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Me Energy: Der Strom aus dem Kasten

26.07.2023 10:57 Uhr | Lesezeit: 5 min
© Foto: Michael Blumenstein

Die Umstellung auf einen E-Fuhrpark erfordert Strom. Ist nicht genug vorhanden, heißt es Auswege suchen. Ein Fahrzeuglogistiker aus Linz am Rhein wählt dafür den Kraftblock aus Wildau, betrieben mit Bioethanol.

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Seit 23 Jahren gibt es Klein Automobile, gegründet von Guido Klein als klassischer Autohandel. Doch der Verkauf allein reichte ihm nicht. "Ich habe mich 2015 in Richtung Fuhrparkmanagement und -Prozessbegleitung umorientiert", erzählt uns der Geschäftsführer von Fleetpoint Linz in seinem Büro "fernab der Zivilisation".

Fernab ist zu hart formuliert. Zwar liegt sein Compound (wunderschön) im Wald, dafür aber genau zwischen Koblenz und Bonn, jeweils 13 Kilometer bis zur Autobahn A 3 und zur A 61 – perfekt angebunden. Seit 2017 ist er in Linz und hat das knapp 18.000 Quadratmeter große Gelände gepachtet. Der erste große Flottenkunde kam aus Bonn. Mit ihm ist er einen Platzlogistik- und Instandhaltungsvertrag eingegangen. Das bedeutet: Wartung, Aufbereitung und Vorbereitung für den Remarketing-Prozess. Mit dem Autoverkauf haben Guido Klein und sein bald 13-köpfiges Team nichts mehr zu tun. Im Spätsommer startet der erste Azubi als Kaufmann für Büromanagement, erzählt er stolz.


Me Energy Klein Automobile

Guido Klein mit HPC-Ladekabel vor Me Energy Ladeinfrastruktur Bildergalerie

Logistik: 2.300 Fahrzeuge pro Jahr

Sobald nach Kleins Remarketing-Prozess der Fuhrparkbetreiber die gebrauchten Fahrzeuge verkauft hat, übernimmt Klein noch die Verladung. "Dieses Jahr werden wir 2.300 Autos Durchsatz haben – und das steigt jährlich", ist sich Guido Klein seiner Aufgaben bewusst. Diese machen ihm auch Spaß, doch eine Herausforderung war die sukzessive Umstellung seiner Kunden vom Verbrenner zum Stromer. Kleins Problem: Die Strom-Anschlussleistung auf  seinem Compound ist sehr begrenzt. Sie reichte neben dem regulären Verbrauch für ein paar 11-kW-Wallboxen. Doch auch das Aufstocken reicht längst nicht mehr für den täglichen Durchsatz. "Tesla und Hyundai Kona Electric sind unsere Haupt-E-Fahrzeuge mit einem Anteil von etwa 80 Prozent an allen Fahrzeugen. Strom ist daher ein Riesenthema für uns geworden. Dieses Jahr wickeln wir allein für Holman 1.200 Tesla ab", weiß Guido Klein zu berichten und suchte daher seit letztem Jahr eine Lösung. Hinzu kommt, dass der Strom aus der Steckdose bei ihm kein Ökostrom ist. Daran kann er aber aufgrund des Pachtvertrags nichts ändern, was den mittlerweile überzeugten E-Mobilisten immanent stört.

Bereits vor knapp vier Jahren hörte er erstmals vom Start-up Me Energy. "Und damals habe ich schon gedacht, dass das interessant für uns werden könnte", da zeitgleich der Kontakt zu Holman aufkam und man das Elektro-Thema früh verstanden hatte. Und Klein war bewusst, dass er es weder mit mehr Wallboxen schaffen würde, noch die Anschlussleistung für einen Schnelllader mit mehr als 50 kW Ladeleistung auf dem Gelände funktionieren würde. Eine Option war, kilometerweit neue Stromleitungen legen zu lassen.

Tesla Model 3 vor Me Energy Ladestation in Linz am Rhein bei Klein Automobile
© Foto: Michael Blumenstein

Zweimal 75 kW Ladeleistung

Zeitgleich wurde in Gesprächen mit seinen (potenziellen) Kunden klar, dass diese nicht mehr allzu lang Verbrenner einflotten werden. Also hieß es: Lösungen finden und er besuchte Me Energy in Wildau, südlich von Berlin. Bei Me Energy handelt es sich um ein 30-köpfiges Team, das seit Februar 2019 Ladeleistung dort hinbringt, wo es an Strom mangelt, wie bei Kleins Compound. "Wir laden die Fahrzeuge immer auf 80 Prozent State of Charge (SoC), damit sie den gesamten Defleeting-Prozess problemlos durchlaufen können. Da das mit Wallboxen nicht möglich ist, war uns klar, dass wir einen Schnelllader benötigen. Bei uns ist Zeit Geld und wir müssen sehen, dass wir die Autos optimal durch den Prozess bekommen, und das ist nur mit einer erhöhten Ladeleistung zu gewährleisten. Wir sind gespannt, wie das andere Compounds regeln, die noch nicht so weit sind. Ich vermute, die werden ein Problem bekommen", erzählt Guido Klein gelassen, wohl wissend, dass er die kommenden zehn Jahre versorgt sein müsste.

Und der Rapid-Charger von Me Energy war rückblickend die beste Lösung für Klein. Der leer 7,5-Tonnen schwere Block liefert 150 kW Ladeleistung, verteilt auf zwei CCS-Anschlüsse. Kostenpunkt: rund 150.000 Euro beim Kauf. Das Aufreißen der Straße und das Legen neuer Leitungen hätten Guido Klein ein Vielfaches gekostet – zusätzlich zum CCS-Lader, die mit 50 kW Ladeleistung meist 30.000 Euro kosten. Er hat nicht lange gefackelt: „Wir haben im September 2022 bestellt und haben Mitte Dezember die Anlage hier stehen gehabt. Sie kam auf dem Lkw bereits betankt, wurde abgeladen und war am selben Tag einsatzbereit. Wir brauchen hier keinerlei Anschluss. Das einzige neue Kabel ist das Erdungskabel. Sie läuft also autark.“ Diverse Funktionen werden mittels 12-Volt-Batterien gespeist – wie beispielsweise die Ferndiagnose via Me Energy-Support inklusive eventuell nötiger Updates. "Wir haben 2.000 Liter Bioethanol drin", weiß Klein. In Linz wird die Ladestation, die übrigens während der Bürozeiten auch als öffentliche Ladesäule fungiert und in den Apps hinterlegt ist, über acht Jahre abgeschrieben, und Klein und hofft, dass sie deutlich länger hält. 

Ladekosten: 44 Cent pro kWh

"Die Anlage ist gekauft und somit unser Eigentum. Von Me Energy gibt es Servicepakete. Wir haben das größte Paket genommen, inklusive Anträge für die THG-Quote, die wir ja aufgrund des öffentlichen Zugangs bekommen." Im Servicepaket ist auch das Bioethanol enthalten und gezahlt wird pro genutzter kWh Strom. "Was das Bioethanol kostet, ist mir egal. Der Kraftstoff kommt mit dem Tankwagen und es dauert rund eine halbe Stunde. Der Fahrer macht alles ohne unser Zutun. Wann nachgefüllt werden muss, interessiert mich auch nicht, das sieht Me Energy litergenau und es wird bei Bedarf nachgefüllt."

44 Eurocent kostet Klein jede kWh. Für einen Schnelllader ist das ein derzeit attraktiver Preis. Und da der Bioethanol-Preis nicht an den Strompreis gebunden ist, sind Schwankungen kaum vorhanden. Das solle sich laut Christian Schwenkenbecher, Head of Sales bei Me Energy, auch in Zukunft nicht verändern: "In den letzten zehn Jahren war Bioethanol sehr preisstabil und hat sich lediglich um cirka 1,8 Prozent verändert." Das ist sicherlich ein Verkaufsargument für den Container, der exakt so viel Platz einnimmt wie ein parkendes Automobil und oft auf Parkplätzen steht. "Mehr als 50 Systeme sind bereits verkauft", gibt sich Schwenkenbecher zuversichtlich, 2023 den Jahresabsatz erstmals ins Dreistellige zu bringen. Die Nachfrage ist vor allem in Deutschland vorhanden, doch 2023 sollen auch die Vertriebsaktivitäten im Ausland Fahrt aufnehmen. Viele Unternehmen werden bei der Umstellung auf E-Autos mit einer zu geringen Anschlusskapazität konfrontiert. Und Schwenkenbecher ist nicht bekannt, dass es andere Firmen mit einem ähnlichen Produkt gibt. Gute Aussichten. Auf die Frage, wie der Rapid Charger funktioniert, antwortet Schwenkenbecher wie folgt: "Mithilfe von speziell gefertigten und auf den stationären Betrieb ausgelegten Generatoren wird aus flüssigen Energieträgern Schnellladestrom erzeugt, der den Richtlinien des EEG entspricht, folglich 100 Prozent Grünstrom ist." Bei den Generatoren handelt es sich um jeweils zwei millionenfach verwendete Vierzylindermotoren, von Me Energy auf den Betrieb mit Bioethanol optimiert. Sie laufen mit niedriger Drehzahl und ebensolchem Geräusch und wandeln Bioethanol in Strom um. Auf die Frage nach dem CO2-Ausstoß hat Schwenkenbecher folgende Zahlen parat: "Wir haben einen elektrischen Wirkungsgrad von 40 Prozent, somit haben wir pro erzeugte kWh eine reale Emission von unter 100 g/kWh." Zum Vergleich: Das deutsche Stromnetz (inklusive Ökostrom) verursachte im Jahr 2021 Emissionen von 428 g/kWh (ohne Vorketten, Daten: UBA), was laut Agora-Energiewende auch 2022 so in etwa geblieben ist.

Portraitfoto von Guido Klein von Klein Automobile in Linz in seinem Büro
© Foto: Michael Blumenstein

Bioethanol ist ein alter Hut

Bioethanol könnten Verbrenner-Fahrer bereits seit gut 15 Jahren kennen. Damals kam E85 (Ethanol) aus der Zapfpistole an einigen Tankstellen. Saab sah sich als Vorreiter und adaptierte die Benzinmotoren an den hochoktanigen Sprit. Daraus wurde jedoch mittelfristig nichts und nicht nur Saab verschwand in der Versenkung (das hatte jedoch andere Gründe). Mittlerweile tankt übrigens fast jeder Benziner Bioethanol. Egal, ob man Super 95 (fünf Prozent Anteil) oder Super E10 (zehn Prozent Anteil) in den Tank des Fahrzeugs kippt, was beispielhaft fürs Jahr 2021 laut Me Energy in Deutschland elf Tonnen CO2-Äquivalent eingespart habe. In einigen Ländern ist Bioethanol heute der gängige Kraftstoff.

Die größten Bioethanol-Produzenten Europas sitzen in Frankreich, Deutschland und Polen. Das von Me Energy verwendete Bioethanol stamme ausschließlich aus nachhaltiger europäischer Landwirtschaft und erfüllt die Vorgaben des ErneuerbareEnergien-Gesetzes (EEG) und ist damit als Grünstrom aus nachwachsenden Rohstoffen eingestuft. Damit ist die CO2-Bilanz der Stromerzeugung neutral – trotz des benötigten Verbrennungsprozesses. Denn beim Rapid-Charger von Me Energy wird nur so viel CO2 verbraucht, wie zuvor gebunden wurde. Fairerweise sagen die Wildauer auch, dass in der Lieferkette des Energieträgers und in der Aufbereitung CO2 entsteht. Gemeint ist damit unter anderem der Traktor auf dem Feld und eben der Lkw, der das Bioethanol zum Kunden fährt – aber das ist bei Strom, Benzin, Diesel und Wasserstoff ebenfalls der Fall. Die Wege sind laut Schwenkenbecher kurz, da auf lokale Distributoren zurückgegriffen wird. So bekommt auch Guido Klein sein Bioethanol vom örtlichen Anbieter und nicht vom anderen Ende Deutschlands.

Ist Bioethanol grün?

Doch Bioethanol wird nicht von allen Seiten als die Lösung angesehen. Greenpeace hat zusammen mit der Deutschen Umwelthilfe, NABU, Foodwatch, Robin Wood und Transport and Environment die "Mythen der Biosprit-Lobby" in zehn Punkten aufgezeigt, zu lesen hier. Zur Lobby zählen die Organisationen auch die CropEnergies AG, ein Tochterunternehmen der Südzucker AG. Laut Greenpeace verarbeiten diese allein am Standort in Zeitz (Sachsen-Anhalt) pro Jahr etwa 700.000 Tonnen Weizen zu Biosprit. Das sei die größte Produktionsanlage für Bioethanol in Deutschland. "Es ist unverantwortlich, weiterhin Ackerflächen für den Anbau von Energiepflanzen zu blockieren, während Millionen Menschen das Nötigste zum Leben fehlt", sagt beispielsweise Matthias Lambrecht, Experte für Landwirtschaft bei Greenpeace. Die Anlagen von Me Energy sollen ab 2024 auch mit Methanol betankt werden können. Dieses Methanol soll aus Restmüll gewonnen werden und damit die Diskussion um „Tank oder Teller“ vollends zum Erliegen bringen. So oder so ist die Lösung vielleicht für viele, die auf Elektromobilität umsteigen wollen oder müssen und dafür weder kilometerweit Kabel neu verlegen möchten (das hat auch einen immensen CO2-Impact) noch umziehen wollen, eine sinnvolle Alternative.

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