Opel-Chef Florian Huettl kann mit breiter Brust auftreten. Das ehemalige Sorgenkind der deutschen Autoindustrie hat den Turnaround geschafft und schreibt seit 2018 schwarze Zahlen. Wir sprachen mit dem Topmanager am Rande der Weltpremiere des neuen Opel Frontera in Istanbul über die Stellung von Opel im Konzern, die weltweite Positionierung der Marke und die Richtung, die Opel in den nächsten Jahren nehmen wird.
Sie sind nun knapp zwei Jahre im Amt. Wie verlief die Integration von Opel in den Stellantis-Konzern?
Huettl: Wir erleben eine gute Phase, seit wir uns 2017 von General Motors zu PSA bewegt haben. Opel hat sich strategisch und technologisch neu aufgestellt – mit dem Schwerpunkt auf Elektromobilität und Multi-Energy-Plattformen. Das war die richtige Entscheidung. Wir haben unser Portfolio mit Corsa, Mokka, Crossland, Grandland und Astra angepasst und uns auch geografisch neue Ziele gesetzt. Opel hat sich internationaler aufgestellt als in der Vergangenheit.
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Die größten Umsatzzuwächse haben wir in den vergangenen Jahren in der Region erreicht, die wir "Middle-East-Africa" nennen, also hauptsächlich in der Türkei und den Maghreb-Staaten. 2023 haben wir weltweit 670.000 Autos verkauft, 15 Prozent mehr als 2022, und der Zuwachs außerhalb der EU lag bei 62 Prozent. Daneben verlieren wir den deutschen Markt natürlich nicht aus dem Blick. Wir sind stolz darauf, auch hier wieder Boden gut gemacht zu haben. Unser Marktanteil bei Pkw hier lag 2023 bei immerhin mehr als fünf Prozent.
Opel gibt sich selbstbewusst. Worauf führen Sie die derzeitige Stärke zurück?
Huettl: Es ist in erster Linie so, dass die neue Strategie, die wir uns innerhalb des Stellantis-Konzerns gegeben haben, erfolgreich ist. Wir haben unsere Designsprache neu definiert, wir setzen auf Elektromobilität und auf Multi-Energy-Plattformen. Unser klares Modellprogramm hat uns in den vergangenen Jahren viel Erfolg gebracht. Und vor allen Dingen ist dieses Wachstum realisiert worden durch die Felder, die wir neu besetzt haben. Wir sind eine der wenigen Marken, die im Elektromarkt schon einen höheren Marktanteil haben als im Gesamtmarkt – trotz der Einschränkungen, die die Streichung der Förderung in Deutschland Ende vergangenen Jahres mit sich gebracht hat.
Opel Frontera (2024)
BildergalerieWo steht Opel innerhalb des Stellantis-Konzerns?
Huettl: Wir sind die einzige deutsche Marke, Vauxhall ist die einzige britische Marke im Konzern. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Ein Opel wird bei uns in Rüsselsheim entwickelt und designt; dafür nutzen wir natürlich Synergien innerhalb des Konzerns. Es ist uns wichtig, dass Sie alles, was ein deutsches Auto ausmacht, wie deutsche Ingenieurskunst und ein klares Design, auch in einem Opel-Fahrzeug erfahren können.
Ist die Integration der Marke Opel zu Stellantis geschmeidig oder eher schleppend gelaufen?
Huettl: Sie müssen sehen, dass Opel bis 2017 jährlich hohe Verluste geschrieben hat. Die Zusammenarbeit mit Groupe PSA hat sehr geholfen, die Marke neu aufzustellen. Opel war 2018 zum ersten Mal nach 19 Jahren wieder profitabel. Eine der großen Stärken von Stellantis ist, dass es konzernintern immer die Möglichkeit gibt, zu vergleichen und damit auch zu optimieren. Dieser Ansatz hat entscheidend dazu beigetragen, dass Opel heute nachhaltig profitabel ist.
Wie ist es um die Opel-Werke in Deutschland bestellt? Gibt es Fragezeichen?
Huettl: Unsere Werke müssen, wie alle Werke des Konzerns im Stellantis-Verbund bei Kosten und Qualität wettbewerbsfähig sein. Und das gelingt uns in Deutschland gut; wir haben gerade 130 Million Euro in das Werk in Eisenach investiert, um dort den neuen Opel Grandland zu bauen. Wir investieren dort in die Zukunft, und das ist auch ein Zeichen, dass eine solche Produktion innerhalb von Stellantis möglich ist. Es ist aber auch klar, dass Automobilproduktion heute in Deutschland eine Herausforderung darstellt. Die hohen Kosten kompensieren wir durch hohe Qualität und Flexibilität.
Opel Grandland (2024)
BildergalerieWas halten Sie von Großförderprogrammen wie sie etwa Tesla für Grünheide abgegriffen hat?
Huettl: Die Automobilproduktion befindet sich in der größten Transformation ihrer Geschichte. Das kann die Industrie nicht alleine stemmen, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es braucht staatliche Unterstützung einerseits durch stabile Rahmenbedingungen, wie sie von Europa weitgehend vorgegeben werden, andererseits freuen wir uns natürlich auch über Stabilität in der Förderungspolitik. Frankreich geht hier mit gutem Beispiel voran und unterstützt Haushalte mit geringeren Einkünften beim Kauf eines E-Autos mit vergünstigten Leasingraten. Außerdem muss die Energiewirtschaft mit dem weiteren und schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur ihren Beitrag leisten.
Wirkt sich der Wegfall der E-Auto-Förderung in Deutschland für Opel stärker aus als für andere Hersteller?
Huettl: Das kann man so nicht sagen. Was wir heute sehen, ist dass die Preissensibilität mit der Größe des Autos abnimmt. Wer einen rein elektrischen Corsa oder Mokka kaufen möchte, achtet mehr auf den Preis als jemand, der 70- oder 80.000 Euro ausgeben kann. Unser Ziel bei Opel ist es, Elektromobilität für alle bezahlbar zu machen. Daher ist das Unterschreiten der 30.000 Euro-Marke mit dem Corsa Electric YES und dem neuen Frontera Electric nur der Anfang. Unser Ziel ist es, ein vollwertiges Elektroauto für rund 25.000 Euro anbieten zu können. Und hier sind wir auf einem guten Weg.