Politik, Umweltverbände und auch Automobilhersteller sind sich fast einig, E-Mobilität soll vorangetrieben werden. Nur die Kunden verstehen das nicht so richtig. So in etwa könnte der aktuelle Stand sehr verkürzt und wenig differenziert beschrieben werden. Dass aktuell in Deutschland eine Nachfrage-Delle beim Thema E-Mobilität eingetreten ist, ist unverkennbar. Dass in anderen Ländern nicht einmal eine Delle entstehen kann, haben auch bereits viele mitbekommen.
Opel Combo Electric (2024)
BildergalerieElektro-Nutzfahrzeuge: oft die richtige Wahl
Dabei würde Elektromobilität in vielen Bereichen nicht nur Sinn ergeben, sie funktioniert auch. Ein gutes Beispiel ist das Handwerk. Oft sind die täglich zurückzulegenden Strecken planbar und kurz – egal ob in der Stadt oder auf dem Land. Das Stromtanken kann häufig an den im Betrieb vorhandenen CEE-Steckdosen mittels Adapter mit 11 kW erfolgen, eine teure Wallbox ist nicht nötig. Dazu eine Ladekarte und man ist unterwegs autark und kann ab und an während des Kundenbesuchs noch Strom aufnehmen und hat für eine gewisse Zeit sogar eine Parkplatzoption mehr. So die Theorie. Kunden der Opel Combo Pkw-Version müssen seit letztem Jahr elektrisch fahren, es gibt für die „Familien-Variante“ keine Verbrenner mehr. Dass Opel sicherlich mehr Combo absetzen könnten, wenn sie auch dort technologieoffen agieren würden, ist Fakt. Denn die harte Realität zeigt sich bei der Nutzfahrzeug-Version, bei der in Deutschland nach wie vor rund 95 Prozent der Gewerbekunden den 1,2-Liter-Benziner oder 1,5-Liter-Diesel wählen und nur die verbleibenden fünf Prozent elektrisch fahren wollen, wovon wieder einige von Opel direkt und deren Händlern angemeldet sind.
Vielleicht hilft fortan das erste Facelift, mehr Nachfrage zu generieren. Denn das Facelift ist aus optischen Aspekten im Wortsinn eins. Lediglich die Front wurde modernisiert und erhielt das Vizor-Gesicht, wie Opel den „Dunkelgrill“ bezeichnet. Technisch hat sich in diese das erste LED-Matrixlicht im Segment eingeschlichen, Aufpreis: 900 Euro (netto, im Gewerbe wird in Nettopreisen gerechnet). Opel war bereits bei den Kleinwagen (Corsa) und der Kompaktklasse (Astra) Pionier beim „Verteilerlicht“. Im Opel Combo Cargo sind beim Matrixlicht sieben LED-Elemente pro Scheinwerfer installiert und machen die Nacht zum Tag. Ob man das bei einem City-Laster braucht, darf infrage gestellt werden. Ansonsten hat der Combo im Vergleich zum Vor-Facelift-Modell und seinen Zwillingen Peugeot Partner, Citroen Berlingo und Fiat Doblò sowie Toyota Proace City (hier geht es zum Video) keine nennenswerte optische Differenzierung erhalten.
Opel Combo (Facelift) mit neuem Interieur
Beim von uns gefahrenen Opel gibt es innen diverse Neuigkeiten. Der Digitaltacho ist neu und kann in der Darstellung an den eigenen Geschmack angepasst werden. Zum Umschalten einfach die Taste links vom Lenkrad drücken. Das Lenkrad ist nun oval, liegt erst etwas gewöhnungsbedürftig in der Hand und irgendwann dann gut. Sinnvoll angeordnet und nutzfahrzeuguntypisch sauber integriert befinden sich dort neu angeordnete Funktionstasten samt „Wipp-Hebelchen“ fürs Verändern der Tempomat-Geschwindigkeit und zum Durchblättern der Menüs. Neu ist auch das für schlanke 300 Euro (netto) erhältliche Infotainmentsystem. Laut Opel soll das 10-Zoll-System mit Qualcomm-Innereien zu den schnellsten im Segment gehören. Auf unseren ersten Metern nervte es schonmal nicht, was mittlerweile ja ein Qualitätsmerkmal ist.
Mehr Platz gibt es nun für den optional erhältlichen Mittelplatz, denn der Bereich um den Fahrstufen-Schalter hat abgespeckt und wurde um rund zehn Zentimeter verkürzt und ragt nicht in den Innenraum. Das Platzangebot ist okay, drei Erwachsene können die mit dem Elektro-Combo zu meisternden Strecken absolvieren. 450 Euro (netto) kostet der mittlere Sitzplatz, der bei Nichtgebrauch umgelegt werden kann und eine Art Arbeitsfläche bereithält. Unter der Sitzfläche befindet sich ein Staufach für Kleinzeug. Wer die Durchlade-Einrichtung hinter dem Beifahrersitz möchte, zahlt weitere 550 Euro und bekommt beim kurzen Combo (4,40 Meter) eine 3,09 Meter lange Ladefläche (beispielsweise für eine Leiter).
Der Opel Combo Electric hat weiterhin Frontantrieb und leistet 136 PS sowie nun 270 Newtonmeter. Beim Drehmoment gab es also eine Schippe von zehn Newtonmeter drauf. Selbst mit den 150 Kilogramm Zusatzgewicht, die im Testwagen auf der Ladefläche etwas ungeschickt gesichert wurde, geht es forsch voran – zumindest bis Tempo 135. Dann wir der Riegel vorgeschoben. Insgesamt dürfen in die kurze Version höchstens 780 Kilogramm eingeladen werden. Mit den Extrakilos im Rücken federt der Combo Electric sehr souverän. Die Lenkung ist indes eher indifferent – dafür leichtgängig. Allradantrieb wie bei der Markteinführung dieser 5. Combo-Generation im Jahr 2019 gibt es nicht mehr. Der im Elsass ansässige Allradspezialist Dangel war damals der Umbauer, der Aufpreis von 9.000 Euro allerdings wohl so exorbitant, dass fünf Jahre danach in den beiden großen Onlinebörsen kein einziges 4x4-Exemplar zu finden ist.
Opel Combo Electric (Facelift) mit untypischen Extras
Allen Opel Combo-Modellen kommen die technischen Leckerbissen zugute, die das tägliche Arbeiten im und mit dem Combo (Electric) sicherer und angenehmer machen. Im 3,3 Kubikmeter fassenden Heck der Kurzversion leuchtet für 250 Euro Aufpreis eine helle LED-Lampe und es sind vier zusätzliche Verzurrösen und zwei weitere Stromanschlüsse an Bord. Die Ladefläche hat im unteren Bereich eine Länge von 1,81 Metern, die minimale Gesamt-Kofferraumlänge beträgt 1,53 Meter. Bei der um 35 Zentimeter längeren Combo-XL-Variante sind die Innenmaße entsprechend 35 Zentimeter generöser, die maximale Zuladung aber um rund 50 Kilogramm niedriger.
Als zwar teures, aber gerade für verblechte Karosserievarianten empfehlenswertes Extra muss der digitale Innenspiegel im Paket mit 10-Zoll-Infotainment und Totwinkelkamera erwähnt werden. Kostenpunkt: saftige 1.600 Euro, dafür ist das Fahren in der Stadt deutlich entspannter und sicherer. Ein weiteres clever gemachtes Detail ist die „Key-Off-Taste“, nach deren Drücken der E-Motor eingeschaltet bleibt selbst dann, wenn man das Auto verlässt und verriegelt. So bleiben beispielsweise die Klimaanlage und andere relevante Verbraucher aktiv und das Auto ist dennoch vor unliebsamem Zugriff gesichert. Beim Nutzfahrzeug auch selten: das Aktivieren der Rekuperationsstufe über Lenkradwippen sowie beheizbare Windschutzscheibe und Lenkrad.
Opel Combo Electric mit 50-kWh-Akku
Obwohl beim Akku keine Kapazitätssteigerung erfolgte, sollen mit der nach wie vor 50-kWh-Batterie nun 60 Kilometer Reichweite hinzukommen. Effizienzverbesserungen lautet das Stichwort. In Summe sind es 340 Kilometer laut WLTP, die im Realleben deutlich unter-, im Stadtverkehr aber auch übertroffen werden können. Den Durchschnittsverbrauch geben die Rüsselsheimer mit 18,5 kWh im Mix an. Da heißt es dann rechnen, ob sich der Electric „lohnt“ – aus welcher Perspektive auch immer. Bei Firmen mit eigenem PV-Strom wird das eine befriedigende Rechnung – rein finanziell betrachtet. Beim Inspektionsintervall von zwei Jahren oder alle 25.000 Kilometern liegt die E-Version mit den Verbrennern gleichauf und ist bei den Kosten dezent günstiger.
Das alles ist auch nötig, denn der Combo Cargo Electric schlägt in der Basisversion mit mindestens 31.250 Euro (netto) ins Kontor. Den Einstieg in die facegeliftete Combo-Welt macht der 1,2-Liter-Turbo-Benziner mit 110 PS ab sparsamen 20.800 Euro (netto). Da dauert es ein paar Jährchen, bis die 10.000 Euro Differenz reingefahren sind. Im Grunde aber macht das nichts. Denn eine lange Haltedauer ist ein Schlüssel zur nachhaltigen Mobilität – und auch die kann sich ja „lohnen“.
Auch erneuert: Opel Vivaro und Opel Movano
Neben dem Opel Combo wurden zeitgleich auch der Opel Vivaro und der Opel Movano sowie die Derivate von Citroen (Jumpy und Jumper), Peugeot (Expert und Boxer) und Fiat (Scudo und Ducato) aufgefrischt, als Diesel- und Elektroversion. Der große Opel Movano Electric (ihn gibt es erst ab L3 = sechs Meter Gesamtlänge) ist mit 272 PS Leistung und seinem 110-kWh-Akku und der damit theoretisch möglichen Reichweite von 420 Kilometer (WLTP) der stärkste (bei Leistung, Akkugröße und Reichweite) Transporter im Markt. Und mit einem Basispreis von 55.800 Euro doch deutlich günstiger als der elektrisch angefeuerte Ford Transit Kastenwagen (L3) mit seinem 68-kWh-Akku und 269 PS für 66.715 Euro – ihn gibt es aber auch mit ausreichend 183 PS, allerdings dennoch erst ab 61.590 Euro.