Von Benjamin Bessinger
Bislang war die sportliche Betätigung in ihrer vornehmsten Art für die Kunden der BMW M GmbH ein Vergnügen in trauter Zweisamkeit. Denn auch wenn der M8 formal eine Rückbank hat und im Fahrzeugschein als Viersitzer ausgewiesen ist, kann man den Fond von Coupé und Cabrio nicht einmal dem Nachwuchs ernsthaft zumuten. Doch jetzt beweisen die schnellen Bayern buchstäblich Rücksicht und machen den M8 zum flotten Vierer mit Hintersinn. Denn wenn der Spitzensportler im Smoking nun zu Netto-Preisen ab 138.655 Euro als Gran Coupé in den Handel kommt, gibt es nicht nur zwei weitere Türen, sondern auch gute 20 Zentimeter mehr Radstand und Länge und entsprechend mehr Platz für Freunde oder Familie. Und trotzdem sinkt nebenbei auch noch der Preis um rund 2.500 Euro netto – wenn das mal keine guten Argumente sind. Erst recht, weil das Gran Coupé auch noch ein wenig in die Breite geht, so satter auf der Straße steht und mit der gestreckten Silhouette auch noch die sportlicheren Proportionen hat.
Zwar kann der Fahrer mit dieser Wahl sein Konto etwas entlasten und obendrein auch noch Gemeinsinn beweisen. Doch mal ehrlich: Wen interessiert, was hinter einem passiert, wenn vor einem ein V8-Motor mit 4,4 Litern Hubraum lockt? Weil das GranCoupé bei uns ausschließlich als Competition angeboten wird, kommt der auf 460 kW / 625 PS statt 441 kW / 600 PS und geht mit bis zu 750 Nmzu Werke.
In der Theorie reicht das für einen Sprint von Null auf 100 in 3,2 Sekunden und ein Spitzentempo, das die Bayern für einen kleinen Obolus von 250 auf 305 km/h anheben. In der Praxis allerdings werden dem M8 solche Zahlen nicht einmal annähernd gerecht. Denn sie allein können allenfalls ansatzweise beschreiben, wie verbissen der Luxusliner voran stürmt und wie gierig er die Kilometer frisst. Dass der Viertürer ein bisschen größer und schwerer ist als die Zweitürer macht da kaum einen Unterschied.
BMW M8 Competition Gran Coupé (2020)
BildergalerieWenn das Heck verführerisch zuckt
Während die Endrohre lautstark das sündige Lied von der Lust an der Leistung singen, die animierte Nadel im digitalen Cockpit in Bereiche weit jenseits von 6.000 Touren schnellt und die Automatik ihre acht Gänge höchst präzise wechselt, lässt die Power die Pfunde schmelzen wie die Frühjahrssonne den ersten Eisbecher und ob man jetzt 4,87 oder 5,10 Meter um die Kurven kriegen muss, spielt auch keine Rolle mehr. Klar, kurvige Nebenstraßen niedrigster Ordnung nimmt man besser in einem M2 oder zur Not auch im M3. Doch auf breiten Byways, sanft geschwungenen Küstenstraßen, der Autobahn oder natürlich dem Boulevard ist der M8 nicht zu schlagen. Und wenn es mal ein bisschen knapper werden sollte, sorgt zumindest der Allradantrieb für so viel Traktion, dass der Nervenkitzel nicht allzu groß wird – selbst wenn das Heck bisweilen verführerisch zuckt.
Dabei hat der Fahrer den Schärfegrad selbst in der Hand, denn wie immer gibt es unterschiedliche Profile, die ihrem Namen diesmal alle Ehre machen. Denn im Komfort-Modus ist der M8 tatsächlich ein Gentleman mit perfekten Manieren, zuvorkommend und fast ein wenig zurückhaltend. Doch im Sport-Modus schärft er die Sinne und spätestens mit "Sport Plus" fährt er auf Sieg und der Porsche Panamera als wichtigster Wettbewerber wirkt plötzlich ganz schön pummelig und behäbig.
Aber so faszinierend das Fahren mit dem M8 ist, ist der Antrieb zugleich die größte Schwäche des Gran Coupé – zumindest, wenn man den Viertürer mit Hintersinn gekauft hat. Denn gemessen an Coupé und Cabrio mag der Neuzugang Hinterbänklern zwar tatsächlich mehr Freiheiten und entsprechend mehr Komfort bieten – doch so richtig genießen werden die das kaum können. Denn wenn der Fahrer es fliegen lässt, und nur deshalb wechselt mal schließlich für mehr als 70.000 Euro vom 840i auf den M8, sind nicht mehr Kopf und Knie das Problem, sondern der Magen. Aber vielleicht lässt sich der Nachwuchs ja beim nächsten Tankstopp mit Süßigkeiten bestechen. Bei Realverbräuchen weit über 15 Litern sollte es dazu schließlich reichlich Gelegenheit geben.