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Audi SQ2: Wenn Verzicht nicht danach schmeckt

18.07.2023 12:00 Uhr | Lesezeit: 4 min
Der Audi SQ2 kann mit silberfarbenen Akzenten (wie im Foto) sportlich aggressiv aussehen oder aber dunkel-dezent mit dem „Exterieurpaket für 1.560 Euro. Dann sind alle silbernen Akzente geschwärzt.
© Foto: Michael Blumenstein

Mehr: Platz, PS, Sicherheit, Konnektivität, Luxus. Beim "Neuen" wollen wir von allem mehr. Mit dem Audi SQ2 zeigen die Ingolstädter (zum letzten Mal), dass klein nicht wenig bedeutet.

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Wir sind selbst dran schuld: Denn es gibt nicht zu wenig Parkplätze, es gibt zu viele Autos. Besaß im Jahr 2010 noch jeder zweite in Deutschland ein Auto (509 Autos auf 1.000 Bewohner), sind es aktuell 580 von 1.000. Im Jahr 1980 waren es 380. Und wahrscheinlich kennen es viele "von früher": In den Wohngebieten parkten damals kaum Autos auf den Straßen, die meisten standen im Hof und in Garagen. Heute stehen sie noch immer in Garagen und Einfahrten und zusätzlich auf den Straßen. Und dort stehen nun keine 3,50-Meter-VW-Polo mehr, sondern Polo, die 40 Zentimeter länger und 20 Zentimeter breiter sind und damit noch immer zu den Kleinsten gehören. Und ein Wachstumsende ist nicht in Sicht.



Wir schreiben das Jahr 2023 und der neue 5er von BMW misst 5,06 Meter – zehn Zentimeter mehr als bislang. Und Deutschland fabuliert zur selben Zeit vom Verzicht. Der ist offensichtlich weder bei der Automobilindustrie noch beim Kunden angekommen. Zum Vergleich: Die Mercedes S-Klasse aus den 1990ern, der W140, wurde als Panzer verschrien. Mit 5,11 Meter Länge und 1,89 Metern Breite ist er kaum länger als ein aktueller 5er und sogar einen guten Zentimeter schlanker. Oftmals liegt die gefühlte Enge auch nicht am Fahrzeug, sondern am Insassen. Aber das ist ein anderes Thema.

Audi SQ2: Es ist kein Verzicht, 4,21 Meter zu fahren

Krallen wir uns also nicht so sehr am Segment fest. Es bedeutet heute nicht mehr Verzicht, nur weil man eine Klasse niedriger wählt – egal, was der Nachbar denkt. Vielfach ist das sogar schlauer. Denn, und das merkt jeder jeden Tag: Die Parkplatzsuche verlängert sich fast exponentiell mit jedem Zentimeter Auto. Die „alten“ Parkhäuser haben nicht ohne Grund Kriegsbemalungen an den Wänden, Bordsteinen und Pollern – die tragen die Folgen des Wachstums an der Außenhaut. Und selbst wenn der Verkehr fließt, entspannt es, sich stressfrei durch diesen zu mogeln, was mit weniger Auto besser gelingt.

Ein Paradebeispiel ist der Audi Q2. Mit 4,21 Zentimetern ist er kürzer als ein Golf, bietet innen nur wenig weniger Platz und gehört sogar der beliebten Klasse der SUV an, wenngleich man ihn nicht zwingend als solchen definieren muss. Denn Offroad-Anleihen hat er wenige. Da im Schnitt nicht einmal 1,5 Personen im Auto unterwegs sind, ist das Platzangebot meist gigantisch. Und selbst wenn man mal zu viert fahren muss, gelingt das – erstaunlicherweise.

Die Sitze vorn sind zwar nicht außergewöhnlich gut verstellbar, aber die Kontur passt und stellt einen vernünftigen Kompromiss aus Kurvenunterstützung und Langstreckenkomfort dar. Als Bezug kann der Kunde zwischen Stoff, Alcantara und Leder (1.220 Euro Aufpreis) wählen. Die Position hinter dem (stets unbeheizten) Volant fühlt sich gut an. Man sitzt im SQ2 integriert und hat dennoch eine gut Übersicht nach vorn. Nach schräg hinten sieht man wegen der fetten C-Säule arg wenig.


Audi SQ2

Testwagenpreis: 62.660 € (brutto)
R4/1.984 cm3 | 221 kW/300 PS | 400 Nm ab 2.000 U/min
7-Gang-DKG | 4,9 s | 250 km/h 
WLTP: 8,4 S | 190 g/km
Abmessungen: 4.216 x 1.802 x 1.495 mm
Kofferraum: 335–1.000 l
Versicherung KH: 16 | TK: 23 | VK: 20
Wartung: jährlich/30.000 km (erste nach 2 Jahren)
Garantie: 2 Jahre



Audi SQ2: kein Touchscreen

Kommen wir zur Generation X: Wieso das? Na weil im Audi SQ2 nicht getoucht, geswiped oder gescrollt wird. Wie ungewöhnlich das ist merkt man, wenn man direkt nach dem Einsteigen auf den 8,3 Zoll kleinen Bildschirm drückt. Es passiert nichts. Dafür aber via Dreh-Drücksteller in der Mittelkonsole und den Schaltern drum herum. Und oh Wunder: Es funktioniert nach einer Eingewöhnung gar nicht mal schlecht. Viele Dinge der Kommunikation sind mittels Apple Carplay möglich (Sprache). Das Handy muss dazu allerdings per Kabel mit dem Auto verbunden sein.

Wenig digitalisiert ist auch der Tacho im Serientrimm. Der SQ2 besitzt nur gegen Aufpreis das Digital-Instrument. Wir empfehlen jedoch 95 Euro weniger, nämlich 255 Euro, für das Audi Soundsystem auszugeben. Es erweist sich als klangstark und fair eingepreist. Wer mehr will, könnte mit dem Sonos-Sound für 790 Euro liebäugeln. Ein gutes Klangpaket kann die zum Teil lauten Windgeräusche in den Hintergrund drücken. Die entstehen bei flotter Autobahnfahrt und erinnern wieder daran, dass man in einem Kleinwagen unterwegs ist. Drive Select nennt Audi den serienmäßig vorhandenen Modi-Schalter, der Einfluss auf Lenkkräfte, Aktivität des Doppelkupplungsgetriebes und beispielsweise den Motorsound hat. Ganz ehrlich: braucht kein Mensch. Vor allem der künstlich erzeugte Motorsound, der über die Lautsprecher den Innenraum beschallt, ist peinlich. Schön ist gerade, dass der SQ2 trotz immenser Kraft sehr unauffällig bewegt werden kann. Lediglich beim Ausdrehen klingt der Vierzylinder angestrengt, doch Touren jenseits der 6.000er-Marke sind kaum vonnöten.

Blauer Audi SQ2 fahrend von der Seite vor gruener Wiese
Mit 4,21 Metern gehört der Audi SQ2 zu den wirklich kompakten Sportlern.
© Foto: Michael Blumenstein

Audi SQ2: das Fahrwerk

Das Fahrwerk des Audi SQ2 ist stets analog. In der Stadt stolpert der Mini-Sportler manches Mal über seine beim Testwagen montierten 19-Zoll-Räder (Serie 18), auf der Autobahn und auf der Landstraße passen sie hingegen wie handgemachte Sneaker zum Anzug und die 300 PS erweisen sich als perfekte Motorisierung. Schnell beim Sprint (unter fünf Sekunden), schnell im Antritt und wer es drauf anlegt, ist mit acht Litern unterwegs. Schnellfahrer benötigen eher elf und sind dann richtig schnell unterwegs. Seinen Teil zum guten Gefühl trägt der nach dem Haldexprinzip arbeitende Allradantrieb bei. Entsteht etwa ein kurzer (spürbarer) Schlupf an der Vorderachse, werden bis zu 50 Prozent der Antriebskraft nach hinten geleitet. Dass das nicht der Weisheit letzter Schluss beim Thema Fahrdynamik ist, ist bekannt und so schiebt der mit gut 1.600 Kilogramm Gewicht leicht adipös wirkende Zwerg aus Ingolstadt auch mal über die Vorderachse. Der Quattroantrieb, der blau illuminiert im Innenraum proklamiert wird, bietet dennoch ein deutlich erhöhtes Maß an aktiver Fahrsicherheit.  

Das Siebengang-DSG portioniert die 400 Newtonmeter souverän, auch wenn es beim Anfahren schonmal vollkommene Harmonie vermissen lässt. Eine Segelfunktion gibt es, dann geht die Drehzahl im Schubbetrieb auf Standgas runter. Durch Antippen der Schaltwippen (110 Euro) am Lenkrad wird der passende Gang wieder eingelegt und die Motorbremse greift wieder.


+ Klein
+ Traktion
+ Spaßgarantie

– Windgeräusche
– (Zu) straff in der City
– Schiebt über die Vorderachse



Im Audi SQ2 kosten (alle) Assistenzsysteme extra

Dass der Q2 per se ein altes Auto ist, sieht man daran, dass sämtliche Assistenzsysteme hinzubestellt werden müssten. Oder man einfach froh ist, diese nicht an Bord zu haben. Ein klassischer Tempomat sollte es indes schon sein: Macht bei Audi 280 unverschämte Euro. Hinzu kommt, dass dieser bis 80 km/h nur Fünfer-Schritte kennt und darüber gar nur Zehner-Schritte.

Audi ist bekannt, hochpreisig zu sein. Und 50.000 Euro muten auch für den SQ2 in der Basisversion viel an. Doch hier schlägt die Stunde des Ingolstädters. Denn wer ein ähnlich motorisiertes Klein- oder Kompaktmodell sucht, kommt fast nicht günstiger weg – Elektrofahrzeuge mit ihrer Kurzzeitleistung lassen wir mal außen vor. Ein Golf R (320 PS) kostet 55.000 Euro, eben so viel wie ein BMW 135i. Ein VW T-Roc R (300 PS) startet bei 51.135 Euro (ja, mit deutlich besserer Ausstattung), ein Cupra Leon oder ein Hyundai i30 N sind zwar günstiger, haben jedoch Frontantrieb. Und viel mehr ist da nicht.

Wer nun denkt, dass die Deutschen ganz oben beim Autobesitz stehen, täuscht sich. Laut Statistischem Bundesamt gab es im Jahr 2021 zwar 580 Autos pro 1.000 Einwohner in Deutschland. Damit rangiert Deutschland jedoch nur auf Platz 8 in der EU. Luxemburger (682), Italiener (670) und Polen (664) haben häufiger ein Auto; die Rumänen mit 379 Autos pro 1.000 Einwohner am wenigsten. Doch verzichten wollen die Deutschen kaum, was an den Top-Ten-Modellen der Zulassungsstatistik immer wieder deutlich wird. Gerade auch bei den Dienstwagen ist der Neue selten kleiner. Mit dem Audi SQ2 könnte ein Anfang gemacht werden – zumindest bei den Abmessungen. Zugreifen lohnt sich, denn auch Audi verabschiedet sich peu à peu aus den kleinen Fahrzeugsegmenten – schade.


DAT-Restwert-Prognose des Testwagens bei 36 Monats-Leasing

15.000 km/Jahr: 48,2 %
25.000 km/Jahr: 42,8 %
40.000 km/Jahr: 35,9 %



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