Luxusautos sind nach wie vor gefragt. Nicht unbedingt in deutschen Chefetagen. Und noch immer sind Mercedes S-Klasse, BMW 7er und Audi A8 für viele – egal welcher Herkunft – die drei attraktivsten Vertreter. Lexus LS, Cadillac CT 6 und Genesis G90 stellen veritable Alternativen dar. Dabei kann es um den vielbeschworenen „Wiederverkauf“ wohl kaum gehen. Denn das gleich vorweg: Unser Testwagen, der Audi A8 50 TDI Quattro ist nach drei Jahren und 120.000 Kilometern laut DAT-Berechnung noch 32,4 Prozent wert. Auch darin spiegelt sich also wahrer Luxus wider. Doch der Absatzmarkt in diesem Segment tanzt sowieso auf anderen Partys – viele finden in Asien und der arabischen Welt statt. In Russland tanzt man nun wieder verstärkt Kamarinskaya und fährt Aurus – die Nobelmarke aus Russland.
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Den regionalen Zielgruppenwandel visualisiert derzeit keiner stärker als BMW mit dem neuen 7er. Genug Alternativen gibt es aber. Denn auch das Luxussegment diversifiziert sich zunehmend. So knabbern nicht nur die sportlicher gezeichneten Audi A7, BMW 8er, Mercedes AMG GT und Porsche Panamera am Kuchen, sondern am obersten Ende auch Rolls Royce und Bentley und irgendwo dazwischen auch Maserati mit dem Quattroprote – und alle zusehends erfolgreicher, zumindest außerhalb Europas.
Bei all den genannten Fahrzeugen mutet der Audi A8 anno 2023 fast langweilig an. Selbst direkt vor einem stehend, vermittelt der die Luxuslimousine, die bei 100.000 Euro (brutto) erst startet, wenig Blingbling und mehr Wanne-Eikel; und nach Fünfmeterneunzehn, gemessen vom Bug bis zum Heck, sieht sie auch nicht aus. Der A8 wirkt eher wie ein aus dem Leim gegangener Audi A6. Das soll keine Designkritik sein. Ganz im Gegenteil. Es ist schön zu sehen, dass es noch immer noble Automobile gibt, die nicht auf Effekthascherei via ultraauffälliger oder skurriler Linien setzen. Den Vogel in dieser Hinsicht hat BMW mit der beleuchteten Niere im 7er abgeschossen. Der Audi strahlt zurückhaltende Noblesse aus.
Doch schaut man genauer hin, ist der A8 ist nicht nur optisch zurückhaltend. Er bietet mit passender Sehstärke betrachtet auch kaum Mehrwert im Vergleich zum ein Jahr jüngeren und 25 Zentimeter kürzeren Audi A6. Beide bieten vier Insassen opulente Platzverhältnisse. Der Kleinere hat sogar den größeren Kofferraum – ja, darauf kommt es nicht an. Und ob man nun auf der Rückbank die Beine übereinanderschlagen könnte oder gerade so nicht, ist wohl für die allermeisten ebenso wenig der Kaufgrund. Denn, und das ist Fakt: Einen Fahrer haben in unseren Gefilden die wenigsten A8-Besitzer.
Wie es der Zufall wollte, haben wir auf einer Autobahnetappe genau diese Konstellation über einen längeren Zeitraum erleben dürfen. Eine feine Dame und ein eleganter Herr – beide gesetzteren Alters – ließen sich im Karlsruher-Audi-A8 flott über die A3 chauffieren. Tempo 180 war angemessen und das abendliche Zeitunglesen mit Hilfe der 250 Euro teuren Matrix-LED-Leselampen problemlos möglich. Ein in Deutschland eher seltener Anblick. Aber genau für diesen Einsatzzweck ist der A8 prädestiniert. Denn Selbstfahrer mit Spaß am Fahren – diesen unterstelle ich den Käufern bei einem 100.000- Euro-Plus-Fahrzeug – finden in einem A6 den handlicheren und nicht weniger komfortablen Kilometerfresser.
Die Basisversion des A8 stellt der gefahrene 50 TDI dar – preislich bedeutet das die angerissenen 100.000 Euro (brutto). Er bleibt, um genau zu sein, 100 Euro unter der magischen Schwelle – Makulatur. Wer Luxus haben möchte, packt in jedem Fall noch was obendrauf. Unsere Empfehlungen sind in der Preisübersicht zu sehen. Für unseren Testwagen wären ziemlich genau 130.000 Euro fällig gewesen. Kurzer Schwenk zurück zum A6. Den gibt es mit identischen Ausstattungsdetails ebenfalls. Wer analog konfiguriert, „spart“ in etwa 22.000 Euro netto oder 26.000 Euro brutto. Das ist dann durchaus eine Hausnummer – auch in dieser luftigen Höhe.
Ist der Unterschied beim Platzangebot zwar zu spüren, aber gerade für Selbstfahrer irrelevant, sieht die Sache beim Fahren anders aus. Hier schlägt normalerweise die Stunde der langen Radstände (Länge läuft), der komfortablen Fahrwerksabstimmung (Luftfederung serienmäßig) und des niedrigen Geräuschniveaus (Akustikverglasung als Option erhältlich). Doch der Unterschied ist bestenfalls im direkten Vergleich zu spüren. Denn auch den kleinere A6 gibt es mit all den Komfortdetails des A8. Dass dieser mit 2,1 Tonnen trotz viel Aluminium 200 Kilogramm schwerer ist als der A6, hilft ihm beim Federn nicht wirklich. Klar, komfortabel ist die größte Audi-Limousine. Aber irgendwie haben wir mehr erwartet. Vor allem unter dem Aspekt, dass mit 19-Zoll-Winterreifen die zweit-kleinste Möglichkeit montiert war.
Der Sechszylinder-Diesel grummelt sanft-weich im Bug und vermittelt eine dezente Gelassenheit. Er ist kaum wahrnehmbar und passt perfekt zum großen Audi. Eine latente Anfahr-Gedenksekunde attestiert man ihm wohl erst seitdem man überwiegend in Elektroautos unterwegs ist. Wer nun genau das als Vorteil der E-Mobilität sieht, liegt richtig. Doch wenn man ehrlich ist, stört die Gedenksekunde in etwa so viel wie die Wartezeit beim Drücken auf den grünen Knopf am Handy bis zum ersten Freizeichen. Der Vorteil des Dreiliter-Selbstzünders in genau diesem Auto: Er frisst Kilometer und ist somit ein Fahrzeug und kein E-Auto-Stehzeug mit 10.000 Kilometern im Jahr. Die Strecke könnte man im A8 in einer Woche fahren. 1.300 waren es bei uns an einem Dienstag. Frankfurt-Hamburg, Vierstunden-Termin und weiter, Hamburg-München. Klar sind die Ausnahmen und die wenigsten Menschen werden sich das antun. Aber es funktioniert. Aber eben nur mit einem Verbrenner – auch in Zukunft.
Der Verbrauch auf der Strecke? Bei Maximaltempo 180 knapp unter acht Litern – mit dem 82-Liter-Tank (Ad-Blue sind 24 Liter) sind 1000-Kilometer-Touren locker möglich. Bei Winterreifen-bedingter Limitierung auf Tacho 220 sind es zehn Liter. Aus Kostensicht bedeutet das rund 18 Euro auf 100 Kilometer Kraftstoffkosten. Mit einem E-Auto wäre der Betrag leicht höher (Verbrauch bei rund 45 kWh zu CCS-Ladepreise zwischen 50 und 80 Cent) und man würde alle 150 Kilometer an der Ladesäule für gut 30 Minuten verweilen – also wohl sechs bis acht Ladestopps, macht zusammen etwa vier Stunden Ladezeit. Klar, das ist ein Extrembeispiel und die Emissionen sind nicht einberechnet und das ist nur in Deutschland machbar … aber es geht. Und manch einem macht es sogar Spaß – wo wir wieder beim Thema Selbstfahrer sind.
Kommen wir vom Spaß zum Komfort: Die Luftfederung ist im A8 obligatorisch. Wie seit eh und je, sind die Vorteile dieses Systems beim Fahrkomfort im Vergleich zu einem sehr guten Stahlfahrwerk nicht vorhanden. Aus welchem Grund auch immer hatte der Testwagen die „Adaptive Air Suspension Sport“ für 690 Euro extra an Bord. Der Vorteil der vier Luftbälge liegt eher in der jederzeit identischen Straßenlage, also auch dann, wenn das Fahrzeug voll beladen ist oder einen Anhänger zieht oder man die Standhöhe verstellen möchte (Garageneinfahrt, Bordstein) – leider ist ein Positionsmarker setzen, wie beim Porsche Taycan, nicht möglich. Der merkt sich, wo er sich um ein paar Zentimeter anheben soll und man muss nicht selbst dran denken und setzt nicht auf. Alles nice to have, und nichts mehr. Tatsächlich sinnvoll ist die „Dynamik-Allradlenkung“, sie verkleinert den Wendekreis und damit das Zirkeln mit dem Zweimeter-Trumm in Innenstädten um maximal 1,1 Meter auf kleine 11,4 Meter.
Die Windgeräusche im A8 sind erwartungsgemäß niedrig, die Doppelverglasung trägt ihren Teil dazu bei. Ablenkung verschafft zudem die optional erhältliche „kleine“ Bang&Olufsen-Soundanlage – eigentlich ein Muss in dem Audi. Innen fühlt man sich ein wenig wie in einer Trutzburg. Viel passieren kann einem hier nicht – so das Gefühl. Dass man stets Herr der Lage bleibt, hat Audi so ein paar Schmankerl im Programm. Das Head-up-Display für 1.168 Euro ist nichts Besonderes und doch eine Empfehlung, erübrigt sich damit eigentlich der Blick aufs Virtual Cockpit, dessen Vorteile einem gerade bei einem so hochpreisigen Automobil im Vergleich zu einer feinen Analoganzeige nicht erschließen. Warum sind die teuersten Uhren noch immer Analoguhren? Richtig, weil es hochwertiger ist als irgendwelche Pixel, die in einem Dacia noch zukunftweisend wirken.
Ein durchaus interessantes Extra ist das Digitale-Matrix-Licht. Serienmäßig besitzt der A8 bereits HD-Matrix-Scheinwerfer. Wer jedoch 1.529 Euro tiefer in die Tasche greift, erhält nicht nur die feinere Lichtauflösung (die ist verzichtbar) und zeichnet eine Lichtsignatur beim Kommen und Gehen auf die Straße (das ist Albern und kann abgestellt werden), aber es markiert auf der Autobahn die genutzte Fahrspur nochmals heller, ohne andere Verkehrsteilnehmer zu stören. Was sich belanglos anhört, sorgt in der Realität bei Nachtfahrten dafür, dass die Augen nicht so schnell ermüden und man sich wacher fühlt. Ob dieses Extra das Geld wert ist, lassen wir mal unbeantwortet.
Apropos beantworten. Die Antworten bei Spracheingaben sind teils fragwürdig – nicht nur für diese Preisklasse. Hier wird klar, was Markteinführung im Jahr 2017 auch bedeutet: Einige Dinge sind veraltet. Das hat aber auch wieder positive Seiten. Denn die Bedienung gelingt für ein Luxusautomobil vergleichsweise gut und intuitiv.
Dass die so oft hochgelobte Verarbeitung von Audi bei unserem Testexemplar nicht überall zutraf, werten wir mal als Einzelfall. Als Kunde sollte man jedoch nicht sauber verlaufende Fugen am Armaturenträger monieren. Am schwarzen Klavierlack – der extrem schnell einstaubt – kann man qua Bestellung etwas ändern, an den Fettfingerabdrücke auf den Displays nicht, das liegt am Menschen – und der muss halt ab und an drüberwischen.
So müssen also auch die Fahrer von Luxusautomobilen ab und an noch selbst Hand anlegen – sofern sie niemanden haben, der für sie fährt. Dann kann man aber auch gleich den A6 wählen. Den Unterschied sieht eh kaum jemand.