_ Viele Flottenmanager haben Versicherungsmodelle für ihren Fuhrpark entwickelt, die das Verhältnis zwischen bestmöglichem Schutz und Preis ins Gleichgewicht bringen und halten sollen. So sind die unterschiedlichsten Deckungskonzepte und Strategien zur Schadenprävention entstanden.
Insbesondere die Selbstbeteiligung (SB) ist zu einer gern genutzten Stellschraube geworden, um die Beiträge positiv zu beeinflussen. Das gilt nicht nur für die Kaskoversicherung, sondern bei einigen auch für die Kraftfahrthaftpflicht (KH) (siehe Grafik "Deckungskonzepte - Individuelle Lösungen"). Das zeigt sich in der Autoflotte-Umfrage, da vor allem große Fuhrparks - auf Wunsch teilweise anonym - teilgenommen haben (siehe "Umfrageteilnehmer - Flotten nach Größe"). Demnach hat ein Flottenbetreiber mit gut 7.000 Fahrzeugen eine SB in der KH von 5.000 Euro und in der Voll- (VK) und Teilkasko (TK) bis 35.000 Euro vereinbart. Ein anderer mit mehr als 3.000 Einheiten setzt in der KH als auch in der VK und TK auf eine SB von je 2.500 Euro. Auch ein Chemiekonzern baut auf die SB in der KH, nennt aber keine Zahlen.
Bei der SB in der VK und TK zeigt sich ein unterschiedliches Bild. Während die SBen in der VK großteils bei 500 respektive 1.000 Euro liegen, gehen viele Fuhrparks in der TK mit niedrigen SBen auf Nummer sicher.
Kaum Ausschlüsse von Schadensarten
Zugleich schließt die Mehrzahl bestimmte Schadensarten nicht aus (siehe "Schadensarten - In Verträgen meist nicht ausgenommen"). Diejenigen mit hohen SBen tragen allerdings bestimmte Schäden wie Glasschäden selbst, weil die Kosten unterhalb der SB-Grenze liegen. Beispiel ist der Fuhrpark eines Möbelherstellers mit rund 100 Fahrzeugen, der eine SB von 1.000 Euro in VK und TK hat.
Den Ausschluss hat etwa ein Konsumgüterkonzern mit fast 600 Fahrzeugen bei Glasschäden vorgenommen. Dafür hat es mit einem Glasspezialisten einen exklusiven Vertrag geschlossen. Eine andere Flottenmanagerin, die bei Glasschäden genauso verfährt, ist Jean Gasch von Capgemini Deutschland mit etwa 1.000 Pkw hierzulande. Aber auch für andere Frequenzschäden wie Parkrempler hat sie eine eigene Methode:"Diese werden am Leasingende entweder gerichtet oder via Minderwert-Gutachten beglichen." Ralf Schönemeyer, Fuhrparkmanager von 195 Fahrzeugen bei Kellner Telecom, nutzt wiederum die Dienste einer freien Werkstattkette für Glasschäden, Kratzer et cetera.
Individuelle Wege geht auch Martin Benzing, Leiter Fuhrpark- und Travelmanagement beim Maschinenbauer Arburg mit 155 Firmenwagen:"Laut unseren AKBs sind keine Schadensarten ausgeschlossen. Um aber den wichtigen Indikator der Schadenhäufigkeit stabil zu halten, verzichten wir auf das Einreichen von Glasschäden und reparieren und tauschen die Scheiben - günstiger als extern - selbst und/oder bedienen uns unseres Schadennetzwerkes."
Ein Maschinenbauer mit 1.000 Fahrzeugen hat ebenfalls ein straffes Schadenmanagement (SM). Es meldet Schäden unter 1.000 Euro nicht der Versicherung, da diese einen hohen Pauschalbetrag für die Bearbeitung kalkuliert, den es im Folgejahr wieder mittragen müsste. Außerdem würden viele Schäden durch das SM und Smart Repair instand gesetzt. Der Fuhrparkleiter ergänzt: "Viele Schäden protokollieren wir und lassen sie erst am Leasingende reparieren beziehungsweise geben das Fahrzeug mit den Schäden ab. Schwere Unfallschäden bieten wir über die Restwertbörsen Aufkäufern an. Oft ist es günstiger, verunfallte Fahrzeuge zu verkaufen und dadurch die Schadensumme zu reduzieren. Wir nennen der Leasinggesellschaft dann den Aufkaufpreis und wenn diese einen Aufkäufer hat, der noch mehr dafür bezahlt, ist dies für uns in Ordnung."
Prämien und strategische Ausrichtung
Ungeachtet dessen sind die Beiträge für die Flottenversicherung um fast 40 Prozent gestiegen (siehe "Beitragsentwicklung - Tendenz steigend"). Sie sprechen von einem Plus zwischen fünf und18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diejenigen, die Einsparungen erzielt haben, beziffern diese zwischen zehn und 15 Prozent.
Auf die Frage "Welche Strategie verfolgen Sie beim Thema Flottenversicherungen?" haben nicht alle geantwortet, und wenn, dann unterschiedlich. Eine Kernaussage: Die Schaden-Kosten-Quote bleibt im Fokus. Das geben etwa Jean Gasch von Capgemini Deutschland, Barbara Schmidt, Assistentin Geschäftsleitung bei Campofrio mit 23 Fahrzeugen, und Sigrid Nelles, Fuhrparkleiterin bei Nayak Aircraft Service mit 58 Kfz, an.
Für Martin Benzing von Arburg haben unter anderem das aktive interne Riskmanagement (RM) und die permanente Sensibilisierung der Fahrer oberste Priorität. Thomas Herbstritt, Leiter Fuhrparkmanagement der BN Netze mit zirka 500 Fahrzeugen, setzt auf die Vermeidung von Schäden durch die Schulung der Fahrer im Rahmen der Arbeitssicherheitsunterweisungen und den Einsatz von Technik wie Tempomat und Einparkhilfen. Ähnlich geht ein Bauunternehmen mit rund 210 Fahrzeugen vor. Es führt Fahrertrainings, -seminare durch und stattet die Fahrzeuge mit Assistenzsystemen aus. Die Information und Sensibilisierung der Fahrer nennt auch Maximilian Müller von HBW Bau mit 65 Fahrzeugen als effektive Maßnahmen. Er nutzt RM in Form von Besprechungen mit Fahrern und die Rückmeldung an den Unfallverursacher nach Abwicklung des Schadenfalls. Ziel: die Position für Verhandlungen mit dem Versicherer stärken.
Manche wechseln sofort den Versicherer, wenn eine Beitragssteigerung droht. Beispiel ist ein Finanzdienstleister mit gut 520 Pkw. Als der Versicherer die Prämie um 20 Prozent erhöhen wollte, hat der Fuhrparkleiter die Flottenversicherung ausgeschrieben und mit Wechsel des Versicherers sogar eine Prämiensenkung von zehn Prozent erreicht.
Maßnahmen in der Pipeline
Andere leitet ein minimalistischer Ansatz. "Absicherung durch die Kfz-Versicherung - so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig", sagt Ilona Pfänder, Fuhrparkleiterin der Prettl Group mit 452 Fahrzeugen. Gleiches meint die Fuhrparkleiterin einer Pharmafirma mit rund 1.100 Fahrzeugen: "Kosteneinsparung: Das gelingt uns derzeit durch die hohe SB." Diese beträgt je 10.000 Euro in VK und TK.
Zur Ausgabensenkung arbeitet ein Autozulieferer mit 2.200 Fahrzeugen an der SB. Dazu der Einkäufer: "Langfristig wollen wir die VK nicht mehr abschließen und aktives Schadenmanagement implementieren." Eine Unternehmensberatung mit 240 Pkw will dagegen die SB trotz steigendem Bestand bei möglichst gleicher Prämie beibehalten.
Daneben prüft ein Chemiekonzern mit 850 Pkw derzeit ein internationales Versicherungsprogramm. Andere wie der Flottenmanager eines Verlages mit 17 Fahrzeugen und Michael Kleinsteuber, Head of Procurement & Services mit 200 Pkw bei Patrizia Immobilien, überlassen den Bereich ihren Maklern. Kleinsteuber: "Wir haben die Auswahl des Versicherers an einen Makler abgetreten und vertrauen dessen Vorgaben und Anweisung, da durch die Tätigkeit des Unternehmens die Kfz-Versicherung nur ein kleiner Teil der eingekauften Versicherungsleistung ist."
Wenig Veränderungsdrang
Insgesamt sind die Fuhrparkbetreiber mit ihren Deckungskonzepten jedoch zufrieden ("siehe "Neuausrichtung - Nicht auf der Agenda"). Nur wenige prüfen derzeit ihre Flottenversicherungen und wollen sich neu aufstellen.
- Ausgabe 10/2015 Seite 72 (111.4 KB, PDF)