Sommer 2022: Das Mittelklasse-SUV Mazda CX-60 kommt auf den Markt. Den Start machen die Japaner mit einem einzigen Aggregat. Einem Plug-in-Hybrid. Der Antrieb überzeugte bei den ersten Testfahrten nicht vollends. Ungehobelt ist der vielleicht treffendste Begriff und eventuell doch etwas unfair.
Dass jedoch damals nicht alles passte, sah man auch in Japan. Mittlerweile wurde Hand angelegt und alles soll stimmiger sein. Der Übergang zwischen dem elektrischen Fahren und dem Einsatz des Verbrenners gelingt nun auch im neuen, 25 Zentimeter längeren Mazda CX-80 zwar geschmeidiger, spürbar ist er aber noch immer. Vor allem beim Anfahren ruckt es meist spürbar. Der große Bruder des CX-60 hat den identischen Antrieb im langen Bug und mit ihm seine Eigenheiten. So klingt der 2,5-Liter-Vierzylinder weiterhin etwas dröhnig und beim Ausdrehen mit zusätzlichem Elektroboost kommt eine kernige Note hinzu – künstlich generiert, versteht sich. Diese ist überflüssig und letztendlich aufdringlich für solch ein gediegenes Automobil. Manch einer mag es als sportlich empfinden, doch der CX-80 ist alles, aber gewiss nicht sportlich.
Mazda CX-80 PHEV

Mazda CX-80 Plug-in-Hybrid mit zu kurzer E-Reichweite
Dabei liegt es nicht an den reinen Fahrdaten. Knapp sieben Sekunden bis Tempo 100 sind GTI-mäßig. Und auch die Zwischenspurts in Kombination aus Elektroschub und Kurbelwellen-Drehmoment, arrangiert durch das gute Achtgang-Automatikgetriebe, liegen in Kürze an und sind: kurzweilig. Aber gerade der CX-80 ist im Grunde ein sehr souveränes Fahrzeug im Auftritt – außen wie innen – und so sollte auch sein Antrieb sein. Aufmerksame Zeitgenossen nehmen bei langsamer Elektrofahrt ein Pfeifen vom E-Motor wahr. Wer den Tinnitus noch nicht hat, kann sich hier schonmal dran gewöhnen.
Nervöser werden viele wahrscheinlich beim Blick auf die Reichweitenanzeige im Kombiinstrument. Meist stehen bei kühler Witterung nach 38 Kilometern Elektrofahrt nur noch zwei übriggebliebene im Tacho. Etwas traurig, in Zeiten, in denen Plug-in-Hybride die 100-Kilometer-Marke selbst bei Kälte knacken. 60 Kilometer gibt Mazda an, macht beim CX-80 Phev 36 Gramm CO₂-Ausstoß pro Kilometer. Damit schafft es der CX-80 noch immer in die Gilde der 0,5-Prozent-Versteuerer (seit 2025 entweder 80 Kilometer E-Reichweite oder ein CO₂-Ausstoß von unter 50 g/km) und legitimiert so sein Vorhandensein und man versteht, warum in etwa die Hälfte der CX-60- und CX-80-Kunden diesen Antrieb wählen.
Mit knapp 18 kWh Akkukapazität ist der Akku des CX-80 gar nicht mal so klein, der Verbrauch aber einfach hoch. Ein bisschen E-Kraft speichert die Elektronik stets ab, damit man beim Spurt – auch auf der Autobahn – nicht zum Gespött der 200-PS-Fraktion wird. So viel leistet nämlich der Vierzylinder-Turbobenziner des CX-80 (194 PS exakt) ohne Elektrounterstützung und kämpft gegen die 2,24 Tonnen Leergewicht an. 327 PS sind es im Verbund. Bei 195 km/h verliert der Motor zwar noch nicht gegen Gewicht und Wind, aber Mazda schiebt bei dem Tempo vorsorglich den elektronischen Riegel vor. Bis dahin geht es flott und man ist auf der linken Spur ein gern gesehener Gast.
70-Liter-Tank im Mazda CX-80
Dank volumigem 70-Liter-Tankinhalt lassen sich lange Strecken am Stück absolvieren. Wer es ernst meint, kann dem CX-80 aber auch zwölf Liter auf 100 Kilometern abknöpfen. Wer den Akku nicht lädt (nur 7,2 kW Ladeleistung), sich aber zurückhält, im Verkehr mitschwimmt und sich schlicht an der geringeren Versteuerung erfreut, darf mit gut sieben Litern Superbenzin rechnen. Ein fairer Wert für ein Automobil dieser Größe.
Und dennoch: Ein Diesel macht es nicht schlechter. Den Diesel gibt es beim CX-80 auch. Und der recht neue 3,3-Liter-Reihensechszylinder ist erste Sahne. Im CX-80 ist er nun mit Allradantrieb zu haben (beim CX-60 gibt es eine empfehlenswerte Heckantriebsversion mit 204 PS), leistet 254 PS und gehört zu den besten Dieselmotoren, die es derzeit gibt. Wer also lieber bei Rewe statt Netto einkauft, fährt mit dem Selbstzünder deutlich souveräner und standesgemäßer als mit dem Plug-in-Hybrid.
Auch beim Thema Fahrwerk darf leise Kritik geübt werden. Das nicht verstellbare Stahlfahrwerk ist auf der straffen Seite zuhause. Vor allem kurze Anregungen werden ziemlich trocken weitergereicht. Hier wäre eine (nochmalige) Justage in Richtung Komfort durchaus wünschenswert. Mittels Wahl kleinerer Räder kann keine Nuance verändert werden, der CX-80 steht in allen Ausstattungslinien (derzeit fünf) auf 235/50-R20-Pneus. Beschwerden kommen vermutlich aber nur, wenn man zuvor einen Mercedes GLE gefahren ist, der geschmeidiger abrollt und dessen Lenkung sich verbindlicher anfühlt.

Erstklassige Bedienung im Mazda CX-80
Ebenfalls nicht ganz oben angekommen ist der CX-80 bei der Unterdrückung der Windgeräusche. Hier könnte man auch argumentieren, dass nirgendwo (außer bei uns) schneller als 150 km/h gefahren wird. Bis dahin ist auch der CX-80 friedlich. Die passende Gegenmaßnahme lautet: Bose-Soundsystem. Das gibt es selbst bei der Basisversion im Paket für 2.800 Euro (brutto) und macht einen hervorragenden Job.
Hervorragend ist nach wie vor das Bedienkonzept von Mazda. Leider, so war aus internen Kreisen zu hören, verabschieden sich die Japaner fortan vom Drehdrücksteller und den Tasten, die eine schnelle und ablenkungsfreie Bedienung ermöglichen. Und zwar nicht nur beim neuen Gemeinschaftsprojekt mit Changan, dem Mazda6e, sondern generell. Hoffentlich bleiben so geniale Kleinigkeiten wie „Text vergrößern“ im „Digital Driving Display“ erhalten. Solche Details helfen alten Menschen ab 45 Jahren (Smiley), ohne Lesebrille zuverlässig die Zahlen und Infos abzulesen.
Ebenfalls einfallsreich: Der kleine Druckpunkt am Ende des Blinkerhebels, mit dem sich das Matrixlicht zuverlässig und schnell ein- und abschalten lässt. Bleiben wir beim Thema Sehen. Das Wischwasser für die Windschutzscheibe kommt genau dort an, wo es hin muss: direkt vor die Wischerblätter. Das ist perfekt. Zudem hat der CX-80 eine Scheinwerferreinigungsanlage an Bord, die auch bei LED-Scheinwerfern hilft, dass man dauerhaft gut sieht, ohne manuell die Scheinwerfer reinigen zu müssen.

Schöne Materialanmutung, tolles Design im CX-80
Zurück in den Innenraum. Hier gefällt das sehr zurückhaltende Design und die Materialanmutung, wenngleich die Premium-Konkurrenz ab und an noch eine Schippe drauflegen kann. Immerhin gibt es auf Wunsch selbst beim Basismodell Exclusive-Line weiches Leder für die sieben Sitze. Der CX-80 hat die wohl komfortabelsten Armlehnen in der Türverkleidung und auch sonst fühlt man sich geborgen. Nicht ganz ins Bild will daher die Lenkradheizung passen, die lediglich partiell das Volant erwärmt. Wer lässig mit einer Hand oben lenkt, friert an den Fingern. Das veranlasst zur korrekten Sitzposition, bei der die Spielerei der automatischen Sitzpositionsfindung, die Mazda wie irre bewirbt, eher weniger hilft.
Das Platzangebot im 5-Meter-SUV ist erwartungsgemäß gut. In der mittleren Reihe und hinten wird es jedoch früher als erwartet eng am Kopf. Ganz hinten können tatsächlich auch Normalgewachsene eine gewisse Strecke mitfahren, wenn man die mittleren Sitze ein Stück nach vorne schiebt. Wer ab und an mehr als 5 Personen mitnehmen muss, dem sei die Sechssitz-Version nahegelegt. Hier können die Passagiere ganz hinten dann die Füße zwischen die mittleren Sitze strecken. Der Einstieg in die letzte Reihe ist beschwerlich.
Ganz hinten tut sich ein Kofferraummonster auf. Knapp 700 Liter passen rein, wenn die hinteren Sitze umgelegt sind, kleinwagentypische 260 sind es bei Nutzung aller Sitzplätze. Nicht so ideal: Die Stehhöhe unter der Heckklappe beträgt keine 1,80 Meter und man meint jedes Mal nach dem Öffnen, dass sie noch nicht oben angekommen ist.
So ist der Mazda CX-80 von vorn bis hinten nicht nur ein schönes Automobil, sondern auch ein sehr gutes – vor allem, wenn man nicht das Sparbrötchen mimt und sich den Diesel gönnt. Der Plug-in-Hybrid disqualifiziert sich mit seiner traurigen Elektro-Reichweite und der mageren Ladeleistung sowie der Tatsache, dass man muss sich an seine Manieren gewöhnen muss. Aber, und jetzt kommt der Trumpf des Japaners: Für 63.000 Euro bekommt man ein sehr adrett und mit allem Luxus (Leder und Bose) ausgestattetes 5-Meter-SUV, das zudem sechs Jahre Garantie besitzt. Der getestete Mazda CX-80 Phev in der Ausstattungslinie Homura Plus, kostet rund 68.000 Euro. Ein nackter VW Touareg mit ähnlich schlechter E-Reichweite aber unnötig höherer Leistung kostet mindestens 81.000 Euro, der Mercedes GLE 400e mit 380 PS und rund 100 Kilometer E-Reichweite startet bei 93.000 Euro und ein BMW X5 Plug-in-Hybrid kratzt an der 100.000-Euro-Marke. Und nur der GLE kann als Siebensitzer geordert werden.
Wer nie die beiden letzten Plätze benötigt, fährt mit dem Mazda CX-60 nicht nur schöner (die Proportionen sind stimmiger) und besser, sondern auch rund 5.000 Euro günstiger und bekommt ab 50.850 Euro sogar den phänomenal guten Sechszylinder-Diesel.