Ein krankheitsbedingt starker Harndrang kann die Strafe für eine Geschwindigkeitsübertretung mindern. Unter welchen Bedingungen das der Fall ist, hat der Oberlandesgericht Hamm nun konkretisiert. In dem Fall wurde die Klage eines 61-Jährigen Temposünders mit diagnostizierter Blasenschwäche verhandelt, der sich gegen ein einmonatiges Fahrverbot zur Wehr setzen wollte. Zu der Geschwindigkeitsübertretung war es seinen Angaben zufolge lediglich gekommen, weil er einen schmerzhaften Harndrang verspürt und eine Gelegenheit zum rechts ranfahren gesucht habe.
In erster Instanz hatte das zuständige Amtsgericht die verhängte Geldbuße von 80 Euro sowie das einmonatige Fahrverbot noch bestätigt. Der Betroffene habe keine Tatsachen vorgetragen, die ein Absehen vom Fahrverbot rechtfertigen könnten, hieß es in der Begründung. Die Richter am OLG sahen jedoch weiteren Klärungsbedarf, da es in der Rechtsprechung anerkannt sei, dass bei besondere körperliche Disposition des Betroffenen ein sehr starker Drang zur Verrichtung der Notdurft einen Grund darstellen könne, von einem Regelfahrverbot abzusehen.
Einen "Freibrief" für Personen mit Blasenschwäche gibt es jedoch nicht. Grundsätzlich müsse ein Betroffener seine Fahrt entsprechend planen, so das OLG. Das heißt mögliche Staus und Umleitungen müssen berücksichtigt, auf erste Anzeichen von Stuhl- oder Harndrang muss reagiert werden. Aber Vorsicht: Starker Stuhl- oder Harndrang wird vor einem Gericht nicht unbedingt entlastend gewertet. Wenn es am Steuer häufiger so stark pressiert, dass man Verkehrsregeln missachtet, man aber trotzdem fährt, kann das sogar als besonders pflichtwidrig gewertet werden (Az.: 4 RBs 326/17). (sp-x)