Wer noch auf der Kreuzung steht, wenn die Ampel auf Rot springt, darf weiterfahren und die Kreuzung räumen. Das gilt allerdings nicht, wenn das Fahrzeug bereits kurz nach der Haltelinie zum Stillstand kommt, wie das Kammergericht Berlin entschieden hat. In dem verhandelten Fall hatte ein Autofahrer bei Grün die Haltelinie passiert, hatte aber wenige Zentimeter später, noch vor dem Beginn des eigentlichen Kreuzungsbereich, verkehrsbedingt warten müssen. Als er danach anfuhr war die Ampel bereits wieder auf Rot gesprungen, ein Zusammenstoß mit einer Straßenbahn konnte nur knapp vermieden werden.
Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Fahrer daraufhin wegen eines fahrlässigen Rotlichverstoßes zu einer Geldbuße von 250 Euro. Dieser legte Rechtsbeschwerde mit dem Hinweis ein, er sei als Kreuzungsräumer zur Weiterfahrt berechtigt gewesen. Das Kammergericht sah das anders: Für den Fahrer gelte nach Umschalten der Ampel auf Rot das Haltegebot vor der Kreuzung, auch wenn er zuvor bei Grün die vorgelagerte Haltlinie überfahren hat.
Bei einem Kreuzungsräumer handelt es sich um einen Fahrer, dem das Überqueren der Kreuzung während der Grünphase nicht gelungen ist, etwa wegen wartender Linksabbieger. Fällt der Grund zum Warten weg, darf er vorsichtig und unter Berücksichtigung des Gegenverkehrs weiterfahren, um die Kreuzung wieder freizumachen. Kommt es zu einem Unfall, trägt er jedoch in der Regel eine Mitschuld. (Az.: 3 Ws (B) 354/21 - 122 Ss 155/21)