Wie überzeuge ich die Mitarbeiter vom Nutzen des Dienstrades?
F. Baur: Neben den veränderten Mobilitätswünschen geht es auch um Emotionalisierung und Markenbildung. Deshalb wollen wir, dass Jobrad als die Marke für das Thema Dienstrad steht. Das ist unter anderem ein Grund, warum wir den SC Freiburg sponsorn. Die zweite Ebene heißt Diversifikation. Es gibt bei Fahrrädern keine einheitlichen Modellbestellungen. Die Arbeitgeber und wir als Leasinggeber ermöglichen den Nutzern, schnell jedes Fahrrad bestellen zu können.
v. Tschirschnitz: Ein starkes Argument für die Mitarbeitenden ist die finanzielle Vorteilhaftigkeit. Dadurch, dass der Arbeitgeber – übrigens auch öffentliche Arbeitgeber – die Leasingrate des Fahrrades vom Bruttoeinkommen des Arbeitnehmers abzieht, entsteht ein erheblicher Steuer- und Sozialkostenvorteil, auch nach der Versteuerung des geldwerten Vorteils, für den Arbeitnehmer, der bis zu 40 Prozent gegenüber dem Privatkauf liegt.
Wo liegt die preisliche Grenze?
v. Tschirschnitz: Das sind 12.000 Euro Kaufpreis als Höchstbetrag.
Wie schnell können Sie denn gerade kleine Firmen einbinden?
F. Baur: Wir haben eine volldigitalisierte Onboarding-Strecke, bei der niemand mehr etwas manuell bearbeiten muss. Das gilt für den Blumenladen um die Ecke genauso wie für den Dax-Konzern. Das Gros der Programmierung findet bei uns inhouse statt, denn wir sind im Grunde ein klassisches digitales Plattform-Modell, das die drei Gruppen zusammenbringt: die Firmen, die Mitarbeiter und den Fahrradfachhandel.
v. Tschirschnitz: Deshalb sehen wir uns im Schwerpunkt auch als eine ‚Digital Company‘. Hier sehe ich uns viel digitaler als etwa Leasingunternehmen im Automobilbereich. Umgekehrt funktionieren die Überzeugungsarbeit und das Emotionalisieren des Produkts im Automobilsektor heute noch etwas routinierter als bei den Fahrrädern. Da holen wir nun mit kundenfokussierten Services, Digitalisierung, hoher Transparenz und der intensiven Zusammenarbeit mit 6.500 Fahrradhändlern aber auf.
Wo liegt der Durchschnittspreis für ein Jobrad?
F. Baur: Da liegen wir bei knapp unter 4.000 Euro im Schnitt. Rund 80 Prozent der Räder sind E-Bikes, davon sind gut 70 Prozent Pendler-Modelle.
v. Tschirschnitz: Im Grunde waren wir ein Gamechanger für die Fahrradindustrie: Das hohe Verkaufsvolumen an hochpreisigen E-Bikes oder Lastenrädern für Familien gäbe es ohne Fahrrad-Leasing und die dadurch steuerlich begünstigte Finanzierungsfunktion nicht.
F. Baur: Man kann zu Recht sagen, dass wir dafür gesorgt haben, dass hochpreisige Fahrräder aus dem Premiumsegment zu Volumen-Produkten am Markt geworden sind, sodass sich jeder Mann und jede Frau ein hochpreisiges Fahrrad leisten kann. Vor 15 Jahren waren viele Fahrräder noch Sportgeräte. Heute sind sie immer mehr Verkehrsmittel und Teil der Corporate Mobility. Das ist sowohl für die Fahrradindustrie als auch für den Fachhandel wichtig. Denn die 6.500 deutschen Fahrradhändler decken über das Leasing im Schnitt 40 bis 60 Prozent ihres Umsatzes ab.
Der Fahrradhandel sagt, dass Jobrad auch teuer für die Händler ist.
F. Baur: Wir sind in der Tat ein Qualitätsprodukt. Dafür ist Jobrad auch die größte Marketing- und Verkaufsmaschine für den gesamten deutschen Fahrradfachhandel, denn die Hälfte unserer Nutzer sagen, dass sie sich kein neues Fahrrad gekauft hätten, wenn es Jobrad nicht gäbe. Deshalb sind wir mehr als nur ein Finanzierer. Am Ende wird jedes fünfte Fahrrad in Deutschland über uns abgewickelt, damit sind wir doppelt so groß wie der nächstgrößere Marktbegleiter.
Viele Nutzer kaufen ihr Dienstrad am Leasingende heraus. Brauchen die dann gleich wieder ein neues Leasingrad?
F. Baur: In der Tat kaufen rund 95 Prozent unserer Kunden ihr Fahrrad am Leasingende von uns ab. Der Bedarf an ein Anschluss-Leasing ist dennoch hoch. Zum einen gibt es die Fahrrad-Enthusiasten, die sich ein Portfolio verschiedenster Fahrrad-Typen aufbauen. Der zweite große Bereich ist „Familie & Freunde“, also das Weitergeben des Rads innerhalb des Familien- und Freundeskreises.
Der Gebrauchtmarkt, aber auch die Fahrradwerkstätten sind allerdings eine Welt für sich.
v. Tschirschnitz: Ich denke, wir werden mehr Anschluss-Leasings sehen als bisher. Die Spitzenpreise für Gebrauchträder sind vorbei. Wir haben mit der Jobrad Holding-Tochter „Bravobike“ Europas größte E-Commerce-Plattform für Gebraucht-Fahrräder aus dem Leasing-Rücklauf – inklusive der industriell organisierten Aufbereitung in einen Topzustand. Wir investieren aktuell in Leipzig in ein neues Werk zur Aufbereitung von Fahrrädern mit sechsstelliger Kapazität und der neuesten Technologie.