Es hat gedauert, bis VW die dritte Generation seines Pick-up Amarok auf den deutschen Markt gebracht hat. Bereits seit 2022 wird die neueste Version des Leicht-Lasters in Südafrika – wo er übrigens produziert wird – und in Australien verkauft. Sein Zwilling, der Ford Ranger, ist hingegen dem Euro-Publikum vertraut. Der bedient Nutzwert-Anforderungen mit einem smarten Vierzylinder ebenso wie Krawallbedürfnisse mit dem martialischen „Raptor“ mit 300 Benzin-PS. Stellt sich bei uns also die Frage: warum VW statt Ford? Die Antwort liefert wohl vor allem der Amarok „PanAmericana“ mit Dreiliter-V6-TDI .
Auch wenn er mit dem Vorgänger nichts mehr gemein hat, ist der Amarok sofort als VW zu erkennen. Das haben die VW-Designer schon mal gut hinbekommen. Ein Blick in die Preisliste wird allerdings schnell zeigen, dass ein Amarok immer ein paar Euro mehr kostet als ein vergleichbarer Ranger. „Wir wollen uns vor allem im Luxus-Segment etablieren“, so die selbstbewusste Aussage von VW. Ganz passt das nicht, denn es gibt den VW-Pick-up auch als Basisversion für Baustelle und Handwerk. Da soll dann wohl eher die Verbundenheit der Kunden zur Marke den Erfolg bringen …
Wir wenden uns beim ersten Kennenlernen also dem „Luxus“-Segment zu: einem schwarzer Amarok V6 4Motion mit 3,0-Liter TDI-Sechszylinder in Euro-6-Norm mit strammen 240 PS und Spaß versprechenden 600 Nm maximalem Drehmoment. Als PanAmericana verbindet er Chrom-Lametta an den Spiegel mit unlackierten Stoßfängern. Grundsätzlich keine schlechte Idee, denn wenn’s hart auf hart kommt, muss man wenigstens keine Lackschäden beseitigen. Warum allerdings die Ecken vorne dann doch Farbe tragen, während die Radläufe in robustem schwarzen Plastik ausgekleidet sind – VW wird’s wissen …
VW Amarok (2024)
BildergalerieVW Amarok: Kein Malocher-Truck
Im Innenraum ist zumindest in der gehobenen Ausstattung nix mehr zu sehen von Maloche. Feinstes Leder zieht sich selbst über die Breite des Armaturenbrettes. Alles ist hochwertig verarbeitet, macht einen edlen Eindruck und erinnert eher an einen Luxus-SUV, denn an einen Leicht-Lkw. Die digitalen Instrumente, im Luxus-Modell 12,3 Zoll groß, sind gut ablesbar und lassen sich nach Gusto des Fahrers individuell anpassen. Über das Multifunktionslenkrad kann der Chauffeur die wichtigsten Funktionen kinderleicht anwählen. Für die sogenannten Sekundär-Funktionen gibt’s im PanAmericana einen 12-Zoll-Bildschirm in der Mittelkonsole (Standard: 10,1 Zoll). Der bietet eine gestochen scharfe Grafik. Und weil immer Platz für ein wenig Kritik ist: Als Fahrer wünscht man sich, man könnte den Bildschirm leicht anwinkeln.
Gut gefällt, dass VW sich nicht dem digitalen Wahn hingibt und man alle Funktionen nur über die dritte, vierte Ebene des Displays bedienen kann. Nein, es gibt für alles Wichtige Dreh- oder Drücktasten. Das lenkt nicht ab, führt schnell zum Ziel und der Bildschirm ist auch nicht vollgeschmiert mit Fingertapsen. Eine Wucht ist das 600-Watt-Soundsystem. Da muss sich manch‘ ausgewachsener Opernsaal anstrengen, um mithalten zu können. Gut, wir sitzen immer noch in einem Pick-up. Aber als Musikfreund wird man sich doch freuen dürfen über Konzertsaalatmosphäre.
Ford Ranger Raptor (2023)
BildergalerieVW Amarok wird es im Gelände weit bringen
Sehr bequem sind auch die klimatisierten und zehnfach elektrisch einstellbaren Sitze im Luxusmodell. Dass es induktive Lademöglichkeit fürs Smartphone gibt und eine übrigens schnell funktionierende Kopplungsfunktion mit dem Entertainmentsystem sollte inzwischen Standard sein. Ein echtes Erlebnis ist die Ruhe im sechszylindrigen Amarok. Mehr als ein leises und durchaus wohltemperiertes Säuseln ist aus dem Maschinenraum nicht zu hören. Dabei kann der VW nicht nur Straße. Standard-Allrad sowie Geländereduktion gibt’s ab Basisversion – im Normalfall wird nur die Hinterachse angetrieben. Wer ans preisliche Maximum geht, kann dazu noch den automatischen Allrad ordern, der die Kraft bedarfsgerecht an jedes Rad verteilt oder im Extrem die Differenziale sperrt.
VW Amarok (2. Generation)
BildergalerieVW Amarok mit 3,5 Tonnen Anhängelast
Bei allem Bling-Bling bleibt der Amarok dennoch ein Nutzwert-Auto. Bis zu 3,5 Tonnen Anhängelast sind ein Wort. Wobei wir bereits vom Ford kennen, dass das als Option lieferbare 10-Gang Wandlergetriebe in manchen Situationen ein wenig „nervös“ wird, wenn’s ums Finden der richtigen Fahrstufe geht. Wem das des Guten zu viel ist, der muss sich allerdings mit dem anderen Ende der Skala begnügen: einem Sechsgang-Handschalter. VW verspricht, dass man den Amarok auch mit einer Tonne auf der Ladefläche noch als Zugtier für 3,5 Tonnen einsetzen kann. Ob das auch mit dem „kleinen“ Vierzylinder-TDI klappt, werden wir demnächst testen. Dazu kommen und das konnte der Vorgänger nicht, 350 Kilo statische Dachlast und ein endlich robuster vorderer Abschlepphaken, mit dem man die vollgeladene Kiste ohne Gewaltschaden aus dem Dreck ziehen kann. Übrigens passt auch eine Euro-Palette auf die Ladefläche, die sich dann an den bis zu 400 Kilogramm belastbaren Zurrpunkten sicher fixieren lässt.