BMW M135 xDrive (F70): Wenn das Wort Facelift auf dem Index steht
BMW M135 xDrive (F70): Wenn das Wort Facelift auf dem Index steht
20.11.2024 03:36 Uhr | Lesezeit: 3 min
BMW frischt die 1er-Reihe massiv auf und spricht vom neuen Modell. Wir vom Facelift. Ein sehr umfassendes, das auch den BMW M135 xDrive nochmals besser macht.
BMW spricht von der vierten Generation des 1er-Modells. F70 wird das gerade neu beim Händler gestartete Kompaktmodell, das um gut vier Zentimeter auf nun 4,36 Meter gewachsen ist, intern genannt. Der "Vorgänger" wurde anno 2019 auf das Kürzel F40 getauft.
Neue Namen gibt es in der Regel bei neuen Modellen. BMW macht das also auch beim Facelift, das allerdings sehr umfassend ausgefallen ist und laut BMW-Ingenieuren "so gut wie keine Gleichteile" beinhaltet – und die müssen es ja wissen. Die 1er-Baureihe gibt es seit exakt 20 Jahren. Damals war der Premium-Kompakte eher etwas für Markenfreunde mit Heckantrieb-Fimmel – was man als Auto-Fan durchaus nachvollziehen kann.
Denn in dem Segment gab es bis dato eher weniger Premium und eher mehr Frontantrieb. Dass damals die Preise hoch, das Platzangebot eher überschaubar war und die Fahrperformance auch mal überraschen konnte, schreckte dann doch einige potenzielle Kunden ab. Dennoch konnte BMW bislang rund drei Millionen 1er verkaufen. Etwa 40 Prozent davon verblieben in Deutschland, gefolgt von Italien (17 Prozent) und UK (15 Prozent).
Der aktuelle 1er wird wieder in Leipzig montiert und rollt verständlicherweise nun nach vier Jahren Entwicklungszeit (wofür benötigt man bei einem Facelift vier Jahre?) auch dort vom Band. Derzeit bietet BMW vier Benzinversionen mit 122, 170, 218 und 300 PS an und zwei Diesel, die leistungsmäßig extrem nah beieinanderliegen: 150 PS bietet der schwächere und 163 der stärkere, der zudem eine 48-Volt-Unterstützung erhält und mit dieser sanften Zusatzschub. Alle neuen 1er-BMW haben ab Werk ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe installiert, Handschaltung gibt es fortan (leider?) nicht mehr.
Wir konzentrieren uns heute auf das Topmodell, den M135 xDrive, wie die Starkversion jetzt heißt, das "i" ist Geschichte und war zuvor bereits überflüssig. Von außen ist diese unmissverständlich an den vier Abgasrohren mit jeweils 90-Millimeter-Durchmesser zu identifizieren – Understatement ist beim M 135 von hinten also Fehlanzeige.
PS-Freddies werden beim ersten Blick in die technischen Daten direkt Grund zum Meckern finden: Minus sechs PS und minus 50 Newtonmeter – im Vergleich zum Vorgänger lautet die ernüchternde Feststellung. Das liegt zum einen an Abgasanforderungen. Denn in anderen Märkten – beispielsweise Australien – leistet der Motor 317 PS. Und zum anderen am neuen Doppelkupplungsgetriebe mit geringerer Drehmomentresistenz. Denn auch in Australien sind beim M135 „nur noch“ 400 Newtonmeter möglich. Zudem steht der maximale Turbo-Druck nun 200 Touren weiter oben an und ein Gewichtsplus von rund einem halben Zentner kommt erschwerend hinzu.
BMW tituliert den M135 xDrive dennoch als das sportlichste Kompaktklassemodell – also nicht nur unter den 1ern. Das attestieren wir nach den ersten Metern bereits – okay, man hat es uns eingeredet. Der Motor hängt aber tatsächlich sehr gierig am Gas, dreht bis knapp vor die 7.000er-Marke, geht dann wie von der Trichterspinne gebissen (die gibt es in Australien, supergiftig) nach vorn und untermalt das mit einem etwas beliebigen Vierzylinder-Geplärre. Wie schön doch ein Sechszylinder jetzt (wieder) wäre, denkt sich da manch einer.
BMW M135 xDrive
Preis ab 56.200 € (brutto) R4/1.998 cm3 | 221 kW/300 PS 400 Nm ab 2.000 U/min | 7-Gang-DKG 250 km/h | 4,9 s WLTP-Verbrauch 8,3 S | 188 g/km Effizienz G Maße 4.361 x 1.800 x 1.459 mm Kofferabteil 380–1.200 Liter Versicherung HK 13 | VK 28 | TK 25 Wartung 2 Jahre/30.000 Garantie 2 Jahre
BMW M135 xDrive nur noch 300 PS
Ob die maximale Leistung nun aber bei 300, 306 oder 317 PS liegt, ist im Alltag also irrelevant. Auch das geringere Drehmoment ist nicht zu spüren – bestenfalls ist es messbar. Gestaffelt wird beim 135er nun nicht mehr per 8-Gang-Automatik, sondern via 7-Gang-Doppelkuppler – schade. Diese sieben Vorwärtsgänge sezieren die Kraft so, dass der Standard-Sprint in unter fünf Sekunden abgehandelt ist – übrigens identisch schnell wie bei der 17 PS stärkeren – nennen wir sie – „Australien-Version“. Um die volle Performance auszuschöpfen, besteht der BMW M135 xDrive nach alter Sitte allerdings auf preisintensives Super-Plus-Benzin. Oder man verzichtet beim Tanken von 95-oktanigem Sprit auf geschätzte rund 20 PS und landet bei nur noch 280.
Beim Fahren sollen nun Steifigkeitsmaßnahmen – die haben alle 1er erhalten – nochmals verbindlichere und rückmeldungsstärkere Fahreigenschaften an den Tag legen. Übersetzt kann man das kurz so zusammenfassen: das passt. Der M135 fährt sehr lebendig um Kurven, bleibt lange neutral und schiebt irgendwann über die Vorderachse. Wer es drauf anlegt, kann in den „My-Modes“ den Sport- oder Indivudual-Modus aktivieren und bei zeitweiser ESP-Abstinenz mit dem Heck spielen. Dann hilft sogar die mechanische Sperre an der Vorderachse, um sich im Extremfall „am eigenen Kragen“ aus der Miesere zu retten.
Und das Schöne: bei all der Sportlichkeit hat BMW nicht vergessen, den M135 auch langstreckentauglich zu machen. Der 49-Liter-Tank verspricht bei normaler Fahrweise eine Reichweite von knapp 600 Kilometer, die selbst mit den optional erhältlichen 19-Schmiedefelgen (1.500 Euro) in Würde absolviert werden können. Ab Werk steht der 135er auf hübschen 18-Zoll-Rädern – eine ziemlich perfekte Kombination. Das mechanisch geregelte, frequenz-selektive Dämpferpaket glättet grobe Schnitzer im Asphalt im Ansatz sanft, um hintenraus den Rest verbindlich, aber nicht unfair abzuwickeln. Mehr verlangen Fahrer eines Sport-Hatchback definitiv nicht – und soll laut BMW in dem Segment auch nicht erhältlich sein (Smiley).
Hochwertiges Interieur im BMW M135
Das Interieur wirkt aufgeräumt und unaufgeregt. Die Materialien und die Verarbeitung sind top – vor allem im Klassenvergleich. Das komplett neue und klavierlackfreie Armaturenbrett fühlt sich nach Premium an und untermalt den Eindruck mit den hochwertig anmutenden Echt-Alu-Einsätzen, die sich von hinten beleuchten lassen. Die Alu-Teile sind so aufwändig gefertigt – die Erklärung dazu ist eine eigene Geschichte wert – dass man getrost vom „German Over Engineering“ sprechen darf. Das große, geschwungene Display (eigentlich zwei mit 10,25 und 10,7 Zoll) beinhaltet alles Wissenswerte. Das Kombiinstrument lässt sich jedoch aus heutiger Sicht zu wenig individualisieren. Da sollte etwas mehr Schmackes beim Programmieren an den Tag gelegt werden – schafft ja sogar VW beim Golf.
Großen Wert legen die Bayern auf den vollständig lederfreien Innenraum (schaun mer mal, wann die Lederhosen dran sind) – wie jeder Automobilhersteller im Jahr 2024. Recyceltes Plastik lautet das Stichwort, von BMW schöner formuliert als „Econeer“. Das ist das neue Leder. Und es soll sich vor allem auch am Ende des Autolebens sinnvoll wiederverwenden lassen – soll, könnte, möchte ... Nachwachsende, hautschmeichelnde Naturmaterialien wären als Zusatzausstattung vielleicht auch eine Idee, die sich zudem gut ans Premiumklientel verkaufen ließe. Im M135 gibt es eh stets Alcantara ab Werk, bezogen auf Sportsitzen, die um den Zusatz „M“ für 750 Euro aufgewertet werden können und somit nochmal mehr Seitenhalt und eine ausziehbare Schenkelauflage bieten. Die Sitzposition ist gefällig, die Mittelarmlehne nicht verstellbar, daher ab und an störend.
Die Übersicht ist kompaktwagentypisch (schlecht), egal, ob man alleine unterwegs ist oder mit drei weiteren Insassen, die gut reinpassen. Ins Heck dürfen im Normalfall 380 Norm-Liter Gepäck – guter Durchschnitt also und kein Grund zum Beschweren. Den gibt es beim Basispreis. 56.200 Euro (brutto) werden für den BMW M135 xDrive fällig. Zur Reduzierung der Schnappatmung sei geschrieben: Die Ausstattung ist dann bereits gut. Mit an Bord: Viele M-spezifische Design-Merkmale wie die merkwürdig gestalteten Außenspiegelkappen. Das Navigationssystem ist mit dabei, das Harman-Kardon-Soundsystem mit zwölf Musiktröten – nein, es klingt echt gut. Die guten Serien-Sportsitze sind bereits mit einer Heizung versehen.
Als Extras sei das Premiumpaket für 1.800 Euro nahegelegt (u.a. Matrixlicht und induktives Handyladen), Lenkradheizung (200 Euro) und Gepäcknetz (200 Euro). Macht zusammen 59.100 Euro. Zum Vergleich: Ein VW Golf R – noch nicht ganz Premium, dafür aber 33 PS stärker – kommt mit ähnlicher Ausstattung auf 57.300 Euro, ein Mercedes AMG A35 auf 59.000 Euro. Und, um den Preis weiter zu relativieren: Wer einen BMW 123 xDrive mit 218 PS und ähnlicher Ausstattung wie beim M135 möchte, landet bei 52.000 Euro. Günstig gibt’s in der Leistungsklasse nicht mehr.
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