Opel Corsa 1.2T (100 PS Handschalter): Warum sich der Opel Corsa so gut verkauft
Opel Corsa 1.2T (100 PS Handschalter): Warum sich der Opel Corsa so gut verkauft
18.01.2024 14:47 Uhr | Lesezeit: 3 min
Manche Autos verkaufen sich wie geschnitten Brot. Selbst wenn das Brot Durchschnitt ist – es schmeckt dennoch vielen. Der Opel Corsa ist wie dieses Brot – vor allem mit dem 100-PS-Turbobenziner und Handschaltung.
Die Vielfalt schwindet im Automobilsektor. Zwar kommen immer mehr Marken in den Handel, doch bei immer mehr Marken schwinden die Möglichkeiten der Individualisierung. Opel schließt sich diesem Trend an und streicht(e) sogar Modelle. Der kleinste Opel hört nicht mehr auf Namen wie Adam und Karl, es ist wieder der Corsa – ein Dauerläufer, der seit 1982 ununterbrochen im Programm ist – als einziger Opel übrigens. Er kann also mit Fug und Recht als Herzschrittmacher der Rüsselsheimer bezeichnet werden. Mit 53.669 Zulassungen in 2023 ist er zudem nicht nur der meistverkaufte Opel in Deutschland, sondern auch der meistverkaufte Kleinwagen letztes Jahr. Ihm auf den Fersen waren der Fiat 500 (47.166 Zulassungen mit zwei Modellen, beide im Kleinstwagen-Segment) und der VW Polo (34.408). Überraschung: Der Toyota Yaris landete mit 27.805 Zulassungen auf Platz drei im Kleinwagensegment.
Ende 2023 erfolgte das Facelift des Corsa. Gut, denn nun reiht er sich in die neue Opel-Designlinie ein. Vor allem von vorn wirkt er nicht mehr so verspielt, die als „Vizor“ bezeichnete Front sieht abgespeckt und modern aus. Weniger gibt es auch bei den Ausstattungslinien. Es gibt zwei: die Basis (also einfach Corsa) und den Corsa GS. Auch bei den Motoren fehlt bereits einige Zeit vor dem Facelift der 1,5-Liter-Diesel. Macht nichts. Die Benziner sind effizient und bald sollen zwei 48-Volt-Mild-Hybrid weitere Schlückchen Benzin einsparen – auf dem Papier zumindest. Wir haben uns motorseitig die derzeit goldene Mitte angesehen und den Opel Corsa 1.2T mit 100 PS, der rund 58 Prozent Verkaufsanteil hat und Handschaltung gewählt – den Elektro-Corsa hatten wir bereits unter unseren Fittichen. Die goldene Mitte ist, so viel vorweg, als Handschalter unsere Preis-Leistungs-Empfehlung. Wer primär in der Stadt und ab und an auf Landstraßen unterwegs ist, wird auch mit dem lethargischen Basis-Benziner (75 PS) zufrieden sein – immerhin wählen den etwa 40 Prozent der Corsa-Kunden. Auch der fährt vorwärts. Steht allerdings ab und an die Autobahn auf dem Fahrplan, sollte der Aufpreis von 1.880 Euro (brutto) für 25 Extra-PS und dann 205 Newtonmeter mehr als eine Überlegung wert sein. Denn der Druck aufs Kurbelwellchen ist beim 1.2T vorhanden und man ist gut motorisiert.
Der kleine Dreizylinder hängt per se gut am Gas und dreht bis über 4.500 Touren bereitwillig hoch. Untermalt wird das Hochdrehen mit einem typischen Dreizylinder-Knurren. Wer schnell schaltet, schafft es in unter zehn Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Doch das Schalten ist ein Metier, das der Corsa nicht so gut beherrscht. Der klobige Schaltknüppel liegt mächtig in der Hand und die Schaltwege sind lang. Zudem fehlt es den sechs Gängen an Akkuratesse. Als Alternative gibt es eine sehr angenehm agierende Achtgang-Automatik, die kostet jedoch schmerzhafte 2.280 Euro (brutto) extra. Wer das Geld ausgeben möchte, macht keinen Fehler.
Opel Corsa 1.2T 100 GS
Testwagenpreis: 27.680 € (brutto) R3/1.199 cm3 | 74 kW/100 PS | 205 Nm/1.750 U/min 6-Gang-Schalter | 194 km/h | 9,9 s WLTP-Verbrauch: 5,4 S | 117 g/km Maße: 4.061 x 1.765 x 1.435 mm Gepäckabteil: 309–1.081 Liter Versicherung: HK 18 | VK 20 | TK 21 Wartung: 30.000/jährlich Garantie: 2 Jahre
Opel Corsa 1.2T: zurückhaltend beim Verbrauch
Immerhin halten sich die nötigen Gangwechsel beim Handschalter in Grenzen. Hat man 90 km/h überschritten, ist der lange sechste Gang fast immer passend. Selbst beim Herausbeschleunigen aus Autobahn-Baustellen ist der Tempozuwachs gut, ein Runterschalten überflüssig. Der Corsa spult vor allem auf Autobahnen stoisch seine Kilometer ab. 750 am Stück? Dank 44-Liter-Tank fast kein Problem. Die Einschränkung „fast“ lösen wir gleich auf. Wer im Bereich der Richtgeschwindigkeit unterwegs ist, wird auch mit weniger als sechs Litern pro 100 Kilometer auskommen. Bei flotterer Gangart – der Corsa fährt sich auch bei Tacho 200 sehr stabil – gibt es einen Express-Zuschlag von gut einem Liter.
Das Fahrwerk federt kleinwagenüblich. Unnötig sind indes die am Testwagen montierten 17-Zoll-Räder (215er-Breite). 16 Zoll (195er) lautet die goldene Mitte und wie beim Motor: unsere Empfehlung. Dann bügelt der Opel Corsa die meisten Unebenheiten und Macken im Asphalt vernünftig aus und vermittelt trotzdem genug „Sportlichkeit“ – optisch wie fahrdynamisch. Handlich ist der Corsa in jedem Fall und mit der 15-Zoll-Basisbereifung besitzt er einen Wendekreis von kleinen 10,75 Metern – je größer die Räder, desto größer der Wendekreis.
Opel Corsa: Ergonomie nicht perfekt
Die Windgeräusche sind für einen Kleinwagen eher leise, verwundern können allerdings dicke Regentropfen, die beim Niederprasseln aufs Dach wenig Vertrauen in die Blechstärke geben – das ist aber ein subjektiver Eindruck. Objektiv ist hingegen, dass bei langen Menschen zwar eine gute Sitzposition hinter dem Lenkrad möglich ist, dann befindet sich die B-Säule jedoch direkt neben dem Kopf. Beim Schulterblick guckt man tatsächlich hinter der breiten B-Säule nach links. Erschwerend kommt hinzu, dass der Drehknauf zum Verstellen der Rückenlehne so eng zwischen B-Säule und Sitz klemmt, dass man diese kaum verstellen kann. Da sind die viel gescholtenen, weil meist grob einrastenden Hebel einfacher zu bedienen.
Auch keine Ergonomie-Glanzleistung war die Gestaltung der Sitze. Unüblich für Opel, die stets höchste Ansprüche an Sitzmöbel stellen. So waren die Rüsselsheimer beim Opel Signum die Ersten, die das AGR-Gütesiegel einführten. Das Siegel ist eine Auszeichnung für besonders rückenschonende Autositze mit Vielfach-Verstellung. Im Corsa ist der Lendenwirbelbereich allerdings so stark ausgeprägt, dass dieser arg im unteren Rücken drückt. Und das ist der Knackpunkt auf den oben erwähnten Langstrecken. Auf Kurzstrecken, auf denen oft geschaltet werden muss, stört die starre Mittelarmlehne, Bestandteil des Komfort-Pakets (das die empfehlenswerte Sitz- und Lenkradheizung inkludiert) für 400–600 Euro. Hier zeigt sich abermals, dass Pakete nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Ebenso Kritik muss sich Opel beim Digitaltacho (Serie beim GS) gefallen lassen. Dieser sieht einfach reingefriemelt aus. Immerhin kann die Anzeige per se überzeugen, da sie stark individualisierbar ist und von Minimal-Information bis hin zur Navigationskarte alles Mögliche anzeigen kann. Richtig gut ist das neue Navigationssystem, das im Infotainment-Paket (1.400 Euro) mit Rückfahrkamera, (Ein-Zonen-)Klimaautomatik und dunkel getönten Scheiben ab 2. Reihe zu haben ist. Wer dann noch „Opel Connect“ bestellt (300 Euro), bekommt Echtzeit-Stau-Info (TomTom), kann viele Funktionen im Corsa via App einsehen sowie aktivieren und besitzt eine Sprachbedienung, die wohl derzeit die beste bei Opel ist – und im Vergleich zu anderen Herstellern (nicht nur in dem Preissegment) mithalten kann.
Opel Corsa Basis mit 5-Zoll-Display
Serienmäßig ist der Corsa allerdings ein „Low-Techer“. Denn wer nicht mindestens 400 Euro fürs 10-Zoll-Infotainmentsystem (mit AppleCarplay/AndroidAuto) ausgibt, bekommt ein Radio mit 5-Zoll-Display. Punkt. Die Freisprecheinrichtung gehört mittlerweile zwar wie DAB+ zur Grundausstattung aller Neuwagen, aber wer sich das Basisdisplay ansieht, bekommt echtes Mitleid. An der passablen Materialauswahl und der ordentlichen Verarbeitung ändert das nichts. Wenngleich die noch immer viel „tapezierte“ Klavierlack-Optik alles andere als hochwertig wirkt und wenig kratzerresistent ist. Etwas mehr hätte man auch von der Hutablage erwarten dürfen. Die Befestigungshaken der Halteschlaufen erwartet man in einem Auto ab 20.000 Euro nicht. Unter die Hutablage passen 309 Liter Gepäck. Klingt nach nicht viel, ist aber für ein Vier-Meter-Auto passabel. Der Yaris schafft 286 Liter, ein Polo immerhin 351 Liter. Bestenfalls durchschnittlich fällt das Platzangebot im Fond aus. Hier ist es für zwei Erwachsene gemütlich. Immerhin ist eine Deckenlampe (im GS) montiert, die den Bereich nachts gut ausleuchtet und das Anschnallen von Kindern in Isofix-Sitzen ermöglicht.
Alles in allem gibt es am Opel Corsa in der Facelift-Version wenig wirklich zu bemängeln. Das modifizierte Design ist vielleicht sogar eines der Haupt-Kaufargumente. Nicht nur auf unseren Testfahrten im Dezember 2023 sorgte die dunkle Front (Vizor) immer mal wieder für den zweiten Blick beim Betrachter. Dass das Opel-Logo beim GS schwarz ist (Basis silber), kann jedoch auch der Grund gewesen sein. Nicht jeder erkennt sofort, dass es ein Opel ist. Ähnlich wie beim Unterschied zwischen dem Bauern- und dem Krustenbrot. Hauptsache, es schmeckt.
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