Was macht einen guten Kombi aus? Klar, Platz im Kofferraum und vielleicht noch ein kleines Plus auf der Rückbank, vor allem bei der Kopffreiheit. Das war, grob runtergebrochen, die Idee der Kombis. Vertriebler, Außendienstler, Vielfahrer, Familienmenschen fuhren ab den 1990er Jahren gern Kombi. Und gern Kombi mit Dieselmotor unter der Haube.
VW ID.7 Tourer GTX
BildergalerieRarität: Elektro-Kombis wie der VW ID.7 Tourer
Der Diesel verflüchtigt sich, nicht nur im Geruch. Die Leute wollen weniger Diesel und mehr Hybrid. Hinzu kommt der beständige Schwenk vom Kombi zum SUV, die sind ja noch praktischer – angeblich. Die Welt und der Geschmack wandeln sich. Stichwort Elektromobilität: Bei VW startete das E-Zeitalter megaholprig mit dem ID.3 und all seinen Problemen. Etwas besser machten es ID.4 und ID.5. Viel besser der ID.7 – tatsächlich eine der besten E-Limousinen am Markt und fortan wohl der beste E-Kombi und vielleicht Anstoß zur Renaissance der Kombis.
Denn bislang gibt es kaum Lastenträger unter den E-Autos. MG 5 war der erste, Nio ET5 Touring kam danach und etwa zeitgleich auch die Derivate Opel Astra Sports Tourer Electric und Peugeot e-308 SW. Und nun kommt der ID.7 Tourer, zeitgleich auch als Sportversion GTX. GTX kennen VW-Fans bereits vom ID.4 und 5. Auch diese haben mehr Leistung durch einen zweiten E-Motor und damit Allradantrieb anstelle des sonst bei den MEB-Modellen (Modularer Elektro-Baukasten) üblichen Heckantriebs. Nachteil Allrad: Der damit eklatant größere Wendekreis, der von wendigen 10,9 Metern auf branchenübliche 12,3 Meter beim GTX anwächst.
Hinten werkelt wie bei den Heckantriebs-Versionen der bekannt effiziente Synchronmotor APP 550 und vorn wird nun ein Asynchronmotor mit 109 PS bei Bedarf zugeschaltet. Zusammen ergibt das 340 PS Systemleistung. VW schwärmt von dem Leistungszuwachs. Im Alltag ist es eher so: okay. Braucht das jemand? Nein. Auch die „Basisversion“ mit 286 PS ist alles andere als schmächtig. Der zusätzliche Frontmotor gefällt vor allem, wenn Allradantrieb im Schnee gefragt ist. Wie oft? Selten. Dennoch wird sich der GTX gut verkaufen, der sogar weniger lang durchhält als die Pro-Version mit neun kWh kleinerem 77-kWh-Akku – so viel zum Thema „Reichweite über alles“.
Dem VW ID.7 Tourer GTX hätte man mehr zugetraut
Zu erkennen gibt sich der GTX an einer neu gestalteten Front- und Heckschürze sowie eigenen, bulkigen Seitenschwellern und speziellen 20-Zoll-Felgen, die – die wie alle ID.7 mit Mischbereifung (235 vs. 255) wenig flottenfreundlich ausgerüstet sind. Das Tauschen von vorn nach hinten ist damit passe. Wer will, kann kostenfrei ein Downgrade auf 19-Zöller inklusive Ganzjahresreifen wagen, allerdings ebenso mit zwei Reifenbreiten. Beleuchtete Logos an Front und Heck gibt es mittlerweile für alle ID.7. Hat danach wirklich jemand gefragt? Angeblich ja.
Innen zeigen sich die GTX-Insignien mit roten Kedern (muss man mögen) sowie Schriftzug im Sitz und Spängchen am Lenkrad. Irrelevante Kleinigkeiten, die keinerlei Einfluss auf die Funktion haben. Schön ist, dass sich die Materialien im ID.7 bestens anfassen und alles einen preisgerechten Eindruck hinterlässt.
VW ID.7 war ursprünglich nur als Tourer geplant
Das Platzangebot für die Insassen im 4,96 Meter langen ID.7 Tourer ist generös. In der Länge und Breite sind Limousine und Tourer übrigens exakt identisch. Interessant: Die Limousine kam zwar etwas früher auf den Markt, doch ursprünglich sollte es nur den Kombi geben, wie aus VW-Kreisen zu hören ist. Da sich aber Limousinen weltweit besser verkaufen – oder weniger schlecht –, wurde diese Karosserieform „nachgeschoben“.
Im Kofferraum unterscheidet sich der GTX vom normalen ID.7 Tourer gar nicht. Und wenn man genau hinsieht, unterscheidet sich das Kofferraumvolumen des Tourer im Vergleich zur Limousine kaum. Schade, die Tugenden des Kombi bleiben beim Tourer etwas auf der Strecke. In der Normalstellung der Rücksitze besteht der Mehrwert aus etwa einer Tragetasche. 545 Liter passen ins Kombiheck unters Rollo, 532 Liter bei der Limousine.
Seinen erhöhten Nutzwert gibt der Tourer erst bei dachhoher Beladung oder nach dem Umklappen der in zwei Stellungen hemdsärmelig zu arretierenden Rückenlehne preis. Aber auch da lautet das Verhältnis „nur“ 1.714 zu 1.586 Liter pro Kombi. VW hat es nicht einmal geschafft, die immerhin 1,95 Meter lange Ladefläche eben zu bekommen. Hinzu kommt eine Zuladung von maximal 461 Kilogramm – da darf ein Golf mehr zuladen.
VW ID.7 GTX: Beim (Strom-)Laden ist Potenzial vorhanden
Dafür besticht der GTX mit nun 340 PS Leistung, die 545 Newtonmeter Drehmoment gab es bereits vorher. VW spricht vom stärksten Serien-Kombi, den VW bisher produzierte. Ob das ein relevantes Merkmal in Zeiten von E-Auto ist, bei denen Klassekameraden nochmals 150 PS draufpacken, darf angezweifelt werden. Denn um PS-Leistung und Fahrperformance dürfte es den wenigsten Elektro-Mobilisten gehen. Ihnen kommt es vielmehr auf eine perfekte Ladeperformance an. Immerhin hat VW beim GTX nachgeschärft. Der Pro S und der hier gefahrene GTX schaffen in der Spitze 200 kW. Und wenn die Ladekurve ähnlich gut verläuft wie beim ID.7 Pro mit 77er-Akku und 175 kW maximaler Leistung, kann man zufrieden sein. VW verspricht 26 Minuten bei der Lade-Mittelstrecke von 10 auf 80 Prozent Akkustand. Das ist gut, bedeutet aber immer noch mit An- und Abfahrt, Anstöpseln und Abstöpseln rund 35 Minuten – wenn alles klappt.
Weniger happy macht indes die Tatsache, dass man bei VW nach wie vor nichts vom 22-kW-AC-Laden hören will. Auch auf Nachfrage gibt es zu einem möglichen Start des schnellen Langsamladens keinen Kommentar. Damit verspielt VW abermals Chancen bei Vielfahren, die sich über jede Minute weniger Ladezeit freuen. Dafür implementiert man nun Spiele-Apps ins 15-Zoll-Infotainmentsystem, die mittels eigenem Smartphone gesteuert werden können – zum Überbrücken der Wartezeit. Leute, macht die Ladezeit so kurz, dass man nicht zum Spielen kommt.