Audi A4 Avant 35 TFSI Test: Es geht auch mit weniger
Audi A4 Avant 35 TFSI Test: Es geht auch mit weniger
24.08.2023 10:09 Uhr | Lesezeit: 5 min
Der Audi A4 Avant ist ein veritabler Dienstwagen. Gutaussehend, geräumig, komfortabel, nach wie vor up to date und: Premium. Und sogar die Basis, der A4 Avant 35 TFSI, reicht eigentlich aus.
Bekanntermaßen dient der Firmenwagen vor allem einer Sache: dem Fortbewegen des Mitarbeiters während geschäftlicher Einsätze. Und, nicht ganz unwichtig und für "Dienstwagenberechtigte" vielleicht sogar interessanter: der Aspekt der Privatnutzung. So ist es legitim, den Dienstwagen irgendwie mit ins Gehalt einzubeziehen, das hilft dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber und letztendlich auch dem Staat, der damit Steuer(mehr)einnahmen generiert, auch wenn das immer wieder anders kolportiert wird.
Zudem ist die Dienstwagen-Regelung in Deutschland ein Segen für Marken wie Mercedes-Benz, BMW und Audi, aber auch Land Rover und Volvo. Und selbst hochpreisige VW-Modelle gehen deswegen in Deutschland weg – der VW Passat war gerade im Juli wieder die Nummer 1 in den Flotten. Genau diese Marken und Modelle sind im privaten Umfeld eher selten zu finden – und wenn, zumeist als Gebrauchte. So liegt der gewerbliche Anteil bei den Premiumherstellern je nach Modell nicht selten bei 85 Prozent. Das leuchtet ein, denn wer kann oder will sich privat einen Audi A4 Avant für 60.000 Euro brutto leisten? Das kommt schnell zusammen, wie das Beispiel unseres Audi A4 Avant 35 TFSI Advanced beweist – und dabei handelt es sich um die 150-PS-Basismotorisierung des Ingolstädters.
60.000 Euro für ein Auto schockt, je nach Umfeld, in der heutigen Zeit kaum mehr jemanden. Der durchschnittliche Preis der Automobile lag laut DAT im Jahr 2022 bei 42.790 Euro (brutto) und damit 5.000 Euro über dem Wert aus dem Jahr 2021. Und dabei handelt es sich nur um den Wert der Privatkunden-Fahrzeuge, die in der Regel günstiger sind als gewerblich zugelassene Fahrzeuge, die mittlerweile mehr als 70 Prozent der Neuwagenzulassungen ausmachen. Im Schnitt haben Autos anno 2023 rund 170 PS Leistung, auch getrieben durch den Zuwachs der Plug-in-Hybride und Elektrofahrzeuge, die selten an Leistungsmangel leiden. Da übt sich unser Audi A4 mit seinen 150 PS sichtbar in Verzicht. Macht aber nichts, denn die Kombination ist dennoch stimmig, selbst für Vielfahrer, doch dazu später mehr.
Audi A4 Avant 35 TFSI Advanced S-Tronic
Testwagenpreis: 61.690 Euro (brutto) R4/1.984 | 110 kW/150 PS | 270 Nm ab 1.350 U/min 7-Gang-DKG | 9,2 s | 210/219 km/h WLTP-Verbrauch: ab 6,2 S | ab 140 g/km Abmessungen: 4.762 x 1.847 x 1.435 mm Kofferraum: 495–1.495 Liter Versicherungsklassen: KH 14 | TK 23 | VK 22 Wartung: 2 Jahre/30.000 km Garantie: 2 Jahre
Audi A4: kein Wow-Effekt beim Design
Stimmig wirkt nach all den Jahren noch das Design des A4, der 2019 ein Facelift erhielt und seit 2015 als Modellreihe "B9" am Markt ist. Das Design war und ist, anders als Anfang der 2000er, als Audi auf dem absoluten Höhenflug war, zwar nicht mehr Wow, aber es passt dafür nach wie vor. Und es altert langsamer als das der Überflieger, deren Design zum Marktstart "alle" begeistert hatte und dann nach zwei Jahren alt erscheint.
18-Zoll-Räder helfen für einen gelungenen Auftritt – nicht nur aus optischen Gründen. In Kombination mit dem adaptiven Fahrwerk (1.230 Euro) macht das Fahren im Audi A4 35 TFSI nach wie vor Spaß. Der Kompromiss aus Dynamik und Komfort ist einstellbar nach Lust und Laune. Die Lenkung seziert die Straßen ziemlich genau und vermeldet akkurat, was unter dem Fahrzeug passiert.
Doch Obacht bei der Reifenwahl. Ab Werk sind alle A4 mit maximal 204 PS elektronisch auf 210 km/h limitiert. Diese Modelle haben Spritspar-Reifen montiert, was Audi veranlasst, die Bremse zu setzen. Die Alternative lautet "Sportreifen" und kostet teure 150 Euro Aufpreis. Damit gibt es die Freigabe, auch so schnell fahren zu können, wie der Motor zu leisten vermag. Im Falle des 35 TFSI sind das 9 km/h mehr. Verschmerzbar, falls man es vergessen haben sollte oder die 150 Euro sinnvoller ausgeben möchte – für ein Abendessen zum Beispiel. Wer 19 Zoll montiert, hat das Thema übrigens nicht. Dafür aber mindestens 1.850 Euro verschwendet.
Audi A4 35 TFSI mit Zweiliter-Vierzylinder
35 TFSI lautet die "Motorenbezeichnung", dabei ist jedoch nicht abzuleiten, um welchen Motor es sich handelt. Audi installiert, anders als die Konzerngeschwister, nicht den 1,5-Liter-Vierzylinder in der 150-PS-Klasse. Audi montiert den bewährten Zweiliter. Ein grundsolider Antrieb, der im Falle des 35 TFSI 270 Newtonmeter auf die Vorderachse überträgt. Und realistisch betrachtet, ist der A4 damit gut motorisiert. Lediglich Leistungsverwöhnte werden sich über Leistungsmangel beschweren – doch die meisten fahren eh übermotorisiert durch die Lande. Der Zweiliter besitzt eine ausgezeichnete Laufruhe und wird auch beim Ausdrehen nie aufdringlich laut. Eine Empfehlung ist zudem die Akustikverglasung für die vorderen Seitenscheiben, die gibt es für audiuntypisch günstige 150 Euro.
Verwaltet wird die Kraft bei allen noch erhältlichen A4-Modellen (ohne S/RS) von einem Siebengang-Doppelkuppler. Eine gute Kombination, wenngleich ab und an zu hektisch hin- und hergeschaltet wird. Verknüpft ist die Motor-Getriebe-Kombination mit einem 12-Volt-Mildhybridsystem, das mittels Mini-Lithium-Ionen-Akku und Riemenstartergenerator beim Spritsparen helfen soll. Am ehesten merkt man den milden Mildhybrid an der vorhandenen Segelfunktion, die im Alltag zwischen Stadttempo bis etwas oberhalb der Richtgeschwindigkeit ab und zu funktioniert, indem sie den Motor deaktiviert und den 1,6-Tonner in eine Art Segelfunktion versetzt. Tippt man das Gaspedal wieder an, springt sofort der Motor an und aktiviert auch die Motorbremse, sofern erwünscht. Etwas ruppiger oder auffälliger agiert das Motor-Start-Stopp-System an Ampeln, das ist nicht audifein.
Den Verbrauch geben die Süddeutschen mit mindestens 6,2 Litern an. Diesen Wert schafft man mit Zurückhaltung. Wer weniger drauf achtet, ist bei knapp sieben Litern, ein vernünftiger Wert. Wer eilig über die Autobahn fliegt, sollte mit etwa neun Litern rechnen.
Kommen wir zum Anfassen, Riechen. Fühlen, Hören, Spüren. All das gelingt im A4 bereits oberklassemäßig. Die Materialien sind top, die Fahrer-Sitzposition formidabel, die Übersicht vergleichsweise gut, das Platzangebot ohne Tadel und das Gesamterlebnis gelungen. Zwar hat Audi im Zuge des Facelifts ein paar Details weggespart, wie den auf der Mittelkonsole montierten Dreh-Drück-Steller. Echte Tasten und Regler für die Klimabedienung helfen aber nach wie vor, diese ohne Blickkontakt bedienen zu können, und die Lenkradtasten machen ebenfalls stets das, was sie tun sollen.
Nicht ganz perfekt agiert das Virtual Cockpit. Hier gefällt das serienmäßige mit großem Bordcomputer in der Mitte besser und spart 600 Euro. Ebenfalls nicht immer ideal funktioniert das Head-up-Display für 980 Euro. So ist es mit polarisierten Sonnenbrillen kaum ablesbar. Wer oft mit Sonnenbrille unterwegs ist, sollte das berücksichtigen. Die Sportsitze (ab 375 Euro) sind auch auf der Langstrecke sehr komfortabel und bieten einen weiten Einstellbereich.
Wer Kombi sagt, möchte meist einen großen Kofferraum haben. 500 Liter passen unter das Rollo. Damit rangiert dieser Kombi bestenfalls im Mittelfeld. Wer alles umklappt, was einfach funktioniert, erntet 1.500 Liter – Lifestyle-Kombi eben. Das Leben des Audi A4 mit der internen Bezeichnung B9 endet bald. Zu merken ist das daran, dass die Sechszylinder nicht mehr erhältlich sind, es sei denn, man wählt den RS4. Auch der Audi S6 TDI ist bereits nicht mehr frei konfigurierbar. Und dennoch ist die Mittelklasse der Ingolstädter eine unprätentiöse Erscheinung mit dem Potenzial, auch die kommenden Jahre gefallen zu können, selbst mit dem Basisbenziner.
Die qualifizierte Meinung unserer Leser zu allen Branchenthemen ist ausdrücklich erwünscht. Bitte achten Sie bei Ihren Kommentaren auf die Netiquette, um allen Teilnehmern eine angenehme Kommunikation zu ermöglichen. Vielen Dank!
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