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Markenausblick Jeep: Zwischen Busch und Boulevard

08.08.2016 10:55 Uhr
Markenausblick Jeep: Zwischen Busch und Boulevard
Die für 2018 vorgesehene Neuauflage des Jeep Wrangler wird wieder ein echter Geländewagen. Ganz so offroadig wie diese Studie namens Trailcat wird er allerdings nicht kommen.
© Foto: Jeep

Jeep will neue Kunden gewinnen, alte aber nicht verprellen. Daher fährt die legendäre US-Marke zweigleisig. Während die Ikone Wrangler weiterhin auf Hardcore-Geländewagen macht, ergänzen ein Softroader und ein Super-SUV die Modellpalette.

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Von Michael Specht/SP-X

Ikonen gilt es, behutsam zu behandeln. Da ist Jeep, heute unter dem Dach der FCA (Fiat Chrysler Automobiles), in einer ähnlichen Situation wie Land Rover. Beide Marken gelten als automobile Offroad-Ikonen und haben (die Briten hatten) ein Urgestein im Portfolio, das es zu ersetzen gilt. In England ist es der Defender, bei den Amerikanern der Wrangler, Nachfahre des legendären Willys MB. Der Wrangler ist heute der Jeep schlechthin. Bei Freunden von Starrachsen-Geländewagen steigt in Zeiten von Crossover und Softroader-SUV allerdings die Sorge, das Boulevard- und Lifestyle-Schicksal könnte auch den Wrangler treffen, wenn er Mitte 2018 in Neuauflage beim Händler steht.

Jüngste Erlkönigfotos geben allerdings Entwarnung. Ein weichgespülter Wrangler wäre wohl selbst Konzernchef Sergio Marchionne zu risikoreich. Schließlich zählt dieses Modell trotz seiner über zehnjährigen Produktionszeit noch immer zu den Bestsellern im Portfolio von Jeep. Im Juni übertraf er in den USA mit über 20.000 Einheiten sogar den Cherokee und Grand Cherokee.

Weiterhin sitzt die verschraubte Karosserie auf einem stabilen Leiterrahmen. Einen Aluminium-Aufbau nach Ford-F-150-Vorbild wird es nicht geben – abgesehen von einzelnen Karosserieteilen. Es bleibt überwiegend beim Stahl. Auch Starrachsen, Sperrdifferenziale und Untersetzung werden beibehalten. Schließlich soll ein Wrangler auch in Zukunft den Offroad-Olymp wie den Rubicon-Trail bezwingen können. Neben dem kürzeren Drei- und dem längeren Fünftürer will Jeep einen Pickup auf Wrangler-Basis anbieten. Ob das Pritschen-Modell auch nach Europa kommt, wird derzeit diskutiert.

Zum Einsatz kommen – jedoch nicht gleich zum Marktstart – soll neben dem bekannten V6-Zylinder-Benziner auch ein Zweiliter-Turbo-Vierzylinder mit bis zu 300 PS, eventuell sogar als Hybridantrieb. Außerdem will FCA den Jeep mit einem Dieselmotor anbieten. Hier greift man kostengünstig ins Konzern-Regal. Jeep Grand Cherokee und Ram 1500 fahren bereits mit einem 250 PS starken 3,0-V6-Selbstzünder von FCA-Tochter VM Motori, die derzeit auch den 2,8-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel im Wrangler (200 PS) beisteuert. Auch der neu entwickelte 2,2-Liter-MultiJet-Turbodiesel aus dem Cherokee wäre denkbar. Beerdigt wird die alte Fünfgang-Automatik zu Gunsten einer ZF-Achtgangversion.

Grand Wagoneer kommt zurück

Irgendwann vor Jahrzehnten das SUV-Segment gegründet zu haben, behauptet ja eine Reihe von Autoherstellern, inklusive Jeep. Die uramerikanische Geländewagen-Marke schickte bereits 1946 den ersten Ganzstahl-Kombi mit variablen sieben Sitzplätzen auf Geländewagen-Chassis und 1963 den Wagoneer an den Start. Letzterer fuhr als erstes Auto mit Allrad und Automatik. 20 Jahre später hieß das Allrad-Monstrum dann Grand Wagoneer. Hundertausendfach verkaufte Jeep dieses Modell. Nun steht eine Wiederbelebung an, aller Voraussicht nach für 2018.

Der Grand Wagoneer teilt sich die Plattform mit dem nächsten Grand Cherokee (und Dodge Durango). Positionieren will Jeep sein Flaggschiff gegen die Fullsize-Fraktion vom Schlage Lincoln Navigator, Cadillac Escalade, Chevrolet Suburban und GMC Yukon, aber auch gegen den Range Rover, wie Marchionne öffentlich verlauten ließ. Dafür soll der Grand Wagoneer der hochwertigste Jeep überhaupt werden, mit der besten Ausstattung, den besten Materialien und der besten Verarbeitungsqualität. Für angemessenen Komfort sorgt eine Luftfederung. Sie bietet gleichzeitig eine variable Bodenfreiheit fürs Gelände. Bis zu sieben Personen sollen im Grand Wagoneer Platz finden. Mancher Amerikaner würde sich sicher auch die traditionelle wie typische Holzpaneele entlang der Flanke wünschen. Kaum vorstellbar, dass der Vorstand so etwas durchwinkt.

Dafür aber soll es reichlich Power geben, allein schon, um den Kompressor-V8 im Range Rover zu übertrumpfen. Verfügbar wäre ein 6,4 Liter großer Hemi-V8 mit rund 500 PS, der bereits den Dodge Challenger antreibt. Und dann gibt es da noch den sogenannten Hellcat-V8 mit 707 PS und 880 Newtonmeter Drehmoment. Gerüchten zufolge soll dieser Monster-Motor auch im Grand Cherokee eingebaut werden. Als Vernunft-Antrieb dient im Grand Wagoneer ebenfalls der Sechszylinder-Diesel von VM Motori. Im Gespräch ist ebenso ein Hybridantrieb, der dann nach dem Top-down-Prinzip auch in die übrigen Baureihen Einzug halten dürfte.

Das neue C-Segment-SUV

Jeep ist nach wie vor der größte Automobilersteller, der ausschließlich SUV und Geländewagen produziert. Kleinstes Mitglied der Familie ist der von Fiat in Italien produzierte Renegade. Eine Ablösung steht im Segment darüber an. Start: 2017. Noch hat Jeep hier seit DaimlerChrysler-Zeiten die Modellpaarung Compass und Patriot im Programm, wobei der Compass aufgrund seines unproportionierten Designs beim Publikum nicht gut ankam. Im vorigen Jahr griffen in Deutschland gerade einmal 377 Käufer zu. Eine eher homöopathische Dosis in Zeiten des allgemeinen SUV-Booms, besonders im Kompaktsegment. Selbst das doppelt so teure Topmodell Grand Cherokee verkauft sich bei uns mehr als zehnmal so häufig.

Das neue C-Segment-SUV, wie Jeep den Compass-Nachfolger offiziell nennt, soll alles besser machen – viel besser. "Wir peilen in Deutschland eine Verdoppelung unseres Verkaufsvolumens an", plant Stefan Moldaner, Brand Country Manager für die Marken Jeep und Alfa Romeo bei FCA Germany AG. Was bedeutet, dass Jeep knapp 30.000 Fahrzeuge verkaufen würde. Bei der Plattform greift man auf die des Renegade/Fiat 500X zurück. Ob der Name Compass bleibt, ist nicht entschieden. Anfangs hieß es "auf keinen Fall", weil die erste Auflage der Marke nicht besonders gutgetan hat. Nun aber scheint man sich doch darauf festzulegen. Zumindest ist die Modellbezeichnung Compass intern vermehrt zu hören. "Sie passe halt gut zu einem Jeep-SUV", so ein Insider. Für die europäischen Märkte rollt der neue Compass, ausgestattet mit FCA-Motoren (Benziner und Diesel) sowie Front- und optionalen Allradantrieb, von den Produktionsbändern in den USA. Weitere Werke hat Jeep in Mexiko, Brasilien und China. Vor allem das Reich der Mitte hat sich für die amerikanische Traditionsmarke zum zweitwichtigsten Markt entwickelt.

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