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Neuer BMW 5er: Eilige Chefsache

09.09.2016 05:40 Uhr
Neuer BMW 5er: Eilige Chefsache
Der Bayer fürs Business: Der neue BMW 5er startet 2017.
© Foto: BMW

Damit der 5er seine Führungsrolle in der Business-Klasse auch in der neuen Generation verteidigt, setzt BMW auf eine alte Tugend: den Fahrspaß. Die erste Fahrt im Prototypen zeigt, dass die Bayern damit nicht ganz daneben liegen.

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Von Benjamin Bessinger/SP-X

Links Schafe, rechts Schafe, im Rückspiegel Schafe und am Horizont auch – viel zu sehen gibt es auf den einsamen Landstraßen hier nicht. Erst recht keine anderen Autos. Aber genau deshalb ist Jos van As in dieser unwirtlichen Gegend unterwegs. Er leitet die Integration der Fahrwerksentwicklung, ist damit so etwas wie der Chef der Fahrdynamik bei BMW und jagt gerade mit einer Flotte neuer 5er durch das regnerische Nirgendwo im hintersten Zipfel von Wales. Ein halbes Jahr, bevor die Münchner auf der Motorshow in Detroit das Tuch von der neuen Modellgeneration ziehen, arbeitet er hier mit den getarnten Prototypen an einer Eigenschaft, die den 5er zur erfolgreichsten Business-Class-Limousine der Welt gemacht hat: der Fahrdynamik. Denn kein Konkurrent, so wollen es die Bayern ihre Kunden zumindest glauben machen, lässt sich so engagiert, so sportlich und so lustvoll über die Straßen treiben, wie das Modell aus München.

Natürlich sieht auch van As den 5er eher auf der Autobahn, auf großen breiten Magistralen und in den Häuserschluchten der Großstädte und glaubt kaum, dass sich die neue Limousine sehr häufig hierher verirren wird, wenn sie erst einmal das Tarnkleid der Vorserienmodelle abgelegt hat und in die Hände der Fahrer gelangt. Doch der Chefdynamiker braucht diese schlechten Straßen, um ein gutes Auto zu bauen. Denn auf aalglatten Asphaltpisten macht jede Limousine eine gute Figur. Aber hier oben auf den schlampig geflickten Nebensträßchen mit tiefen Spurrillen, üblen Verwerfungen, Bodenwellen und allen möglichen Anregungen, da trennt sich für van As die Spreu vom Weizen. Und ein bisschen Einsamkeit bei der Arbeit mit den Vorserienautos kann auch nicht schaden.

Denn viel wollen die Bayern so früh vor der Premiere noch nicht über ihren kommenden Bestseller verraten. Dabei muss man sich nur den Siebener anschauen, dann weiß man, wie der im Format fast unveränderte 5er aussehen wird. Das gilt für das nur mäßig weiterentwickelte Design genauso wie für die Technik unter dem Blech. Nur den Karbon-Kern in der Karosserie übernimmt der 5er nicht, weil der offenbar für die großen Stückzahlen noch zu teuer ist. Stattdessen nutzt er unter anderem ein Leichtbaufahrwerk und die neuen Motoren, um bis zu 100 Kilo abzuspecken.

Es gibt vom Start weg Heck- oder Allradantrieb, ein halbes Dutzend Lenkungs- und Fahrwerkskonfigurationen und die bekannten Vier- und Sechszylinder, denen später ein paar spitzer positionierte Motorvarianten zur Seite gestellt werden: Der Plug-in-Hybrid für technologisch ambitionierte Sparer, ein V8 für Genießer und der M5 für Sportler zum Beispiel. Außerdem wird schon kurz nach der Limousine wieder ein Kombi folgen – und auch der wenig erbauliche, aber dafür umso einträglichere 5er GT geht in die Verlängerung und macht das Trio vermutlich zur IAA im Herbst 2017 komplett.

Verkappter Sportwagen

Wenn die BMW-Entwickler hier oben im einsamen Wales ausnahmsweise mal den Platz hinter dem Lenkrad räumen und schon Monate vor der ersten offiziellen Testfahrt einen Gast ans Steuer lassen, dann spürt man das Ergebnis ihrer Arbeit auf den ersten Metern. Der neue 5er fühlt sich auf den engen Straßen tatsächlich engagierter an als seine Konkurrenten und schürt ein Feuer im Fahrer, als wäre er ein verkappter Sportwagen, den man nur widerwillig in das Gewand einer Limousine gesteckt hat. Die Lenkung direkt, das Fahrwerk stramm, die Karosserie steif, der Aufbau ruhig – so schnürt der Bayer fürs Business durch Britannien und lässt einen fast vergessen, dass man in einem Fünf-Meter-Auto von knapp zwei Tonnen sitzt. Und wenn die Straße doch mal etwas breiter wird, die Kurven weiter sind und man ausnahmsweise bis zum Horizont sehen kann, dann lässt sich das Auto auch entspannt bewegen und man spürt dieses Grundvertrauen, das die Vielfahrer bei ihren Vollgasritten auf der Autobahn so schätzen.

Viel Einstellen muss man dafür nicht. Zwar hat der 5er von der adaptiven Dämpfung über die Progressivlenkung und die mitlenkende Hinterachse bis hin zur Wankstabilisierung alles, was die Fahrwerkstechnik an Finessen hergibt. Und natürlich lässt sich jedes der Systeme individuell konfigurieren. Doch erstens predigt van As einen sehr traditionellen Ansatz und legt Wert darauf, dass die mechanische Grundauslegung gesund ist, weil man sonst mit der ganzen Elektronik nur kuriert und kaschiert. Und zweitens gibt es am bekannten Fahrerlebnis-Schalter nun einen so genannten Adaptive-Mode, der sich ziemlich zuverlässig selbst dem Fahrstil anpasst und dabei nicht nur auf den Fahrer schaut, sondern auch die Navigationsdaten mit einbezieht.

Natürlich wissen sie auch bei BMW, dass die Fahrdynamik in diesen Tagen nicht mehr die wichtigste Tugend eines Autos ist, selbst wenn sie die Freude am Fahren noch immer als Motto der Marke feiern. Technisch eng verwandt mit dem vor Jahresfrist eingeführten Siebener bekommt auch der 5er deshalb das gesamte Komfort- und Assistenzpaket des Flaggschiffs, ein digitales Cockpit samt Gestensteuerung und einen Autopiloten mit noch mehr Autonomie.  Doch van As ist davon überzeugt, dass seine Arbeit am Ende den Unterschied machen wird. Denn Assistenzsysteme, Infotainment und all die modernen Gimmicks bieten erstens viele Hersteller und sind zweitens verwechselbar, weil sie meist doch von den gleichen Zulieferern kommen. "Aber wenn man die Augen schließt und sich nur auf seine anderen Sinne verlässt, dann ist es am Ende unsere Arbeit, die einen diese Limousine als typischen BMW erkennen lässt."

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