_ Share Economy liegt voll im Trend. Auch beim Beratungsunternehmen Fleetcompetence Europe gehört Teilen zur Firmenphilosophie.
Doch hier geht es nicht um materielle Güter, sondern um Wissen. Für die deutsche Niederlassung, die Thilo von Ulmenstein als Geschäftsführer und Gesellschafter des Schweizer Unternehmens in diesem Frühjahr in München gegründet hat, hat er für das Teilen von Fuhrparkwissen einen kompetenten Kopf gewonnen, der den im Unternehmensnamen verkörperten Ansprüchen nur allzu gerecht werden wird: Roland Vogt, ein langjähriger Weggefährte von Ulmensteins, der seit über 20 Jahren im Flotten- und Mobilitätsmanagement beruflich aktiv ist. Davon zehn Jahre als Geschäftsführer des Fuhrparkmanagement-Anbieters Fleetcompany, wo von Ulmenstein sieben Jahre lang mit ihm die Doppelspitze bildete.
"Wir haben immer schon sehr intensiv zusammengearbeitet und sehr vertrauensvoll. Das Thema Vertrauen ist natürlich ein ganz entscheidender Punkt, wenn man eine solche Unternehmung gründet", sagt Vogt.
Die letzten Jahre, als von Ulmenstein schon bei Fleetcompetence in der Schweiz war und mit seinem Partner Balz Eggenberger die internationale Expansion plante, war Vogt als Geschäftsführer der TÜV Süd Car Registration & Services tätig.
Das über zwei Jahrzehnte aufgebaute operative Flottenmanagement-Know-how in Beratungsprojekten Mandanten zugutekommen zu lassen, wird nun Kernaufgabe des Jungunternehmers Vogt, der nicht nur Geschäftsführer von Fleetcompetence Deutschland ist, sondern auch Gesellschafter. "Expertenwissen einfach teilen und dadurch jeden gewinnen lassen, das ist auch eine Philosophiefrage. Und das zieht sich durch alle unsere Themenbereiche durch, die wir entwickeln und bearbeiten", sagt Vogt.
Konzeptionelle Beratung
Auf die Fahnen geschrieben hat sich der deutsche Ableger zum einen die konzeptionelle Flottenberatung nicht nur für Fuhrparks, sondern auch für deren Dienstleister und Lieferanten wie Leasinggesellschaften und Automobilhandel. "Wir kennen beide Seiten: Wir kennen die Kundensicht und wissen, was der Flottenkunde erwartet. Und das auf der anderen Seite dem Dienstleister oder Hersteller mitzugeben, hilft, dass der Markt runder läuft und bessere Dienstleistungen bezogen werden können und möglichst alle zufrieden sind. Auch das entspricht wieder unserem Credo, das Wissen zu teilen", sagt von Ulmenstein.
Dabei gehört es zum Selbstverständnis, die Position des Kunden einzunehmen und die eigenen Erfahrungen frei von sich zu geben, auch wenn die Berater damit womöglich bei dessen Dienstleistern nicht immer auf Gegenliebe stoßen. "Respektiert werden wir von den Lieferanten schon sehr. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, Everybodys Darling zu sein", sagt Vogt über seine gegenüber vorherigen Positionen noch weiter gesteigerte Neutralität.
Mögliche Beratungsprojekte für Flotten erstrecken sich von der Entwicklung einer Car Policy bis hin zur allgemeinen Mobilitätsstrategie, die, sofern für den Kunden sinnvoll, auch Mobilitätsträger jenseits der Firmenwagenflotte einbeziehen kann. Stichwort: Mobilitätsbudget. Ein Beratungsmandat für ein bestimmtes Thema kann dann auch zum Anstoß für weitere Optimierungen werden.
Lieferantenmanagement
So berichtet Fleetcompetence von einem Flottenkunden mit 300 Fahrzeugen, der von Kauf und interner Verwaltung auf Leasing und externes Flottenmanagement umstellen wollte. Bei dieser Gelegenheit sollte auch eine neue Car Policy entwickelt werden. Die von Fleetcompetence durchgeführte Ausschreibung machte deutlich, dass bei der vom Kunden umgesetzten User-Chooser-Policy die Auswahl einer einzigen Leasinggesellschaft nicht nachhaltig marktkonforme Konditionen sicherstellen konnte. Die Entscheidung fiel schließlich auf ein Multi-Bidding-Konzept, bei dem mehrere Leasinggesellschaften in einem permanenten Wettbewerb auf jedes neu zu beschaffende Fahrzeug bieten.
Durch Multi-Bidding könnten die Kosten gegenüber einem Single-Supply nach Erfahrungen von Fleetcompetence erfahrungsgemäß nachhaltig um zehn bis 15 Prozent gesenkt werden. Bei einem Kunden, der seine Fahrzeuge bei drei Leasinggesellschaften geordert habe, hätten durchschnittliche Differenzen von 600 Euro pro Jahr und Fahrzeug bestanden. Hochgerechnet auf die Gesamtflotte habe dies einen Kostenvorteil für ihn von jährlich rund 270.500 Euro bedeutet.
Dieses Praxisbeispiel zeigt, dass also auch das Lieferantenmanagement zu den Kernkompetenzen des Flottenberatungsunternehmens gehört, was nicht nach der Ausschreibung oder dem Verhandeln der Rahmenverträge enden muss. Denn auch, dass die Verträge über die Laufzeit eingehalten werden, kann zum Mandat dazugehören. "Es wird intensiv im Ausschreibungsprozess verhandelt und es werden gute Ergebnisse erzielt. Gerade der klassische Einkäufer bedient seine Werkzeuge perfekt. Aber dann fängt die Arbeit erst an. Nämlich die verhandelten Punkte dann auch im täglichen Leben umzusetzen und sicherzustellen, dass der Lieferant sie einhält. Und da ist dann oft das schwarze Loch", sagt von Ulmenstein und hat auch dafür ein typisches Beispiel aus seiner Beratungspraxis parat: Ein deutscher Kunde habe mit seinen Leasinggesellschaften eine Zinsgleitklausel vereinbart. Die Zinsen waren über mehrere Jahre kontinuierlich gesunken, aber die Zinsgleitklausel wurde nie angewendet. "Und dann haben wir ein paar Berechnungsbeispiele gemacht, was der Kunde da so liegen gelassen hat", sagt von Ulmenstein. "Gerade im Leasing gibt es so viele Parameter, die berücksichtigt werden müssen", so von Ulmenstein weiter.
Fuhrpark-Organisation
Auch wenn Fleetcompetence nicht operativ tätig wird wie ein Flottenmanagementanbieter, so unterstützt das Beratungsunternehmen bei der Organisation des Fuhrparks und verhilft zu einem effizienten Flottenmanagement. Auf dem Weg dahin analysiert es die Aufgabenverteilungen, den Ressourceneinsatz sowie die Tools und Prozesse im Flottenmanagement. Daraus entwickeln die Fuhrpark- Experten ein Konzept für ein optimiertes Inhouse-Management."Nur wenn ein Unternehmen ein gut organisiertes internes Flottenmanagement entwickelt hat, kann es prüfen, inwieweit externe Unterstützung sinnvoll sein kann. Dafür ist die Kenntnis der eigenen Prozesse und internen Kosten erforderlich", heißt es im Beratungskonzept von Fleetcompetence. Ist ein Outsourcing des Fuhrparkmanagements sinnvoll, unterstützen die Berater bei der Ausschreibung und auf Wunsch auch bei der Implementierung.
Je nach Themengebiet und Umfang des Mandats kann das Unternehmen auf unterschiedliche Experten zurückgreifen, mit denen individuelle Beraterteams zusammengestellt werden. So soll eine bestmögliche Expertise gewährleistet werden. "Unsere Beratungspartner verfügen über unterschiedliche Themenschwerpunkte aufgrund ihrer beruflichen Erfahrung. Dies ermöglicht es uns, für jeden Themenbereich, zum Beispiel Leasingausschreibung oder Organisationsberatung, das optimale Projektteam zusammenzustellen. Wenn es dann an die Umsetzung von Lösungen geht, ist dieses hochqualifizierte Partnernetz ganz entscheidend", sagt Vogt.
Vor dem Hintergrund, dass nahezu jedes Unternehmen heute eine internationale Komponente hat, kann das Beraternetzwerk auch über Ländergrenzen hinweg tätig werden. Fleetcompetence berät sowohl länderspezifisch als auch bei der Steuerung international aufgestellter Flotten. Dann können auch internationale Partner ins Spiel kommen. Das Beratungsunternehmen verfügt in weiten Teilen Europas über Kooperationen.
Marktstudien, Fortbildung und Events
Aber auch über die reinen Beratungsthemen hinaus will Fleetcompetence Deutschland tätig werden. Bereits gestartet ist die neue Gesellschaft im Bereich Marktforschung. Von April bis Mai befragte sie in Zusammenarbeit mit der Hochschule München und Darr Mobility Concepts Unternehmen zu den aktuellen Zusammenhängen von Travel- und Fleetmanagement. Weitere Studien, zum Beispiel eine Neuauflage der bereits 2014 durchgeführten Car-Policy-Befragung, sollen folgen.
Wie schon bei der Muttergesellschaft in der Schweiz soll neben Veranstaltungen ein Angebot für Aus- und Weiterbildung von Flottenmanagern ins Portfolio aufgenommen werden. Auch auf diesem Gebiet ist Vogt, der seit Jahren an verschiedenen Hochschulen lehrt, reich an Erfahrung. Und auch bei diesen Aktivitäten jenseits des klassischen Beratergeschäfts steht im Vordergrund, das Expertenwissen zu teilen und auch anderen Marktakteuren zugänglich zu machen.
- Ausgabe 07/2016 Seite 56 (161.1 KB, PDF)