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Passenden Schutz finden

30.09.2015 06:00 Uhr
Passenden Schutz finden

Der Markt für Flottenversicherungen wird härter. Gleichzeitig sind die Fuhrparkverantwortlichen im Dschungel der Produktvielfalt auf der Suche nach der optimalen Deckung.

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_ Dagmar Guse, Geschäftsführerin der AWO Verden, würde ihre 14 Dienstwagen seit vielen Jahren gerne über einen Rahmenvertrag versichern. Doch es gelingt ihr nicht. Ob es nur an der geringen Stückzahl an Fahrzeugen liegt? Diese Frage bleibt offen, denn meist gibt es auf ihre Anfragen keine Antwort. Mit dem Wechsel der Marke und des Leasinggebers hat sie es Anfang September geschafft, ihre Fahrzeuge via Full-Service-Leasing so zu versichern, dass sie über die Vertragslaufzeit eine gewisse Kalkulationssicherheit erhält. "Unsere neue Versicherung wird in den Leasingjahren nicht hochgestuft. Bei Schäden müssen wir unsere Selbstbeteiligung zahlen - mehr nicht", betont Guse.

Extreme auf der anderen Seite sind Flottenbetreiber, die sich allein aufgrund ihrer schieren Größe von zigtausend Fahrzeugen mit dem Thema intensiv auseinandergesetzt haben und die Eigentragung großschreiben. Dazu setzen sie etwa auf eine Selbstbeteiligung (SB) in der Kasko im vier- oder fünfstelligen Eurobereich oder übernehmen die Kaskoschäden komplett selbst. Manch einer erweitert dies auch auf die Kraftfahrthaftpflicht (KH) und vereinbart hier zusätzlich SBen, um die Beiträge und Kosten im Griff zu halten respektive zu senken. Parallel dazu haben sie ein straffes Risk- (RM) und Schadenmanagement (SM) implementiert, mit dem sie die Entwicklungen beobachten und bei Bedarf gegensteuern können. Zwischen diesen Großflotten und der Kleinflotte des Sozialdienstes gibt es unzählige Flottenbetreiber, welche die verschiedensten Misch-Strategien fahren und sich dementsprechend bei den Kfz-Versicherern eindecken. Dabei wählen sie gezielt ihre Vertragsbausteine und Klauseln in den Rahmenverträgen.

Angebote der Flottenversicherer

Die spezialisierten Kfz-Versicherer liefern dazu eine Palette an Möglichkeiten, welche die einzelnen Risiken eines Fuhrparks und dessen Fahrer abdecken können - von der Haftpflichtdeckung bis 100 Millionen Euro für zulassungspflichtige Fahrzeuge und GAP-Deckung über die Großschadenkappung als Dämpfer und "Beitragsretter" bei Großschadenereignissen bis hin zum Auslandsschadenschutz und dem Regressverzicht bei grober Fahrlässigkeit. Aber auch der Rahmen für Vertragsanpassungen, die Modelle der Prämienerhebung wie zum Beispiel Einzeltarife, Stückprämien oder Jahrespauschalbetrag sowie die Art und Weise der Beitragserhebung sind geregelt.

Was die Versicherer im Detail bieten, zeigen die Angaben der großen Kfz-Versicherer, die an der diesjährigen Autoflotte-Umfrage teilgenommen haben (siehe "Das Baukastensystem", S. 67 ff.). Dabei setzen die Flottenversicherer auf Kontinuität. Allianz, Axa, Ergo, Gothaer, Provinzial Rheinland, Signal Iduna und VHV teilen mit, dass sie im Vergleich zum Vorjahr keine neuen Bausteine oder Produkte eingeführt haben. Die Allianz spricht lediglich davon, die Allgemeinen Bedingungen AKB-NF zur besseren Verständlichkeit beispielsweise der mitversicherten Teile redaktionell überarbeitet zu haben. Und R+V berichtet von einem neuen Tarif seit 1. Juli 2015, der nur einige Leistungs- und Produktverbesserungen beinhalte.

Neuerungen kommen von der Alte Leipziger Versicherung. Sie hat sowohl einen erweiterten Branchentarif, optionale Werkstattbindung und den Parameter der prämienrelevanten Jahresfahrleistung bei Pkw sowie einen Schutzbrief für Lieferwagen als auch den Schutz bei Tierbiss inklusive Folgeschäden bis zu 2.500 Euro bei Lieferwagen in der Teilkaskoversicherung eingeführt.

Die HDI-Gerling Industrie Versicherung hat an ihren Reporting-Tools gefeilt und meldet weitere Berichtmöglichkeiten in ihrer webbasierten Anwendung K-Control für das Fuhrpark-Schadenmanagement. Daneben hat sie die Sammelrechnung für Kunden optimiert. Einen Baustein hat auch die Württembergische neu implementiert. Sie deckt seit Juli 2015 Brems-, Betriebs- und Bruchschäden bei Pkw ein. Die Zurich hat ihre Leistungen um die Leasing-Differenz-Deckung für Nutzfahrzeuge und Anhänger im Werkverkehr sowie landwirtschaftliche Zugmaschinen und Schutzbriefleistungen für gewerbliche Pkw erweitert.

Anforderungen der Flottenmanager

Fuhrparkbetreiber schauen sich aber nicht nur die Leistungen der Anbieter genau an. Auch das Preis-Leistungs-Verhältnis ist Bestandteil ihrer Entscheidung für oder gegen eine Flottenversicherung. Günstige Prämien bei möglichst umfassender Deckung: Dieser Spagat soll gelingen. Ob das erreicht wird oder nicht, hängt von vielen Kriterien wie der Transparenz, der Schadenhistorie und -frequenz ab. Eine zentrale Rolle übernimmt auch das RM. Deshalb bauen einige Kfz-Versicherer ihr RM aus.

So stellt die Allianz dazu beispielsweise fest, dass die Nachfrage nach deren Beratungsleistungen seitens der Geschäfts- und Fuhrparkleitung der Kunden steigt. Im Fokus stünde auch die Unterstützung im Aufbau eines internen Frühwarnsystems zur Vermeidung von schadenbedingten Ereignissen. Ziel sei es, den gestiegenen gesetzlichen Anforderungen und Rahmenbedingungen, wie Halterhaftung, Regressabwehr et cetera nachzukommen und dies entsprechend zu dokumentieren. Neben den betriebswirtschaftlichen Aspekten würde folglich zunehmend wieder der Faktor Mensch betrachtet und Investitionen ins RM als Sicherung der Wertschöpfung für das Unternehmen erkannt.

Ein Versicherer, der sich im RM neu positioniert, ist Ergo. Denn er hat nach eigenen Angaben seit dem 1. Januar 2015 Underwriter im Einsatz, die beratend beim Riskmanagement tätig sind. Die Gothaer führt RM schon durch, meldet jedoch die RM-Analysen der Schadensursachen durch branchenspezifische Benchmarks verbessert. Außerdem sei der Katalog der nachweislich wirtschaftlich sinnvollen Maßnahmen auf Basis der Erkenntnisse der letzten Jahre erweitert worden. Des Weiteren setzt die HDI-Gerling Industrie mit ihrem RM-Team nun auf eine stärkere Berücksichtigung von Telematikdaten bei der Schadensanalyse.

Die VHV hat bereits Anfang 2013 für ausgewählte Kunden im Großflottensegment RM im Angebot. Mit Erfolg, wie das Unternehmen betont. Dabei werde in Zusammenarbeit mit einem professionellen Riskmanager die Situation hinsichtlich Organisation, Personal und Technik analysiert und es würden Vorschläge zur Verbesserung erarbeitet. Der Fokus liegt auf der Reduzierung der Schadenhäufigkeit, um somit auch die Gefahr eines Großschadens zu minimieren.

Bei der Zurich sehen die Experten in der Telematik das Potenzial, Unfälle zu vermeiden und Schadenhäufigkeiten zu senken, indem ein positiver Einfluss auf das Verhalten des Fahrers erkennbar ist. Somit könne es künftig auch für das RM ein wichtiger Bestandteil werden. Bei Alte Leipziger, Axa, Provinzial Rheinland, R+V, Signal Iduna und Württembergische gibt es keine Neuerungen im RM oder sie machen keine Angaben.

Schaden-Kosten-Quoten

Gleichwohl werden die Beiträge für den Schutz der Fuhrparks wohl weiter in die Höhe klettern. Darauf deuten etwa die Angaben der Versicherer zur Entwicklung der Schadenzahlen im Flottensegment 2014 im Vergleich zum Vorjahr hin. Mit der Allianz, Alten Leipziger, Ergo, Gothaer, Signal Iduna, VHV und Zurich machen zwar viele überhaupt keine Angaben. Einige äußern sich aber. Dazu gehört die Axa. Sie spricht von leicht sinkenden Schadenhäufigkeiten sowie einer inflationsbedingten Erhöhung der Schadenkosten. Die HDI-Gerling Industrie wird konkreter. Bei ihr hat sich die kombinierte Schaden-Kosten-Quote für die Kraftfahrt-Sparte im Vergleich zu 2013 um 8,2 Prozent verringert. Provinzial Rheinland meldet eine insgesamt wenig veränderte Schadensituation, wobei ein leichter Anstieg der Schadenaufwendungen durch einen Anstieg der Schadenzahlen zur Bestandsentwicklung korrespondiere. R+V berichtet generell von einer positiven Entwicklung der Schadenzahlen im Flottensegment 2014 im Vergleich zum Vorjahr. Die Ergebniskonsolidierung müsse jedoch in 2015/2016 fortgesetzt werden. Eine leichte Verbesserung des Verlaufs registriert auch die Württembergische.

Bei der Frage nach der Schaden-Kosten-Quote sind die Versicherer noch zugeknöpfter. Allianz, Alte Leipziger, Axa, Gothaer, Provinzial Rheinland, Signal Iduna, VHV, Württembergische und Zurich schweigen.

Drei nennen Zahlen: Ergo 101,8 Prozent, laut Versicherer allerdings für die gesamte Kraftfahrtsparte nach HGB, HDI-Gerling Industrie eine kombinierte Schaden-Kosten-Quote im Geschäftsjahr 2014 für ihre Kraftfahrt-Sparte von 104,2 Prozent und R+V eine Combined-Ratio auf Marktniveau. Die aktuelle durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote über das gesamte Flottensegment hat der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V. (GDV) erhoben. Diese liegt 2014 bei 107 Prozent (2013: 114,5 Prozent). 100 Euro Beitragseinnahmen stehen damit 107 Euro an Schadenkosten gegenüber. Ein nach wie vor defizitäres Geschäft.

Darüber hinaus bessert sich die Situation auch nicht durch Zinserträge. Denn eine Kompensation der Verluste daraus entfällt aufgrund der Niedrigzinsphase. Der Underwriter eines Flottenversicherers, der nicht genannt werden will, erläutert: "Die niedrigen Zinsen schlagen jetzt voll durch. Ein Beispiel: Wenn wir vor zehn Jahren einen Unfall mit einem Haftpflichtschaden hatten, bei dem eine Person angefahren wurde und Kosten von rund zwei Millionen Euro für die Zukunft veranschlagt wurden, ist im Voraus bei einem Zins von sechs Prozent eine Reserve von 1,6 Millionen Euro eingestellt worden. Heute würden dafür rund 1,95 Millionen Euro eingestellt. Das schmerzt." Das würde sich weiterhin in den Angeboten spiegeln.

Status quo und Zukunftsthemen

Die Flottenversicherer beschäftigen aber auch andere Themen und Trends. Aus Sicht der Allianz gewinnen etwa Themen wie Digitalisierung, Carsharing und die Entwicklung von Tarifen für automatisiertes Fahren und Telematik zunehmend an Bedeutung für den Flottenmarkt. Die Alte Leipziger geht aufgrund des tendenziell defizitären Geschäftsmodells davon aus, dass einige Versicherer diesen Markt verlassen, während andere Versicherungen sogar mit Kampfpreisen am Markt auftreten. Telematik sieht der Versicherer zurzeit im Privatkundensegment stark vertreten. Sobald die ersten Produkte im Markt etabliert und Erfahrungen vorhanden seien, würden für Flotten ebenfalls vermehrt entsprechende Produkte beziehungsweise Versicherungen angeboten.

Axa ist zurückhaltender. Sie bemerkt eine vermehrte Thematisierung von Telematiksystemen, ohne dass hieraus eine explizite Änderung des Schadengeschehens herausgearbeitet werden könnte.

Ergo legt den Fokus weiter auf die Rentabilität, schaut sich alle Flotten an und bewertet die individuelle Risikosituation des Kunden. Zudem würden durch die branchenweit steigenden Prämien in diesem Segment regelmäßig Anfragen eintreffen, an interessanten Ausschreibungen teilzunehmen. Bei Aussicht auf ein ertragreiches Geschäft will Ergo daher mit dem Kunden zusammen Deckungskonzepte erarbeiten.

Bei der HDI-Gerling Industrie vernehmen die Underwriter in den Gesprächen - neben dem Thema der Kostenreduktion - häufig das Interesse an der grünen Flotte.

Provinzial Rheinland registriert keine gravierenden Veränderungen der Produktwelt der Mitbewerber. Bislang würden auch die Beiträge einen stabilen Eindruck machen. Ob sich das im kommenden Jahreswechselgeschäft fortsetzt, bleibe abzuwarten.

Über das aktuelle Jahr hinaus blickt die R+V. Sie sieht in der zunehmenden Automatisierung, etwa durch autonomes Fahren und Fahrerassistenzsysteme, Zukunftstrends. Trotzdem bleibe auch die weitere Konsolidierung des Marktes durch diverse Ertragsverbesserungsmaßnahmen auf der Agenda.

Signal Iduna richtet den Fokus verstärkt auf den Ertrag und will die Prämienkalkulation daran ausrichten. Als Folge erwartet der Versicherer zum Jahreswechsel weniger Neugeschäft als in den Vorjahren.

Für die VHV zeigt sich der Flottenmarkt gegenwärtig verhalten. Daher sei zum jetzigen Zeitpunkt eine valide Einschätzung der Markttendenz unangemessen. Zugleich konstatiert VHV, dass Kfz-Flotten, die Anstrengungen zur Schadenminimierung in Häufigkeit und Höhe unternehmen, bessere Risiken für die Versicherer darstellen. Dies äußere sich unter anderem darin, dass namhafte Flottenversicherer und auch Makler eigene Dienstleistungskonzepte zum RM und Lösungen zur Schadensteuerung anbieten.

Wachstum mit kleinen Flotten

Auch die Württembergische meint, dass sich das Segment nicht sonderlich dynamisch entwickele. Und die Zurich stellt, bedingt durch den härteren Markt, die Ertragssituation in den Vordergrund. Wachstum werde bei ihr partiell mit kleingewerblichen Kunden erzielt.

Das Baukastensystem

VertragsbausteineFlottenverantwortliche wollen einen bedarfsgerechten Schutz ihrer Firmenwagen. Darauf haben die spezialisierten Kfz-Versicherer ihr Leistungsportfolio und Vertragsbausteine ausgerichtet.

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