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Diesel-Debatte: Lob und Kritik für Umtauschprämien

10.08.2017 07:16 Uhr
Die unter anderem vom VW-Konzern angekündigte Umtauschprämie für alte Dieselfahrzeuge stößt auf eine gemischtes Echo.
© Foto: picture alliance / Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/ZB

Im Kampf um die Zukunft des Diesels werben Autohersteller mit Umtauschprämien um Kunden. Branchenexperten und Umweltverbände sind skeptisch, das Wort "Ablassprämie" fällt. Es gibt aber auch andere Stimmen.

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Die Umtauschprämien von Autoherstellern für alte Dieselfahrzeuge mit höherem Schadstoffausstoß sind vor allem bei Umwelt- und Verbraucherverbänden auf Kritik gestoßen. Es gibt aber auch Lob für die Angebote. VW, Daimler, BMW, Ford und Toyota hatten Prämien angekündigt, wenn Besitzer alter Dieselautos der Abgasnormen Euro 1 bis Euro 4 nun Neuwagen mit der aktuellen Abgasnorm Euro 6, Hybrid- oder Elektroautos kaufen.

"Kaufanreize für neue Diesel, die auf der Straße nur unwesentlich sauberer sind als ältere Diesel, bieten weder einen handfesten Vorteil für die Umwelt noch für betroffene Verbraucher", sagte Gregor Kolbe vom Bundesverband der Verbraucherzentralen am Mittwoch in Berlin. Er sprach von einer "Unsinnsprämie". Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund äußerte sich skeptisch. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg bezeichnete die Umtauschprämien als "Verkaufsmasche".

Der ökologisch orientierte Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprach gar von einer "Ablassprämie", mit der sich die Autobauer vom Dieselbetrug freikaufen wollten. "Wenn sie ihren Namen verdienen soll, dann dürfte es die Prämie nicht für einen Diesel geben, der die Stickoxid-Werte auf der Straße nicht einhält, sondern nur für Pkw, die wirklich sauber sind", erklärte VCD-Sprecher Gerd Lottsiepen, der auch die Rabattstaffel von VW kritisierte. "Eine Umweltprämie von 10.000 Euro für einen Klimakiller wie den VW Touareg ist unglaublich zynisch."

Die Autobranche ist in der Dieselkrise unter Druck geraten. Sie hatte beim Dieselgipfel Anfang August Prämien angekündigt. Damit soll zum einen ein Beitrag geleistet werden, um die Luftqualität in den Städten zu verbessern. In Städten wie Stuttgart oder München drohen Fahrverbote für Dieselautos, weil sie zu viele Stickoxide ausstoßen. Zugleich sind die Neuzulassungszahlen bei Dieselfahrzeugen seit Monaten auf Talfahrt, und die Gebrauchtwagenbestände der Hersteller und Händler sind von massiven Wertverlusten bedroht.

Sinnvolle Ergänzung des Maßnahmenpakets

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hatte die Prämien gelobt. Er begrüße es, dass VW, Audi und Porsche die Ankündigungen aus der vergangenen Woche zügig konkretisiert haben, hatte der CSU-Politiker am Dienstag dem Radiosender Antenne Bayern gesagt. Dobrindt hatte an ausländische Autohersteller appelliert, es im Interesse sauberer Luft den deutschen Unternehmen nachzutun.

Der Autoclub AvD begrüßte die Prämien als sinnvolle Ergänzung des auf dem Dieselgipfel beschlossenen Maßnahmenpakets, das vor allem Software-Updates für Wagen neuerer Generationen enthält. "Die Kaufprämien sind auch ein Schritt, das Vertrauen der Verbraucher in die Automobilindustrie wieder herzustellen", sagte Generalsekretär Matthias Braun.

Der Konkurrenz-Club ACE riet interessierten Verbrauchern zur Geduld. "Wer seinen älteren Diesel umtauschen möchte, der sollte unbedingt bis September 2017 abwarten - und zwar bis Fahrzeuge mit der neuen Abgasnorm Euro 6d auf den Markt kommen", erklärte der ACE-Vorsitzende Stefan Heimlich. Auch der ADAC riet dazu, die neue Norm abzuwarten.

Kein Befreiungsschlag für Diesel

Aus Sicht des Branchenexperten Stefan Bratzel reicht die Kombination aus Software-Nachrüstungen für ältere und Abwrackprämien für ganz alte Diesel-Autos nicht für einen Befreiungsschlag. Insgesamt seien die auf dem Dieselgipfel verabredeten Maßnahmen nicht durchschlagend genug, sagte der Branchen-Experte von der Fachhochschule Bergisch-Gladbach der Deutschen Presse-Agentur.

Ob die mit der hohen Schadstoffbelastung begründeten Fahrverbote in den Städten verhindert werden können, sei in der unübersichtlichen Lage mit zahlreichen Akteuren noch völlig offen. Vor allem die Fahrer der bis 2016 verkauften Euro5-Diesel könnten sich auch nach den von den deutschen Herstellern angebotenen Software-Updates keineswegs auf der sicheren Seite fühlen. "Es ist noch völlig offen, ob man mit den Euro5-Fahrzeugen in alle Städte zu jeder Zeit fahren kann. Das werden wahrscheinlich die Gerichte irgendwann entscheiden", sagte Bratzel. Ähnliches gelte auch für die erste Generation der Euro-6-Fahrzeuge, welche die Grenzwerte meist nur auf dem Prüfstand, nicht aber im Fahrbetrieb einhielten. "Die Sicherheit vor Fahrverboten ist nicht vollständig", mahnt der Experte. Erst Modelle, die die strengere Euro-6d-Norm erfüllen, entsprächen den Vorgaben. 

Die von den Herstellern angebotenen Umtauschprämien seien für viele Besitzer älterer Diesel-Fahrzeuge durchaus attraktiv, meinte Bratzel. Allerdings seien bei einzelnen Modellen auch bislang schon Preisnachlässe von bis zu 20 Prozent gewährt worden. "So ein Angebot kann durchaus Sinn machen. Bei dem Angebot braucht man ja nicht verhandeln. Da kann man sich direkt das passende Fahrzeug aussuchen und den Rabatt mitnehmen."

Der Experte erwartet unter dem Strich einen positiven Effekt für die Umwelt durch die Verkaufsaktion. Neben dem geringeren Stickoxidausstoß sollten der Verbrauch und damit die CO2-Emissionen bei den neuen Fahrzeugen niedriger liegen, wenn nicht zu viele deutlich leistungsstärkere Modelle gekauft würden. Allerdings werde mit der Verschrottung noch fahrbereiter Autos immer auch Wert vernichtet, mahnte Bratzel. Für den Volkswagen-Konzern könnte das Verkaufsförderprogramm mit bis zu 10.000 Euro Kaufanreiz zu einer besseren Auslastung der Produktion führen. (dpa)

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