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Spritpreis-Entlastung: Mobilitätsgeld statt Tankrabatt?

21.03.2022 11:11 Uhr | Lesezeit: 5 min

Infolge des Ukraine-Krieges ist tanken und heizen drastisch teurer geworden. Die Politik will das abmildern und bei Hilfen nicht nur für Autofahrer nachlegen - doch die Stoßrichtung ist weiter umstritten.

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Im Ringen um zusätzliche Entlastungen für Millionen Bürger wegen drastisch gestiegener Energie- und Spritpreise kommen weitere Vorschläge auf den Tisch. In der Ampel-Koalition geht es dabei auch um gezieltere Instrumente als einen von Finanzminister Christian Lindner (FDP) angeregten pauschalen Tankrabatt. "Wichtig ist, dass wir das Geld nicht mit der Gießkanne ausschütten, sondern diejenigen mit kleinen und mittleren Einkommen gezielt entlasten, denn die sind jetzt am stärksten betroffen", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil der "Bild am Sonntag". Die Gewerkschaften dringen stattdessen auf ein "Mobilitätsgeld" unabhängig vom Einkommen.

Klingbeil machte deutlich, dass er keinen Anlass zur Unterstützung von Gutverdienern sieht: "Ein Politiker wie ich kann für 2,30 Euro tanken, dem muss der Staat nicht helfen. Aber meine Nachbarin, die als Pflegekraft nach Hamburg pendelt, braucht jetzt Unterstützung." Man müsse sozial gerecht und gezielt entlasten. "Und nicht nur bei den Spritpreisen, sondern auch bei Strom und Heizkosten." Lindner hatte vor einer Woche vorgeschlagen, alle Autofahrer direkt an der Tankstelle über einen staatlichen Zuschuss zu entlasten. Er will den Preis damit unter zwei Euro pro Liter Diesel oder Benzin drücken.

Von den Koalitionspartnern SPD und Grüne kam schon Kritik an dem Vorstoß. Die Gewerkschaften legten nun kräftig nach. Ein Tankrabatt sei "wunderbar für die Mineralölwirtschaft und die SUV-Fahrer, die auch drei Euro für den Liter Sprit zahlen könnten", sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). "Er hilft nur nicht denen, die mit dem Pkw täglich zur Arbeit fahren müssen." IG-Metall-Boss Jörg Hofmann hält die Idee weder für sozial gerecht noch für praktisch leicht umsetzbar, wie er dem "Handelsblatt" sagte: "Wer zu Hause in der Garage einen Boliden mit 14 Litern Verbrauch hat, würde davon am meisten profitieren."

Konkret macht sich der DGB für ein "Mobilitätsgeld" stark, das die Pendlerpauschale ersetzen könnte. Die Pauschale habe den Nachteil, dass Beschäftigte mit kleinem Einkommen, die wenig Einkommenssteuern zahlen, trotz gleich langem Arbeitsweg weniger entlastet würden als Gutverdiener, heißt es in einem Positionspapier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt. "Deshalb braucht es ein Mobilitätsgeld, das unabhängig vom Einkommen und Verkehrsmittel gewährt wird." Ein Mobilitätsgeld fordern auch Verbraucherschützer schon seit längerem.

Nach Einkommen gestaffelt

In der Koalition wird laut "Bild am Sonntag" nach einem Vorstoß von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) darüber beraten. Im Gespräch sei ein nach Einkommen gestaffeltes Mobilitätsgeld, das mit dem Monatsgehalt überwiesen werden könne, schrieb die Zeitung. Mögliches Modell: Bis 2.000 Euro Einkommen könnte man 50 Euro bekommen, von 2.001 bis 3.000 Euro Gehalt 35 Euro, bei höherem Einkommen 20 Euro. Dies könnte den Staat eine Milliarde Euro je Monat kosten. Das Ministerium äußerte sich auf Anfrage nicht und verwies auf laufende Gespräche.

Die FDP schreibt den Vorschlag ihres Finanzministers indes nicht ab. Fraktionschef Christian Dürr sagte der "Bild"-Zeitung (Montag): "Der Tankrabatt ist keinesfalls vom Tisch." Bei den Beratungen seien "alle Modelle" weiterhin im Spiel. Klingbeil stellte eine baldige Einigung der Koalition in Aussicht, nachdem ein erstes Entlastungspaket von

13 Milliarden Euro auf den Weg gebracht wurde. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) pochte dafür auch auf mehr Anstrengungen zum Energiesparen. Es sollte Bedingung sein, dass bei Preisentlastungen "nicht noch eine Einladung damit verbunden ist, noch mehr Energie zu verbrauchen", sagte Habeck während einer Reise in Doha (Katar). 

CDU-Chef Friedrich Merz forderte, statt eines Tankrabatts bei den Steuern anzusetzen. "Die Energiesteuer senken und die Umsatzsteuer auf Diesel und Benzin von 19 auf 7 Prozent. Das wäre eine unbürokratische, schnelle und gute Hilfe für alle", sagte er dem "Tagesspiegel" (Sonntag). Merz warnte vor "Mitnahmeeffekten" für die Ölkonzerne und Raffinerien, wenn der Staat pauschal einen Betrag je Liter erstatte. Kartellbehörden untersuchten ja schon, ob Preise bewusst so hoch seien, obwohl der Ölpreis zuletzt gesunken sei. 

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann warb für ein sozial gestaffeltes Mobilitätsgeld. Allerdings sollte es nicht nur für Berufstätige sein, es gebe auch andere Bedürftige, sagte der Grünen-Politiker der dpa. Der Bund dürfe auch den Öffentlichen Nahverkehr nicht vergessen, der die günstige Mobilitätsalternative für alle sei und dringend Unterstützung brauche. Corona-Ausfälle und steigende Spritkosten trieben kleine Anbieter in den Ruin und große in Ticketpreissteigerungen. "Beides wäre fatal", warnte Hermann.

Zeitlich begrenzte Tempolimits

DGB-Chef Hoffmann brachte auch Geschwindigkeitsbegrenzungen ins Gespräch. "Wir könnten zeitlich begrenzt ein Tempolimit von 100 auf Autobahnen und von 30 in den Städten einführen, um den Energieverbrauch zu drosseln", sagte er den Funke-Zeitungen. "Es ist richtig, jeden Tropfen Benzin zu sparen, den wir sparen können." Das sei aber noch keine Antwort auf die strukturellen Probleme, fügte er hinzu. "Wir müssen Energiesicherheit schaffen, und das gelingt vor allem mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien."

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