Der Hunsrück ist bekannt für ... Ja für was eigentlich? Und vor allem: Wo befindet sich der Hunsrück? Kurz zur Einordnung: Der Hunsrück streckt sich vom westlichsten Zipfel Hessens über etwa ein Drittel von Rheinland-Pfalz, touchiert Luxemburg und nimmt einen kleinen Teil des Saarlands in Anspruch. Die höchste Punkt: Erbeskopf mit 816 Metern. Die Gegend war bereits für die Römer interessant. Und heute? Gourmets kennen vielleicht das gelbbraune Glanrind und haben es auch verspeist - sehr lecker. Der Hunsrück ist heute vor allem schön - wenn man unberührte Natur und wenige Menschen mag.
Mittelstand in Simmern
Wir sind heute in Simmern, der Kreisstadt zwischen Rhein, Mosel und Nahe. Mit gut 8.000 Einwohnern aber keine Metropole. Wir sitzen bei Gerhard Bach. Genauer: Bei Katec-Kanaltechnik im neuen Hauptstandort, zu dem Filialen in Schwerte und Jünkerath/Eifel gehören.
Katec gibt es in der jetzigen Form seit 1997 und kümmert sich um die Sanierung von Kanalanlagen, Rohrleitungen und allem, was dazugehört. Gerhard Bach ist seit Beginn an dabei und ist unter anderem der Fuhrparkverantwortliche. "Wir haben 40 Sprinter mit Spezialanhängern, darunter eine höhergelegte 4x4-Version, sechs Lkw und 35 Vito zur Personenbeförderung, alle sind bei uns im Dauereinsatz", kommt der Fuhrparkprofi schnell auf den Punkt. "Wir würden gern mehr Fahrzeuge einflotten, die Aufträge wären vorhanden, aber es fehlt das Personal", erzählt er mit realistischem Blick auf die Tatsache, dass Simmern nicht der Nabel der Welt ist und die Anzahl geeigneter neuer Kollegen überschaubar. Um den Fuhrpark kümmern sich neben Gerhard Bach noch drei weitere Kollegen, die in der eigenen Werkstatt arbeiten.
Denn bei den Herren dreht es sich nicht nur um die klassische Flottenlogistik, also darum welches Spezialfahrzeug wie lange an welchem Ort stehen wird. Bei Katec pflegt man die Fahrzeuge und deren Spezialausbauten selbst. Die Inspektionen lässt Bach dennoch bei einem Mercedes-Partner durchführen. "Wir haben mit Mercedes nur gute Erfahrungen gemacht. Service, -netz und Fahrzeuge sind gut und man bekommt eben auch in Buxtehude schnell einen Termin", berichtet Bach.
Der erwähnte Dauereinsatz strapaziert die Fahrzeuge auf besondere Weise. Denn es geht bei Katec selten um Kilometerlaufleistung. "Wir fahren die Fahrzeuge zwischen zehn und 15 Jahre. Einige haben dann dennoch erst 55.000 Kilometer auf der Uhr", beschreibt Bach das Szenario. "Vor allem die Sprinter mit den teuren Anhängern stehen oft Wochen auf der Baustelle und die Kollegen fahren montags bis donnerstags mit dem Vito zum Sprinter." Richtig gelesen. Bei Katec gibt es eine Vier-Tage-Woche. Freitags und samstags kümmern sich Bach und sein Team um die Wartung der Spezialgeräte in den Fahrzeugen und Anhängern.
- Ausgabe 1-2/2025 Seite 014 (2.0 MB, PDF)

Und dennoch ist es schwierig, "Nachwuchs" zu bekommen. Dabei ist Katec offen für alle. "Wir suchen zwar verstärkt klassische Automechaniker, aber selbst Gamer sind bei uns herzlich willkommen und Quereinsteiger werden entsprechend angelernt." Gamer? Was im ersten Moment für Stirnrunzeln sorgt, löst sich mit der Kenntnis, worum es bei Katec auch geht - am Bildschirm weite Strecken mit einem Kameraroboter zurückzulegen. Derzeit arbeiten rund 100 Menschen bei Katec. Damit gehören die Hunsrücker zu der Handvoll großer Unternehmen in Deutschland, die sich um die professionelle Kanalsanierung kümmern - meistens engagiert von Städten und Kommunen. Das Einsatzgebiet ist deutschlandweit und vereinzelt Belgien, Niederlande, Schweiz und Österreich. Anfragen sind mehr als genug vorhanden, womit wir wieder beim Thema Mitarbeiter sind.
Made in Germany
Genau das kennt auch Titian Freiherr von Wendt. Der Jungunternehmer sitzt mit am Tisch, Bach und von Wendt kennen sich - sie sind praktisch Nachbarn. Von Wendt hat seinen Betrieb einen Steinwurf entfernt. Activline heißt er und die etwa 80 Mitarbeiter dort designen, entwickeln und produzieren Sitzbezüge, made in Germany. Das macht Activline schon seit Jahrzehnten. Angefangen hat das Unternehmen vor rund 120 Jahren mit der Produktion von Uniformen. Bei Activline sind es nicht einfach nur Schutzbezüge, sondern speziell für jedes Fahrzeugmodell und jeden Fahrzeugsitz angefertigte Passformbezüge. Mehr als 5.000 Schnittmuster befinden sich im Lager von Activline. So ist sichergestellt, dass auch alte Modelle noch versorgt werden können. "Unsere Sitzbezüge sind Passformbezüge und schmiegen sich mittels Haken, Gummis und Klettverschlüssen wie eine zweite Haut über den Originalsitz", präzisiert von Wendt die Qualität. "Das ist der Unterschied zu Universalbezügen." Bach hat alle Transporter mit den Passformbezügen von Activline ausgerüstet, die laut seiner Aussage wohl so lange halten, wie die Autos im Einsatz sind. Möglich macht das ein spezieller Materialmix, alles nach Kundenwunsch und Anforderungen angefertigt. "Wir haben bei unseren maßgefertigten Sitzbezügen atmungsaktiven Stoff auf der Mittelbahn und robustes Kunstleder außen, das ist ideal für uns. Bei unseren Sanierungsfahrzeugen haben wir spezielle Sitze, der Beifahrersitz ist beispielsweise drehbar", erzählt Bach und fügt hinzu: "Wir haben früher NoName-Bezüge genutzt. Im Sommer war das bei langen Strecken sehr schweißtreibend und die Fahrer haben sich beschwert. Das Problem gibt es jetzt nicht mehr. Das ist für uns ein Grund, Qualität zu kaufen."
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Qualität hat Ihren Preis, vor allem, wenn die Qualität in Deutschland komplett hergestellt wird. So wird nicht nur das Produkt in Simmern genäht, auch die eingekauften Stoffe sind made in Germany, betont von Wendt. So kostet ein Set für den Ford Transit Custom oder den Mercedes Sprinter beispielsweise circa 260 Euro. Ein Set besteht aus zweiteiligen Sitzbezügen - für Fahrer und Beifahrerseite. Kopfstützen- und Armlehnen-Bezüge sind dazubestellbar. Im Activline-Onlineshop können die Passformbezüge direkt gekauft werden - oder eben über die Zubehörabteilung von den Fahrzeugherstellern. Und wer sein Modell nicht findet, ist aufgerufen, direkt anzufragen. Denn, und darauf legt von Wendt Wert, es ist für jedes Modell etwas möglich.
In den meisten Fällen kommen die Hersteller direkt auf ihn zu. Derzeit steht ein Ford Explorer im Hof und die Sitze sind ausgebaut in der Entwicklungsabteilung. Dort kümmert sich Frau Martyniuk mit zwei Kolleginnen um das passende Design, das Ausmessen der Sitze und das Anfertigen der Prototypen. Sind neue Modelle in der Pipeline, fährt Martyniuk direkt zum Kunden und vermisst vor Ort.
Die gelernte Textilingenieurin kam vor gut einem Jahr aus der Ukraine und ist ein Glücksgriff für von Wendt, wie fünf weitere Kollegen aus der Ukraine, die das Team der 80 Mitarbeiter vervollständigen, wie von Wendt hervorhebt. Handwerkliches Geschick ist gewünscht, aber kein Einstellungskriterium, wie von Wendt betont.

Schonbezüge gibt es aus Fernost bereits ab 35 Euro. Doch die spielen qualitativ in einer anderen Liga. Vor allem Paketlieferdienste wie die Deutsche Post haben so hohe Anforderungen, dass auch die "Paketler" auf die Produkte von Activline vertrauen. Denn wenn mehrere 100-mal am Tag in einen Transporter ein- und ausgestiegen wird, ist es eine Frage der Zeit, bis der Seriensitz durchgerubbelt ist oder sich universelle Schonbezüge nicht mehr an der richtigen Stelle befinden. Und dann ist die Zeit der Passformbezüge gekommen, die exakt für diese besonderen Belastungen und Anwendungen erdacht und gemacht wurden. Ob mit verschmutzten Hosen, groben Werkzeugen in den Taschen von Monteuren und Dauerbeanspruchung der Fahrzeuge im Schichtbetrieb, das hält kein Serienbezug auch nur ein Jahr durch. "Wir haben spezielle Verstärkungen aus reißfestem Material. Da kann man mit einem Messer reinstechen und es passiert nichts", ist sich von Wendt sicher.
2.000 Bezüge pro Woche
Etwa 2.000 Passformbezüge nähen die Damen (es sind ausschließlich Frauen) pro Woche mit klassischen Nähmaschinen in Simmern. "Der Hauptteil unseres Umsatzes kommt durch das Geschäft mit den Fahrzeugherstellern und Behörden zustande." Aber auch die Anforderungen von Flottenkunden wie Katec können speziell sein und werden von Activline erfüllt. "Wir entwickeln und produzieren Spezialanfertigungen auf Kundenwunsch, auch mit Logo, Emblem und so weiter", erklärt von Wendt. Gerhard Bach ist in der Hinsicht anspruchslos. Schwarz, atmungsaktiv und haltbar müssen die Passformbezüge sein und genau das bekommt Katec von den Nachbarn auf kürzestem Weg.
Dass die Qualität stimmt, merkt man auch an Details wie der "Airbag-Naht". Dabei handelt es sich um die Sollbruchstelle an der Sitzlehnen-wange, die bei Airbag-Auslösung nur minimale Veränderung der Auslösezeit und der Airbagentfaltung verursachen darf. Eine bestimmte Stichzahl pro Zentimeter kombiniert mit einer speziellen Fadenspannung und einem besonders dünnen Nähgarn stellt laut von Wendt das Ideal dar. Zur Qualitätssicherung lassen sich die Nähmaschinen für diese Naht nur bedienen, wenn die drei genannten Merkmale gesichert sind. Zudem wird automatisch dokumentiert, welche Näherin wann diesen einen Bezug gefertigt hat. Ein individueller QR-Code wird in jeden Sitzbezug eingenäht. Regelmäßige Tests von Prüfgesellschaften, bei denen der Schonbezug auf den Originalsitzen aufgezogen und mit Hochfrequenzkameras die Airbag-Auslösung dokumentiert und gemessen wird, stellen die Qualität zudem sicher und machen eben laut von Wendt auch made in Germany aus.
"Mittlerweile ist es allerdings aufgrund von fehlenden Nähkräften, der Lohnstruktur und der bekannten Bürokratie schwierig, ,made in Germany' zu halten", sagt er beim Gang zu den Katec-Transportern im Hof, bei denen Gerhard Bach stolz die Technik an Bord erklärt und aufzeigt, wo der Weg auch bei Spezialgerät hingeht: "Wir elektrifizieren den gesamten Fuhrpark peu à peu. Denn die Städte und Kommunen wollen verständlicherweise nicht, dass abends noch ein 89-Dezibel-Generator vor der Tür dieselt. Ein Akkupack ist flüsterleise. Den Generator brauchen wir aber dennoch, um den Akku überall wieder laden zu können. Das klappt noch nicht über das Fahrzeug", erklärt Bach das Dilemma.
So oder so ist es schön zu sehen, wie klassische Handarbeit, made in Simmern, mit Hightech-Kanalsanierung ein Bündnis eingehen und sich Qualität durchsetzen kann.