Seit 1996 waren Polestar Racing und Volvo Partner im Rennsport. Rund 15 Jahre später wurde Polestar offizieller „Performance-Partner“ von Volvo und 2015 in die Volvo-Familie integriert, um fortan auch bei der Elektrifizierung der Schweden eine wichtige Rolle zu spielen. Jetzt steht Polestar auf eigenen Beinen (mit der Konzernmutter Geely im Rücken sowie Volvo für Plattformen und Produktionsstätten) in einem schwierigen Marktumfeld und vor der dringend notwendigen Modelloffensive.
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Der Polestar 2 erhielt kürzlich ein Facelift und bekommt vier Jahre nach Marktstart zeitgleich zwei neue „Kollegen“ in Form des Polestar 3 und des Polestar 4. Mit Pierre Mehlem haben wir uns im Polestar-Space in Köln getroffen, um ein wenig über die Bedeutung der Gewerbekunden für Polestar zu sprechen.
Polestar Pierre Mehlem
BildergaleriePolestar war schon damals eine Alternative zu Mercedes-Benz, BMW und Audi
Doch vorerst schreiben wir das Jahr 2016. Volvo – bereits seit sechs Jahren Teil des chinesischen Geely-Universums – bringt seine bislang PS-stärksten Modelle auf den Markt. Diese haben traditionell das Zusatz-Emblem Polestar am Heck kleben. Bei den Stark-Modellen handelte es sich damals noch um klassische Verbrenner in den Mittelklasse-Modellen S60 und V60 (Kombi). Wahnwitzige 367 PS attestierte der Prüfstand den Drei-Liter-Sechszylinder-Turbos, denen Polestar technische Finesse einhauchte, um AMG-, Quattro- und M-Kunden abzuwerben.
Seitdem hat sich die automobile Welt auf den Kopf gestellt. Bei Volvo und bei Polestar ebenfalls. Doch bereits 2017 wurde das erste eigene Polestar-Modell vorgestellt: der Polestar 1 – ein knapp 4,60 Meter langes Coupé. Der auf 1.500 Fahrzeuge limitierte Plug-in-Hybrid gab einen dezidierten Ausblick auf die Firmenphilosophie – Pure, Progressive, Performance – und einen technischen auf die Marke. Im März 2020 folgte der Polestar 2, den es bis heute optisch nahezu unverändert gibt.
Polestar 6 Concept BST
BildergaleriePolestar ist heute ausschließlich elektrisch unterwegs. Die drei Modelle der Schweden, die in China, Südkorea und den USA produziert werden, sind an der oberen Leistungsgrenze beheimatet. 367 PS, die 2016 noch für hochgezogene Augenbrauen gut waren, bedeuten heute Mittelmaß. Den Start macht derzeit der Polestar 2 ab 272 PS, gefolgt vom Polestar 3 (Luxus) und Polestar 4 (der ohne Heckscheibe). Das obere Leistungsende lautet (vorerst) 517 PS und 910 Newtonmeter.
Deutschland ist für Polestar einer der wichtigsten Märkte
Anno 2024 ist Polestar in 27 Märkten unterwegs, Deutschland gehört zu einem der wichtigsten, wie uns Pierre Mehlem erzählt. Mehlem stieg im März 2021 bei Polestar ein und gehört damit zu den Dienstältesten in der in Köln ansässigen Deutschland-Dependance.
Zum Start gehörten zu Mehlems Aufgaben, den Bereich Gebrauchtwagen und Aftersales aufzubauen und sein Augenmerk auf Strategien, Prozesse und Restwerte zu legen, um einer neuen Marke Leben zu geben. Denn was mit den Fahrzeugen passiert, wenn sie nach dem ersten Leasing zurückkommen, muss bereits von Anfang an klar sein, „damit man nicht vor vollendete Tatsachen gestellt wird und man weiß, wohin mit den Autos“, bringt es Mehlem auf den Punkt. Gemeinsam mit seinem Team hat er also neue Partner gesucht, sich um Lagerpark, Dekra-Gutachten und andere Basisarbeit gekümmert. Gleichzeitig baute er das Servicenetzwerk fürs Aftersales in Deutschland auf. Gerade das ist nun relevant, wo der Fokus vom generellen Bekanntwerden den Schwenk zum Flottenkunden macht.
Die Volvo-Händler sind ein wichtiger Bestandteil des Aftersales-Geschäfts. „Nach zwei Jahren waren wir bereits bei 200 Partnern in Deutschland, die auch heute noch zu unserem Netzwerk zählen. Mein Team bestand derzeit aus drei Personen“, ordnet Mehlem die Wichtigkeit des Themas ein. Damit zeigt er auch auf, wie weitreichend das Netz ist, bei denen Polestar-Kunden ihre Fahrzeuge zur Inspektion geben können. Einen Hol- und Bring-Service gibt es selbstverständlich auch – Premium eben. Die ersten drei Jahre ist das kostenlos. „Der Fokus bei der Auswahl der Partner lag dabei vor allem auf dem Thema Kundenzufriedenheit. Das ist bei uns das A und O. Um das zu steigern, haben wir bei den Partnern aus dem Volvo-Netzwerk teilweise spezielle Terminslots für unsere Kunden. Diese können sie sich über unser eigenes Online-System selbst einbuchen. Der Werkstatt-Vorlauf ist branchenüblich – zwischen einer und fünf Wochen“, so Mehlem.
Polestar 2 (Facelift 2024)
BildergalerieGibt es mal Fragen oder Probleme, können die Kunden auch das Polestar Customer Engagement Center anwählen. „Die Kollegen sitzen neben mir im Büro in Köln. Wer möchte, kann auch über diesen Weg einen Werkstatttermin buchen. Auf Wunsch wird der fixiert, nicht unbedingt immer beim selben Servicepunkt – das machen wir nach Kundenwunsch. Wir haben auch Kunden, die gerne immer wieder zu „ihrem“ Händler wollen, weil sie vielleicht auch Volvo-Kunde sind. Das hat uns oft schon die Tür geöffnet – gerade auch bei Fuhrparkleitern.“ Hier kommen die Regional Account Manager ins Spiel, die Polestar auf die Gewerbekunden loslässt. Ist die Marke eher dem Direktvertrieb verbunden, verlassen sie sich bei den Gewerbekunden dennoch auf sieben Kollegen, die in den Ballungszentren mehr oder weniger klassisch agieren. Das ist für ein Unternehmen wie Polestar, also einen neuen Anbieter mit sehr speziellen Fahrzeugen, wiederum besonders.
Das erste Kennenlernen der Fahrzeuge und die erste Beratung finden meistens in den Spaces statt. „Neun sind es jetzt, Hannover und Bochum sind gerade dazugekommen“, verkündet Mehlem sichtlich zufrieden. Das Flottengeschäft übernahm er im Herbst 2023. „Das hat für mich gut gepasst. Denn im Kosmos des Flottengeschäfts habe ich mich ja auch zuvor bereits bewegt.“
70 Prozent Gewerbekunden
Das Konzept scheint von Erfolg gekrönt zu sein: „Wir sind bei knapp 70 Prozent Gewerbekundenanteil“, beschreibt Mehlem den Erfolg, inklusive „Flotte“. Der Übergang zwischen Gewerbe und Flotte ist bei Polestar fließend. „Ab etwa fünf Fahrzeugen sehen wir die kleineren Fuhrparks als Flottenkunde und dort sehen wir auch unsere Chance. So kann ein kleiner Fuhrpark mit fünf bis zehn Autos, die aber alle auf Elektro umgestellt werden sollen, für uns ebenso interessant sein wie ein Fuhrpark mit 500 Fahrzeugen, bei dem einige User Chooser sagen, sie hätten gern einen Polestar.“ Flottenkonditionen gibt es selbstverständlich auch, die wiederum von den Fuhrparkverantwortlichen über deren präferierten Leasinganbieter angefragt werden können.
Das Thema Kosten und TCO ist ein wiederkehrender Aspekt, der mal mehr, mal weniger Beachtung findet. Den erwähnten Hol- und Bringservice von Polestar sieht Mehlem als echten USP. „Wir rechnen den Kunden oft vor, was der Hol- und Bringservice für eine Kostenersparnis ist, im Vergleich zu der Zeit, die der Mitarbeiter benötigt, wenn er den Wagen selbst zur Inspektion bringt und wieder abholt oder drauf wartet.“
Polestar Synergy
BildergalerieAbsatzmäßig sieht es bei Polestar im ersten Halbjahr 2024 verhalten aus. Da aber nun sowohl der Polestar 3 als auch der deutlich häufiger nachgefragte Polestar 4 das Portfolio mit dem Polestar 2 auf drei Modelle aufstocken und 2025 sowie 2026 mit dem Polestar 5 und Polestar 6 weitere Fahrzeuge kommen, ist Mehlem optimistisch. „Absatzmäßig merken wir, dass aktuell auch durch das Medienecho eine gewisse Skepsis herrscht. Unser Bestelleingang ist aber gegen den Trend aufsteigend, was auch an den neuen Modellen 3 und 4 liegt. Wir haben jetzt zudem einen stärkeren Fokus auf dem relevanten Flottenmarkt. Zuvor hatten wir auch Vermieter mit an Bord, um die Awareness für unsere Fahrzeuge zu steigern und die Menschen so in unsere Modelle zu bringen. Dieses Konzept haben wir bewusst temporär so umgesetzt, es wird über die Jahre aber nicht fortgeführt werden. Wir wollen ein nachhaltiges Flottengeschäft und da ist der Bestelleingang stark aufsteigend und kompensiert den in Gänze eigentlich rückgängigen Markt.“
Fleet Forward | Autoflotte X Polestar am 1. Oktober in Dreieich (Frankfurt) für alle, die sich um den Firmenfuhrpark kümmern
Von Januar bis Juni 2024 konnte Polestar 1.585 Polestar 2 zulassen. Trotz des im Herbst 2023 erfolgten Facelifts mit neuer Technik ist das ein Rückgang von knapp 50 Prozent im Vergleich zu 2023. Aber 2024 ist laut Mehlem für Polestar ein Übergangsjahr „mit dem Abbruch der Förderungen und vielen Unsicherheit im Markt. Aber gerade dank unserer jetzigen Modellexpansion wird das zweite Halbjahr für uns besonders spannend. 2025 geht es spätestens wieder hoch, das sagen alle Forecasts. Die Frage ist nicht, ob elektrifiziert wird, sondern wann.“
Der Polestar 2 bleibt mit einem Einstiegspreis von 48.990 Euro (brutto) das „Brot-und-Butter-Modell“. Aber auch der Polestar 4 ist mit seinem Basispreis von 61.900 Euro (brutto) gut für Firmenwagenfahrer eingepreist (0,25-Prozent-Versteuerung), weshalb Mehlem sehr hohe Erwartungen an das Volumen des Crossover hat. „Anders beim in den USA produzierten Polestar 3, der ist größer, teurer und spricht daher eine deutlich kleinere Luxus-Zielgruppe an“, weiß Mehlem.
Wenn Sie die Modelle Polestar 3 und Polestar 4 selbst erfahren möchte und zudem Ihr Fuhrparkwissen auffrischen und ein bisschen mit Kollegen netzwerken möchten, besuchen Sie uns am 1. Oktober beim Autoflotte-Event in Dreieich/Frankfurt: Anmeldung für Fuhrparkverantwortliche hier.