aktuellen Urteil am Wortlaut des entsprechenden Paragraphen der Straßenverkehrsordnung – der seit der Neuformulierung 2013 ein sprachliches Schlupfloch bietet (Az.: 4 Ss 212/16).
Vor rund drei Jahren wurde der Gesetzestext genderisiert, der ehemalige "Fahrzeugführer" wurde durch die geschlechtlich vermeintlich neutrale Formulierung "wer sein Fahrzeug führt" ersetzt. Im Zuge dessen wurde auch der nachfolgende Satz angepasst. Stand dort ursprünglich, die Benutzung des Telefons sei untersagt, wenn der Fahrer hierfür das Gerät aufnimmt oder hält, heißt es nun: "Wer ein Fahrzeug führt, darf ein Mobil- oder Autotelefon nicht benutzen, wenn hierfür das Mobiltelefon oder der Hörer des Autotelefons aufgenommen oder gehalten werden muss."
Schlüsselwort ist das Verb "müssen" am Ende des Satzes. Denn in dem konkreten Fall gab der Fahrer an, während eines Telefonats ins Auto gestiegen zu sein. Dort habe sich nach Motorstart automatisch die Freisprechautomatik aktiviert, die er anschließend zum Telefonieren genutzt habe. Das Handy habe er dann vergessen aus der Hand zu legen. In den Augen der Richter war das durchaus in Ordnung, denn der Gesetzestext erfasse in der neuen Formulierung nicht mehr die Benutzung jeglicher Mobilfunkgeräte, die der Fahrer hält, sondern beziehe sich nur auf Geräte, die zur Benutzung gehalten werden müssen. Das aber war hier nicht der Fall, da das Handy dank der Freisprechfunktion ohne weiteres auch hätte abgelegt werden können. Das Gericht sah über den Telefonvorgang hinaus kein relevantes eigenständiges Gefährdungspotential durch das Halten des Handys. Schließlich seien auch das Essen, Rauchen oder die Bedienung des Radios per Hand nicht verboten.
Da die Aussage des Fahrers, er habe per Freisprecheinrichtung telefoniert, vor Gericht nicht wiederlegt werden konnte, sprach das Oberlandesgericht Stuttgart den Angeklagten frei. (sp-x)