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Trommelbremse: Comeback dank der Elektromobilität

12.01.2023 10:26 Uhr | Lesezeit: 5 min
VW ID.5 GTX (2022)
Elektroautos wie der VW ID.5 arbeiten an der Hinterachse mit einer Trommelbremse.
© Foto: VW

Zuletzt war die Trommelbremse fast nur noch in Kleinwagen zu finden. Die E-Mobilität sorgt nun für ein Comeback der so robusten wie günstigen Technik.

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Ein E-Auto bremst nicht einfach, es rekuperiert. Statt der klassischen Reibungsbremse sorgt die meiste Zeit der Elektromotor für Verzögerung und gewinnt dabei auch noch Strom. Die mechanische Bremse wird zum Teilzeitarbeiter zurückgestufte – und greift auf neue alte Konzepte zurück.

Das Elektroauto bremst im Alltag überwiegend mit dem E-Motor. Der fungiert beim Verzögern als Generator und wandelt die Bewegungsenergie in elektrische Energie um, die dann in der Batterie gespeichert wird. Strom für bis zu 17 Prozent Zusatzreichweite kommt dabei im Schnitt zusammen. Die Reibungsbremse hat eine solche Ausbeute nicht zu bieten – sie lässt die Bewegungsenergie in Form von Wärme verpuffen. Entsprechend selten soll sie zum Einsatz kommen.

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"Aktuell erleben wir ein Comeback der Trommelbremse", erläutert Manfred Meyer, Leiter Entwicklung Brems- und Lenkungssysteme beim Technologiekonzern ZF. Lange Jahre war diese Bauform vor allem bei kostengünstigen Kleinst- und Kleinwagen zu finden. In den letzten Jahren zieht sie aber auch wieder in größere Modelle ein – zumindest, wenn diese elektrisch angetrieben sind. Warum das so ist, erklärt sich aus der neuen Rolle, die die sogenannte Reibungsbremse im E-Mobil einnimmt.  

Tommelbremse: Nicht benutzte Bremse korrodiert mit der Zeit

"Wir nutzen die Reibungsbremse nur noch für die letzten Augenblicke vor dem Fahrzeugstillstand, bei sehr hohem Verzögerungsbedarf und bei einer vollen Batterie", erklärt Meyer und nennt auch das daraus resultierende Problem. "Wird die Bremse nicht benutzt, korrodiert sie mit der Zeit.“ Ein Phänomen, dass man in Form von Flugrost auch von den Bremsscheiben länger abgestellter Autos kennt. Das ist vor allem optisch nicht schön, kann auf lange Sicht aber auch zu schlechteren Bremsleistungen führen.  

Die Trommelbremse an der weniger belasteten Hinterachse kann da eine Lösung sein. Bei ihr sind die korrosionsgefährdeten Teile in einem Gehäuse verpackt, das Schmutz sowie Feuchtigkeit fernhält und gleichzeitig den eigenen Abrieb bei sich behält. Zudem sind Trommelbremsen gegenüber Scheibenbremsen bei den Kosten etwas günstiger – bei den eh schon eher teuren E-Autos ist das ein wichtiger Vorteil. Eine klassische Schwäche spielt beim E-Mobil zudem eine geringer Rolle: die höhere Geräuschentwicklung. Da die Reibungsbremse dank der Rekuperation weniger beansprucht wird, entsteht der unangenehme Effekt, das sogenannte Rubbeln, meist erst gar nicht.


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Scheibenbremse verzögert schneller als Trommelbremse

Als Lösung für alle Fälle sieht ZF-Experte Meyer die Trommel aber nicht. "Die Scheibenbremse hat einige prinzipielle Vorteile, die sie auch für das E-Auto weiterhin interessant machen", erläutert der Entwickler. So ist sie thermisch belastbarer, kann die entstehende Wärme durch ihre offenliegende Bauweise besser abführen, was vor allem bei sehr schweren Autos oder bei sportlicher Fahrweise interessant ist. In letzterem Fall kann sie auch mit ihrer höheren Agilität punkten – sie verzögert einfach schneller als eine Trommelbremse.  

Um die Scheiben vor Korrosion zu schützen, gehen Autohersteller und Zulieferer daher neue Wege. Meyer etwa setzt auf den sogenannten "Scheibenwischer". Die Softwarefunktion lässt die Bremsbeläge in regelmäßigen Abständen kurz zugreifen, um die Scheibe freizurubbeln. "Der Fahrer merkt davon nichts, da wir das in der Regel in einem Beschleunigungsvorgang verstecken", sagt Meyer. Andere Ansätze sind neue, weniger rostanfällige Materialien. Doch Edelstahl oder Carbon sind deutlich teurer als der normale Grauguss – und wohl nur für sehr hochwertige Fahrzeuge vorstellbar.  

Scheibenbremsen werden also auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Wenn auch in einer auf die E-Mobilität optimierten Variante. Einen speziellen Ansatz hat dabei der Zulieferer Continental, der durch Leichtbau an der Bremse die Reichweite der Fahrzeuge erhöhen will. Die "Green Calliper" genannten Modelle sollen ein geringeres Restschleifmoment haben als herkömmliche Bremssättel und zudem leichter sein. Möglich ist das unter anderem dadurch, dass Gewicht bei der Wärmeabführungstechnik gespart werden konnte, weil im E-Auto der E-Motor den Hauptteil der Verzögerungsarbeit verrichtet. Unterm Strich verspricht der Zulieferer einen Reichweitengewinn von rund einem Prozent. Bei den üblichen 400 Kilometern entspricht das einem Plus von vier Kilometern pro Akkufüllung.

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