Eine umfangreiche Messreihe soll bisher unbeachtete Orte in Deutschland mit starker Luftverschmutzung finden. Die Initiative dafür geht von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) aus. Der gemeinnützige Verein ist überzeugt davon, dass es in weit mehr als den bisher bekannten 90 Städten gesundheitsschädliche Konzentrationen des Abgasgifts Stickstoffdioxid gibt. DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch rief am Mittwoch in Berlin alle Bürger dazu auf, bis zum 21. Januar Vorschläge für Messorte einzureichen.
Die Umwelthilfe will mit Experten daraus 500 Stellen auswählen, an denen in den vier Februar-Wochen die Stickstoffdioxid-Belastung gemessen werden soll. Nach der Auswertung sollen die Ergebnisse Mitte März vorgestellt werden.
"Es ist eigentlich nicht unsere Aufgabe, zu messen und für die Einhaltung von Gesetzen zu sorgen», sagte Resch. Das amtliche Messnetz mit derzeit 247 Stationen an Orten mit Straßenverkehr reiche jedoch nicht aus. Wenn es etwa in München nur zwei und in Berlin nur sechs Messpunkte gebe, sei dies viel zu wenig. Es sei zu erwarten, dass auch an stark befahrenen Straßen kleiner Städte oder Dörfer der Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter überschritten werde. Das wolle die Umwelthilfe mit ihrer Aktion belegen.
"Micky-Maus-Software-Lösungen"
Auf Druck der Autokonzerne weigere sich die Bundesregierung bisher ebenso wie mehrere Landesregierungen, wirksame Maßnahmen gegen die Stickoxid-Belastung zu ergreifen. Aus Sicht der Umwelthilfe gehe das nur mit dem Einsatz von Harnstoff-Technik und einer entsprechenden Nachrüstung der Dieselautos. Die bisher mit den Autoherstellern vereinbarten "Micky-Maus-Software-Lösungen" führten nur zu einer minimalen Verbesserung.
Der Umwelthilfe gehe es nicht darum, möglichst Fahrverbote für Diesel durchzusetzen, sagte Resch. "Wir wollen den Dieselfahrern helfen." Die DUH trete dafür ein, "dass möglichst viele der neun Millionen Besitzer von Euro-5- und Euro-6-Dieselautos keine Fahrverbote bekommen - indem ihre Autos sauber gemacht werden".
Vor Gerichten stehen Reschs Angaben zufolge zwei wichtige Termine bevor: Wegen der anhaltend hohen Stickoxid-Belastung entscheide die EU-Kommission am 25. Januar, ob sie gegen die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof klagt. Bei einer Verurteilung drohen hohe Strafzahlungen. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandele zudem am 22. Februar über Klagen der Umwelthilfe über die Zulässigkeit von Diesel-Fahrverboten. Konkret geht es um die Städte Stuttgart und Düsseldorf. Das Gericht werde darüber befinden, ob Bundesländer in eigener Verantwortung Verbotsschilder für Dieselautos aufstellen könnten, wenn der Bund dies verweigere, was derzeit so sei. (dpa)