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Jobrad: "Wir haben eine volldigitalisierte Onboarding-Strecke"

29.01.2025 13:54 Uhr | Lesezeit: 3 min
Jobrad Autoflotte Interview
Christoph von Tschirschnitz (l.) und Florian Baur beim Besuch in der Autoflotte-Redaktion.
© Foto: Autoflotte

Autoflotte sprach mit den beiden Jobrad-Top-Managern Christoph von Tschirschnitz und Florian Baur über den Fahrradmarkt, Nutzerpotenziale in den Firmen und das Mobilitätsbudget.

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Die Fahrradbranche leidet unter Überkapazitäten, was nach dem Rausch der pandemischen Jahre kein Wunder ist. Dennoch wächst das Interesse am Dienstrad, auch am Radfahren, die vom Arbeitgeber für deren Mitarbeiter geleast werden. Wir sprechen mit Florian Baur, dem Geschäftsführer von Jobrad Deutschland, und dem CEO der Jobrad Holding SE, Christoph von Tschirschnitz, einem in der Mobilitätsbranche sehr erfahrenen CEO, der seit seinem Start vor circa fünf Monaten im Amt für das stark wachsende Geschäft mit Unternehmen zum Fahrrad-Leasing brennt.

Beide Top-Manager kamen aus datengetriebenen Unternehmen, weshalb es auch nicht seltsam klingt, wenn sie den größten deutschen Fahrradleasing-Anbieter als „Plattform-Betreiber“ bezeichnen. Das geschäftlich geleaste Fahrrad für Mitarbeiter ist für Unternehmen eine wichtige Komponente in der betrieblichen Mobilität geworden. Mit Blick auf die heute erreichten Leasingfahrrad-Volumen sind für die Unternehmen die prozessuale Einfachheit, die Digitalisierung sowie die Kostentransparenz der Dienstleistung entscheidend.

Wann sind Sie, Herr von Tschirschnitz, zum ersten Mal auf Jobrad gestoßen?

Christoph von Tschirschnitz: Das war recht früh schon bei meiner Zeit bei BMW und dann zu meiner Zeit als CEO der Sixt Mobility Consulting. Dort hatten viele unserer Großkunden bereits einen Vertrag mit Jobrad, als das Thema Dienstrad erst langsam voran ging. Dann kam im vergangenen Jahr der Aufsichtsrat von Jobrad auf mich zu, da man einen Nachfolger für die Rolle des CEO der Holding suchte. Dieses wurde bis dahin von Jobrad-Mitgründer und Gesellschafter Holger Tumat bekleidet. Nach einem intensiven Bewerbungsprozess habe ich im letzten Oktober die Rolle des CEOs der Holding übernommen.

Was genau beinhaltet die Holding an Firmen und Aktivitäten?

v. Tschirschnitz: Die Jobrad Holding führt Beteiligungen in Europa in den Bereichen Fahrradleasing, Benefit Management und Mobility Budget, E-Commerce-Plattform für Fahrradbekleidung und -zubehör, Workation Management, die Aufbereitung und Vermarktung von Leasingrückläufern und ein Venture Studio für Start-ups.

Sie, Herr Baur, vertreten das wichtige Jobrad-Deutschlandgeschäft.

Florian Baur: Mit gut 800 Mitarbeitenden managen wir bei Jobrad Deutschland die Beziehungen zu 100.000 deutschen Firmen mit sieben Millionen Mitarbeitenden. Das ist das Ergebnis eines exponentiellen Wachstums, das auf verschiedene Ereignisse zurückgeht.

Können Sie diese kurz umreißen?

Jobrad, beginnend mit Gründer Ulrich Prediger und Mitgründer Holger Tumat – war vor 17 Jahren Erfinder des betrieblichen Fahrradleasings. Diese Pionierrolle und damit der frühe Start haben uns viel Reputation bei den Mobility Managern der Unternehmen und damit einen Vorsprung gegeben. Jobrad ist heute mit Abstand die stärkste Marke und die Nummer 1 im Fahrradleasingmarkt.Der zweite Grund für das Wachstum des Fahrradleasingmarktes war im Jahr 2012 die steuerliche Gleichstellung des Fahrrads zum Dienstwagen.

Dies erfolgte durch den sogenannten Dienstraderlass der Finanzminister der Länder. Dabei machen Gehaltsumwandlung und Geldwertvorteil das Dienstrad für Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziell attraktiv. Der dritte Schub kam durch das Aufkommen des E-Bikes, und die vierte Wachstumswelle kam vom Fahrrad-Boom, der sich im Kontext der Pandemie bildete. Das führte zu einer plötzlichen Verdrei- und sogar Vervierfachung des Geschäfts – und wir machen es gerade fit für den nächsten Wachstumsschub.

Was soll für das zukünftige Wachstum bei Jobrad sorgen?

F. Baur: Mit den 100.000 Firmen, welche Jobrad nutzen, haben sieben Millionen Menschen Zugang zu uns, aber wir haben erst rund 1,5 Millionen von ihnen mit einem Fahrrad ausgestattet. Die bisherige Wachstumsstrategie konzentrierte sich darauf, möglichst viele Arbeitgeberkunden zu gewinnen. Nun werden wir noch gezielter auf die Menschen in diesen Unternehmen zugehen, um sie für unsere Produkte zu begeistern.

v. Tschirschnitz: Nach der Phase der Kundengewinnung, also dem Akquirieren und Begeistern vieler Unternehmenskunden, geht es nun darum, zusammen mit den Arbeitgebern, insbesondere den Mobility Managern und HR-Verantwortlichen im Unternehmen, noch mehr Mitarbeitende für die Mobilität mit dem Fahrrad zu begeistern . Es gilt nun, die Marktdurchdringung des Fahrrades im Mobility-Mix des Unternehmens zu erhöhen. Das gelingt uns mit Ansprache der Mobility-Verantwortlichen, geht über die interne betriebliche Kommunikation, Fahrrad-Events des Unternehmens, Demo-Days mit lokalen Händlern etc. Wir sind für alle Wünsche der Arbeitgeber für eine gemeinsame Kommunikation offen.

F. Baur: Mittlerweile ist das Dienstrad schnell ein Hygienefaktor für die Unternehmen geworden. Das heißt, die Arbeitnehmer fordern aktiv ein Dienstrad ein. Selbst US-Unternehmen, die in ihren Benefits eher aus einer US-Perspektive gemanagt werden, bieten mittlerweile Diensträder an.

v. Tschirschnitz: Interessant ist hier die Durchdringung nach Unternehmensgröße. Bei großen Dax-Unternehmen und großen Mittelständlern nutzen rund 70 Prozent das Dienstrad-Leasing. Bei den kleineren und mittleren Unternehmen sind es hingegen nur 30 Prozent. Da sehen wir noch viel Potenzial. Und noch ein Faktor spielt uns und der gesamten Fahrradindustrie in den Karten: der Wandel. Die Wünsche der Arbeitnehmer an die Mobilität sind viel breiter geworden.

War es früher nur das Auto, so steht heute bei der Frage ‚Wie komme ich von A nach B?‘ Vielmehr das Ziel der Nutzer im Vordergrund: möglichst smart, kostengünstig und nachhaltig die jeweilige Strecke zu bewältigen. In der Kurzstrecke sind das zunehmend das Fahrrad und der ÖPNV. In der Langstrecke der Zug oder das Auto. Das Fahrrad, ob Urban Bike, Gravel Bike, E-Bike, S-Pedelec etc.,bietet den Mitarbeitenden ein gesundheitsförderndes Workout – und dem Unternehmen Punkte im ESG-Reporting.

Wie überzeuge ich die Mitarbeiter vom Nutzen des Dienstrades?

F. Baur: Neben den veränderten Mobilitätswünschen geht es auch um Emotionalisierung und Markenbildung. Deshalb wollen wir, dass Jobrad als die Marke für das Thema Dienstrad steht. Das ist unter anderem ein Grund, warum wir den SC Freiburg sponsorn. Die zweite Ebene heißt Diversifikation. Es gibt bei Fahrrädern keine einheitlichen Modellbestellungen. Die Arbeitgeber und wir als Leasinggeber ermöglichen den Nutzern, schnell jedes Fahrrad bestellen zu können.

v. Tschirschnitz: Ein starkes Argument für die Mitarbeitenden ist die finanzielle Vorteilhaftigkeit. Dadurch, dass der Arbeitgeber – übrigens auch öffentliche Arbeitgeber – die Leasingrate des Fahrrades vom Bruttoeinkommen des Arbeitnehmers abzieht, entsteht ein erheblicher Steuer- und Sozialkostenvorteil, auch nach der Versteuerung des geldwerten Vorteils, für den Arbeitnehmer, der bis zu 40 Prozent gegenüber dem Privatkauf liegt.

Wo liegt die preisliche Grenze?

v. Tschirschnitz: Das sind 12.000 Euro Kaufpreis als Höchstbetrag.

Wie schnell können Sie denn gerade kleine Firmen einbinden?

F. Baur: Wir haben eine volldigitalisierte Onboarding-Strecke, bei der niemand mehr etwas manuell bearbeiten muss. Das gilt für den Blumenladen um die Ecke genauso wie für den Dax-Konzern. Das Gros der Programmierung findet bei uns inhouse statt, denn wir sind im Grunde ein klassisches digitales Plattform-Modell, das die drei Gruppen zusammenbringt: die Firmen, die Mitarbeiter und den Fahrradfachhandel.

v. Tschirschnitz: Deshalb sehen wir uns im Schwerpunkt auch als eine ‚Digital Company‘. Hier sehe ich uns viel digitaler als etwa Leasingunternehmen im Automobilbereich. Umgekehrt funktionieren die Überzeugungsarbeit und das Emotionalisieren des Produkts im Automobilsektor heute noch etwas routinierter als bei den Fahrrädern. Da holen wir nun mit kundenfokussierten Services, Digitalisierung, hoher Transparenz und der intensiven Zusammenarbeit mit 6.500 Fahrradhändlern aber auf.

Wo liegt der Durchschnittspreis für ein Jobrad?

F. Baur: Da liegen wir bei knapp unter 4.000 Euro im Schnitt. Rund 80 Prozent der Räder sind E-Bikes, davon sind gut 70 Prozent Pendler-Modelle.

v. Tschirschnitz: Im Grunde waren wir ein Gamechanger für die Fahrradindustrie: Das hohe Verkaufsvolumen an hochpreisigen E-Bikes oder Lastenrädern für Familien gäbe es ohne Fahrrad-Leasing und die dadurch steuerlich begünstigte Finanzierungsfunktion nicht.

F. Baur: Man kann zu Recht sagen, dass wir dafür gesorgt haben, dass hochpreisige Fahrräder aus dem Premiumsegment zu Volumen-Produkten am Markt geworden sind, sodass sich jeder Mann und jede Frau ein hochpreisiges Fahrrad leisten kann. Vor 15 Jahren waren viele Fahrräder noch Sportgeräte. Heute sind sie immer mehr Verkehrsmittel und Teil der Corporate Mobility. Das ist sowohl für die Fahrradindustrie als auch für den Fachhandel wichtig. Denn die 6.500 deutschen Fahrradhändler decken über das Leasing im Schnitt 40 bis 60 Prozent ihres Umsatzes ab.

Der Fahrradhandel sagt, dass Jobrad auch teuer für die Händler ist.

F. Baur: Wir sind in der Tat ein Qualitätsprodukt. Dafür ist Jobrad auch die größte Marketing- und Verkaufsmaschine für den gesamten deutschen Fahrradfachhandel, denn die Hälfte unserer Nutzer sagen, dass sie sich kein neues Fahrrad gekauft hätten, wenn es Jobrad nicht gäbe. Deshalb sind wir mehr als nur ein Finanzierer. Am Ende wird jedes fünfte Fahrrad in Deutschland über uns abgewickelt, damit sind wir doppelt so groß wie der nächstgrößere Marktbegleiter.

Viele Nutzer kaufen ihr Dienstrad am Leasingende heraus. Brauchen die dann gleich wieder ein neues Leasingrad?

F. Baur: In der Tat kaufen rund 95 Prozent unserer Kunden ihr Fahrrad am Leasingende von uns ab. Der Bedarf an ein Anschluss-Leasing ist dennoch hoch. Zum einen gibt es die Fahrrad-Enthusiasten, die sich ein Portfolio verschiedenster Fahrrad-Typen aufbauen. Der zweite große Bereich ist „Familie & Freunde“, also das Weitergeben des Rads innerhalb des Familien- und Freundeskreises.

Der Gebrauchtmarkt, aber auch die Fahrradwerkstätten sind allerdings eine Welt für sich.

v. Tschirschnitz: Ich denke, wir werden mehr Anschluss-Leasings sehen als bisher. Die Spitzenpreise für Gebrauchträder sind vorbei. Wir haben mit der Jobrad Holding-Tochter „Bravobike“ Europas größte E-Commerce-Plattform für Gebraucht-Fahrräder aus dem Leasing-Rücklauf – inklusive der industriell organisierten Aufbereitung in einen Topzustand. Wir investieren aktuell in Leipzig in ein neues Werk zur Aufbereitung von Fahrrädern mit sechsstelliger Kapazität und der neuesten Technologie.

Was heißt das bei den Themen After Sales und Teileversorgung?

v. Tschirschnitz: Hier ist viel Potential im und für den Handel. Die Werkstatt-Prozesse sind zu sehr „traditionelle Stapelverarbeitung“. Wir sehen kaum vorausschauende Gewerkeplanung oder gar Bestellung spezifischer Ersatzteile vor Beginn der Arbeiten. Gar nicht zu sprechen von den Möglichkeiten der Betriebsdaten bei E-Bikes, um sie für prospektives ‚Condition based servicing‘ zu nutzen. Dieser Status lässt Effizienz-Potentiale in der Werkstatt ungenutzt.

Was kann man sich hier vom Autohandel alles abschauen?

F. Baur: Qualität und Kundenzufriedenheit sind für uns zentrale Werte. Wir bezuschussen Händler, die gewisse Qualitätsstandards für Jobrad-Nutzer gewährleisten, und helfen gleichzeitig über unser Engagement in den Verbänden, den Service per se mit Wissenstransfer und Weiterbildungen zu verbessern. Gerade durch den E-Bike-Boom sind Fachleute wie Mechatroniker gefragter denn je.

Wie sehen Sie das Potenzial von Mobilitätsbudgets allgemein?

v. Tschirschnitz:Ich sehe den gesamten Markt der Anbieter von Mobilitätsbudgets noch nicht dort, wie ich es mir als Anwender vorstellen würde. Da schließe ich unser Venture Lofino mit ein. Bei Jobrad haben wir einen sehr hohen Automatisierungsgrad erreicht, sodass verschiedenste Verträge rechtssicher und sehr einfach zu handhaben sind. Das ist auch die Zielsetzung für das Benefit Management und das Mobilitätsbudget.

Wie weit ist hier Lofino?

v. Tschirschnitz: Lofino ist heute das technische Bindeglied zwischen den Mobilitäts- und Corporate-Benefit-Anbietern und einem Dutzend der marktüblichen HR- und Payroll-Systemem, mithilfe derer das alles ohne manuelle Eingriffe der HR-Abteilungen gemanagt wird. Darüber hinaus bietet Lofino die Verwaltung eines Mobilitätsbudgets für jede Firmengröße.

F. Baur: Das Kundenpotenzial von Jobrad-Kunden und Lofino-Nutzern sehe ich bei 1:1. Da liegt ein immenses Potenzial für uns. Denn die technischen Einstiegshürden durch die digitale Anbindung entfallen für die Jobrad-Kunden.

Sie sprechen die Aktivitäten der Jobrad Holding-Töchter bereits an. Eine davon, die Marke Genvelo, bietet Fahrradkleidung und -zubehör in einem Online-Shop an.

v. Tschirschnitz: Wir kennen die Idee von Sportarten wie Tennis oder Golf, nach der um das Kernprodukt eine dem Sport dienende Produkt- und Zubehör-Welt aufgebaut wird. Genvelo verkauft über den gleichnamigen Online-Shop Fahrradzubehör sowie funktionale und modische Kleidung für Bike & Business und sorgt so dafür, dass Menschen noch sicherer und vor Wind und Wetter aufs Fahrrad steigen. Wenn gewünscht, dann gibt es die Bekleidung und Accessoires auch mit dem jeweiligen Markenlogo des Jobrad-Kunden.

Uns ist es bei Genvelo neben funktionalen und hochwertigen Bekleidungsprodukten auch wichtig, dass diese gut aussehen und dem Nutzer gefallen. Emotion & Style gehören auch zum Fahrradfahren. Dafür steht Genvelo mit 70 internationalen Bekleidungsmarken. Auch hier zeigt sich unser Anspruch an einen ganzheitlich denkenden Systemanbieter für Mobilität mit dem Fahrrad, der den Firmen und Nutzern ein überzeugendes Paket an Produkten und Dienstleistungen aus einer Hand liefert.

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