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Opel Kapitän, Admiral und Diplomat: Modernismus zwischen Mauerbau und Mondlandung

13.10.2024 02:04 Uhr | Lesezeit: 3 min
Zu teures Topmodell – das Diplomat V8 Coupe fand nur 304 Käufer.
© Foto: Opel

Revolution aus Rüsselsheim in der Luxusklasse: Vor 60 Jahren lancierte Opel das Trio Kapitän, Admiral und Diplomat (KAD) in amerikanischer Design-Avantgarde als frische Flaggschiffe für Deutschlands Wirtschaftskapitäne. In "Mid-Century-Modern"-Formen gelang es den Modellen mit Blitz sogar, den Stuttgarter Stern zu schlagen.

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Mit seiner Interpretation von "Fly me to the moon" begeisterte US-Superstar Frank Sinatra 1964 ein Millionenpublikum, verkörperte dieser Song doch die Aufbruchsstimmung der Swinging Sixties. Ganz so wie drei Senkrechtstarter aus Rüsselsheim: Das neue Opel-Oberklasse-Trio aus Kapitän, Admiral und Diplomat ("KAD"-Modelle genannt) machte stilvollen Luxus für breitere Bevölkerungskreise bezahlbar. Besonders der Diplomat mit 169 kW / 230 PS freisetzendem V8 wurde seinem Werbeslogan als "Star der starken Wagen" gerecht, überholte er in den Verkaufszahlen doch sogar den Mercedes 300 SE.

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Während Generaldirektoren und Vizekanzler Hans-Christoph Seebohm auf den Diplomat abfuhren, präferierten Geschäftsleute die billigeren, aber ebenfalls fast fünf Meter langen Sechszylinder Kapitän und Admiral, die sich sich nur durch Details differenzierten. Zwar verkörperten alle KAD-Modelle amerikanischen Lifestyle – schließlich war Opel eine Tochter des General-Motors-Konzerns. Andererseits gelang es der hessischen GM-Dependenz, die Limousinen in den Linien des bis heute gefeierten "Mid Century Modern" zu designen. Also im Mix aus klaren Konturen, geometrischen Formen und organischen Kurven, wie ihn das auf den Höhepunkt zu rasende Wirtschaftswunder in jenen Jahren zwischen Beatlemania und Miniröcken sowie Mauerbau und Mondlandung liebte. Plötzlich war Design eine Kraft, die Klassengrenzen sprengte, und so standen KAD-Typen auch am Taxistand oder im Polizeidienst.


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Opel Grandland: Neues Flaggschiff mit historischem Erbe

Es ist wie früher und doch ganz anders: Mit beleuchtetem Blitz und in den klaren Konturen des spektakulären Concept Cars "Experimental" soll heute das vergleichsweise günstig eingepreiste neue Opel-Flaggschiff Grandland die deutsche Tochter des Stellantis-Konzerns zu frischen Erfolgen führen – und so den anhaltenden Höhenflug der Hessen im Kleinwagensegment auf größere Klassen übertragen. Anfang der 1960er Jahre beherrschte Opel bereits fast ein Viertel des deutschen Neuwagenmarktes, konnte es damals überhaupt noch eine Steigerung geben? Das Dreigestirn Kapitän, Admiral und Diplomat zeigte, was mit staatstragend großen Karossen zu kleinen Preisen im automobilen Oberhaus möglich war.

"BMW beendet die Produktion seiner barocken Flaggschiffe, luxuriöse Engländer und Italiener sind wenig beliebt, aber Mercedes verkauft mit großem Erfolg vier Sechszylinder-Versionen mit einer Karosserie", resümierte ein deutsches Fachmedium 1964 die Situation auf dem deutschen Premiummarkt. Gute Chancen also für ein repräsentatives Opel-Trio, das Besserverdienenden amerikanische Wohlstandsattribute bot. Ob geräumiger Bungalow, Swimmingpool, Geschirrspüler, Tiefkühlkost, Nerzmantel, Air-Conditioner oder der Trend zum Zweitauto: Die Europäer folgten in den 1960ern dem US-Vorbild und zeigten, was sie sich leisten konnten.

Das erfolgreiche Modell Opel Kapitän

Deshalb streckte Opel das seit 1938 in der oberen Mittelklasse erfolgreiche Modell Kapitän vor 60 Jahren auf Oberklasse-taugliche 4,95 Meter Länge, spendierte ihm optionale V8-Power aus 4,6 Litern Hubraum und positionierte den unter Chefdesigner Clare MacKichan gezeichneten Viertürer als Einstiegsmodell in seine neue, sogenannte Prominentenklasse. Aber auch mit populärem 2,6-Liter-Sechszylindermotor mit 74 kW / 100 PS (1965 ergänzte ein 91 kW / 125 PS leistendes 2,8-Liter-Triebwerk das Angebot) galt der Kapitän als schnellster Sechszylinder mit sechs Sitzplätzen in zwei Reihen.

Ein zuverlässiges Auto, wie es auch Familienväter und Taxifahrer liebten, die nicht auf den Verbrauchsvorteil der Mercedes-Diesel achten mussten. Mit einem Radstand von 2,85 Metern setzte der Kapitän Maßstäbe – nicht einmal der doppelt so teure Mercedes 300 SE „lang“ bot fürstlichere Raumverhältnisse.

Die großzügig verchromte Front mit Breitbandleuchten und vollintegrierten Nebelleuchten verschaffte dem Kapitän freie Bahn auf der linken Spur – damals noch ein Prestigekriterium, und mit 140 kW / 190 PS kräftigem V8 taugte er sogar zum Porsche-911-Jäger. Diesen V8-Luxus gönnten sich allerdings nur 113 Kapitän-Kunden, das Kraftwerk passte besser zum luxuriöser ausgestatteten und seit 1937 vertrauten Admiral – und vor allem zum Diplomat, der mit Schlagzeilen wie "Blitz schlägt Benz" für weitere Überraschungen gut war.

Während 1964 der erste Meister der neuen Fußball-Bundesliga 1. FC Köln hieß, und die Kölner Ford-Werke mit englischen Ford Zodiac hilflos auf den Kapitän antworteten, landete Opel mit dem Diplomat seinen größten Hit. Deutschlands führende Luxuslimousine gab es zum Jahreswechsel auch als elitäres Coupé mit feudalem 5,4-Liter-V8. Stolze 169 kW / 230 PS hielt das von Chevrolet gelieferte Triebwerk bereit, fast ebenso viel Power wie der drei Mal so teure Mercedes-Benz 600. Anders als diese protzige Staatskutsche präsentierte sich der beim Karossier Karmann in Osnabrück gebaute zweitürige Opel jedoch als vielbewunderte sportive Stil-Ikone.

"Ein Diplomat V8 Coupé befindet sich meistens in Gesellschaft, jedenfalls solange es parkt. Ständig ist es von Bewunderern umringt. Nehmen Sie’s gelassen schmunzelnd hin", erklärte die Opel-Werbung. Wenn sich dieses Szenario heute beim Opel-Flaggschiff Grandland wiederholen würde, wären die Opel-Verkaufsstrategen glücklich. Andererseits: Das Diplomat Coupé blieb trotz faszinierender Formensprache und formidabler Fahrleistungen – die Vmax von 206 km/h konnte kein Konkurrent toppen – eine in nur 304 Einheiten gebaute Rarität.


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Opel strahlte Bodenständigkeit aus

Ein ebenfalls vom Karossier Karmann realisiertes Diplomat V8 Cabriolet ging deshalb gar nicht erst in Serienfertigung. Im Duell mit Highend-Coupés wie BMW 3200 CS oder Mercedes 300 SE strahlte der Opel zu viel Bodenständigkeit aus. Eine Erfahrung, die damals auch der bayerische Autobauer Glas machen musste – und mit dem 2600 V8 an den finanziellen Abgrund kam.

Dagegen ging es Opel bis Ende der 1960er richtig gut – nicht zuletzt dank des viertürigen KAD-Trios, das von der breiten Bevölkerung als fast vollendeter Mix aus modernem Design, bezahlbarem Luxus und amerikanisch-anmutenden Glamour wahrgenommen wurde. Entsprechend groß waren die Erwartungen an die zweite KAD-Generation, die Anfang 1969 startete. Damals, als die Astronauten des Raumschiffs Apollo 10 während ihres Flugs in die Mondumlaufbahn Sinatras "Fly me to the moon" abspielten. Aber das ist eine andere Geschichte, nur so viel sei verraten: Höher als Opels erste sogenannte „Großwagenklasse“ konnte kein Rüsselsheimer Flaggschiff fliegen.

Wie begehrenswert es für die Oldtimerszene ist, einen Kapitän, Admiral oder Diplomat zu erwerben, erklärt Nicolas Ziegler von der Bewertungsorganisation Classic Analytics: "Nach Ansicht vieler Autotester fehlte den großen Opel-Modellen zum Erfolg vor allem eins: Ein Stern auf der Haube. Aufgrund ihrer Qualitäten, ihres amerikanisch angehauchten Designs aber auch ihres günstigen Einstiegspreises bildete sich um sie schon früh ein großer Fankreis. Zu den traditionell beliebtesten Modellen gehört der Diplomat A V8, der heute im guten Zustand selten unter 37.000 Euro zu finden ist."

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