_ Dem neuen Trio des Golf Variant muss man vertrauen. Okay, beim GTD kostet dies keinerlei große Überwindung, es sei denn, man will partout die proklamierten 1.000 Kilometer in Angriff nehmen, die im Tank vorrätig sind - bei moderater Fahrt und idealen Bedingungen. Aber einen GTD will man nicht bloß rollen lassen, er soll das Herz zum Rasen bringen - zumindest ein wenig. Und da erstmalig auch der Kombi die sportlichen Gene sowie das legendäre Karodesign der Sitzbezüge der Tuningmarke erhält, geht es hier gar nicht darum, möglichst nah am Normverbrauch von 4,4 Litern zu bleiben.
Auf der kurzen Testtour vereinte der im Gegensatz zu den neuen Golf-Ablegern Alltrack und R Variant nicht allradbetriebene Kombi einen immensen Drang nach vorn, gepaart mit absolut souveräner Kurvenlage. Das Fahrwerk ist stets Herr der Lage, allein das typische, leichte Zögern des Selbstzünders mindert beim Sprinten leicht den Spaß. Das übernimmt dann der Bruder mit dem rassigen "R" im Namen. Wobei "R" hier durchaus für "röhrend" stehen kann.
Erster R-Kombi
Die vier Auspuffrohre haben voll zu tun, wenn der R über die großen vorderen Einlässe Luft einatmet und die 2,0-Liter-Maschine daraus bis zu 300 PS Leistung formt. Ob man ihn wirklich in einer Flotte sehen wird, bleibt eine spannende Frage. Indes gibt es für seinen Einsatzort nur eine ultimative Antwort: die Rennstrecke.
So viel Vollgas - in einem Drehzahlband von 1.800 bis 5.500 U/min stehen 380 Nm parat - haben Sie vermutlich selten mit aus der Kurve genommen, wenn Sie den Kraftriesen einmal selbst testen. Dem ersten Kombi der R-Serie hilft die typengegebene Gewichtsverteilung beim Austarieren zwischen Front und Heck. Den Kurvenstabilisator ESC kann man auf "Race"-Einstellung abmildern oder komplett deaktivieren. Aber so ein Driften braucht Können und Vertrauen in die Technik. Ist beides vorhanden, dann hätte der stets vorwärtsdrängende Niedersachse einen Gastauftritt in der Kino-Rennserie "Fast & Furiuos" verdient.
Schieflage gewollt
Eher in die Kulisse von "Jenseits von Afrika" passt der dritte Neuling, der Golf Alltrack, den es nur als Kombi gibt. Er liegt 20 Millimeter höher als der klassische Variant und nutzt den Spielraum konsequent aus. Auch die extreme Steigung im Testgelände fordert den Vierfüßler nur wenig. Die Haldexkupplung bringt zwischen null und 100 Prozent der Power von der Front ans Heck. Am Gipfel hat man nur kurz das Gefühl, gerade in der Achterbahn zu sitzen: Die Lore kippt und gleich rast man mit magenunverträglichem Speed gen Boden.
Es passiert nämlich genau das Gegenteil. Der Fahrer bremst den rollenden Niedersachsen auf eine Geschwindigkeit bis maximal 30 Stundenkilometer ein und das Bremssystem merkt sich dieses Tempo. Ohne die Bremse zu treten, tastet sich nun der Alltrack mit dieser Geschwindigkeit bergab.
Als Spaßbremse für das Golf-Trio erweist sich allein der Blick auf die Preisliste, aber der sollte differenziert ausfallen. Der 184 PS starke GTD Variant kostet in der Grundversion 26.870 Euro, was gegenüber der GTD-Limousine einem Kombi-Aufschlag von 1.430 Euro entspricht. An Bord hat der Niedersachse aber unter anderem Multifunktionslenkrad, Pedale in Edelstahl, Sportsitze (vorn), Climatronic, Parkpilot (vorn und hinten) und Multifunktionsanzeige. Das Business-Premium-Paket mit Tempomat, Netztrennwand und Navigation kosten für den Variant nochmal 924 Euro extra. Eine schwenkbare Anhängerkupplung ist für 718 Euro zu haben.
Alltrack-Elemente
Als Topmodell in der Alltrack-Welt kostet der gleichstark motorisierte Niedersachse 30.063 Euro, der Einstieg liegt bei 25.378 Euro. Dann müssen 110 PS genügen. Den Alltrack-Käufer erwarten unter anderem 17-Zoll-Räder, ein schwarzer Kühlergrill, Nebelscheinwerfer und Abbiegelicht in Ergänzung zur ähnlichen Ausstattung wie im GTD. Das um den Ergo-Active-Fahrersitz erweitere Business-Premium-Paket kostet hier 1.458 Euro. Die adaptive Fahrwerksregelung DCC kommt für 853 Euro an Bord. Der Outdoor-Spezialist nimmt zwischen 1,7 und 2,0 Tonnen (gebremst, bei zwölf Prozent) an den Haken, der den gleichen Aufpreis kostet wie beim GTD.
Die dickste Rechnung macht der PS-Protz in der Golf-Kombi-Klasse auf. Das R-Logo am Grill, an den vorderen Seitenteilen und auf den Bremssätteln lässt sich VW mindestens 36.071 Euro kosten. Dafür sind werkseitig 18-Zöller wie auch Bi-Xenon-Scheinwerfer mit R-spezifischem LED-Tagfahrlicht und Abbiegelicht sowie auffällig große, schwarz glänzende Lufteinlässe fixe Kennzeichen des Renners, dessen Kraftstoffspeicher immer an der Zapfsäule für Super Plus aufzufüllen ist, sofern man die volle Leistungsdichte erfahren möchte ...
Der aktuell siebente Teil der cineastischen Autohatz "Fast & Furious" spielte übrigens als erster Film innerhalb von nur 17 Tagen eine Milliarde US-Dollar ein. Ob das neue Golf-Trio auch neue Bestmarken anvisieren soll, bleibt eine Frage des Vertrauens, das die VW-Manager in die rasanten Neulinge setzen. Einen Vertrauensvorschuss haben alle drei aber verdient, egal, ob die eigene Car Policy sportlicher Allradler goutiert oder nicht.
- Ausgabe 06/2015 Seite 34 (599.8 KB, PDF)