Vimcar - vor fünf Jahren von drei Jungunternehmern ins Leben gerufen - hat sich seine Dynamik als Start-up bewahrt, auch wenn man bereits dank verschiedener Finanzierungsrunden zu den Arrivierten zählt. In dem mit rund 100 Mitarbeitern mehr als gut gefüllten Hauptquartier treffen wir auf Christian Siewek. Der Ostwestfale ist in diesem Jahr das Gesicht der Marke - im vergangenen Jahr war es noch Gründerpartner Andreas Schneider.
Unsere Leser kennen bisher Andreas Schneider als Gesicht von Vimcar, Sie vielleicht weniger. Was sollten wir über Sie wissen?
Christian Siewek: Ich habe in Mannheim und in Sankt Gallen Business Administration und Management studiert - und dabei auch Andreas kennengelernt. Im Gegensatz zu Andreas - der aus der Automobil-Wirtschaft kommt - stamme ich aus der Digitalbranche. Bei Haufe Lexware, bei Zalando und Home24 habe ich erlebt, welchen Mehrwert für die Kunden durchdachte digitale Lösungen bieten können.
Und diese haben Sie beim Thema digitales Fahrtenbuch gesehen?
Siewek: Ganz genau. Das vermeintlich trockene und bürokratische Thema Fahrtenbuch war genau der Punkt, an dem sich Andreas Automobilerfahrung und meine Digital- und Finanzexpertise ideal ergänzt haben. Als wir uns später in Berlin wiedertrafen, haben wir sehr schnell entschieden, mit einem Fahrtenbuch-Produkt als Einstieg zu starten und einfach loszulegen. Unser Ansatz war, allen Unternehmen eine Leistung zu bieten, die ihnen umgehend den Arbeitsalltag erleichtert und zugleich einen finanziellen Mehrwert bietet. Schön ist, dass man bei unserem Produkt genau vorrechnen kann, was die Vorteile sind.
Bis heute soll das elektronische Fahrtenbuch fast 60.000 Nutzer gefunden haben. Gibt es noch Fragen seitens des zuständigen Finanzamtes zum Produkt?
Siewek: Die Klärung der Finanzamtskonformität war gleich unsere erste Herausforderung. Letztlich haben wir uns für den aufwändigen, dafür aber sicheren Weg entschieden. Wir haben unser Fahrtenbuch von einer Wirtschaftsberatung überprüfen lassen und bei der Entwicklung eng mit Steuerberatern zusammengearbeitet. Daraus ist dann die bis heute andauernde Kooperation mit dem Deutschen Steuerberaterverband e.V. entstanden. Manuelle Fahrtenbücher hingegen sind noch immer ein "gefundenes Fressen für den Fiskus" und werden gern zerpflückt.
Ihre digitale Lösung setzt auf einen OBD-Dongle beziehungsweise ein GPS-Modul, das direkt an die Fahrzeugbatterie angeschlossen wird. Neu ist die Integration direkt ins System des Herstellers, wie es mit BMW funktioniert. Was wird am meisten genutzt?
Siewek: Das hängt stark von der Branche und dem jeweiligen Fuhrpark ab. Für kleine Unternehmen ist der Dongle einfach die bequemste Lösung. Gemischte Fuhrparks hingegen, etwa in der Baubranche, wählen mittlerweile meist unsere Vimcar Box, die ohne Diagnose-Schnittstelle auskommt und ohne großen Aufwand an die Batterie geklemmt wird. Bei der Bestellung gibt der Kunde seinen Fahrzeugtyp an und wir stimmen gemeinsam die beste Lösung für die jeweiligen Anforderungen und Modelle ab.
Werden damit auch Probleme wie Sendeunterbrechungen in der Tiefgarage behoben?
Siewek: Sendeunterbrechungen gibt es selten. Wenn, dann in Tiefgaragen ohne Mobilempfang. Deshalb zwischenspeichern unsere Lösungen die erfassten Daten immer. Sobald die integrierte SIM-Karte wieder Empfang hat, werden die Daten nachgesendet. So gehen keine Informationen verloren und die Aufzeichnung weist keine Lücken auf.
Die fast 60.000 Fahrzeuge sprechen für den Erfolg der Idee. Das Gros sind hier aber wohl eher Kleinstflotten und Allein-Unternehmer?
Siewek: Unser Fokus ist das digitale Flottenmanagement für mittelständische und gemischte Fuhrparks bis etwa 100 Fahrzeuge. Um das zu verstehen und zu erreichen, sind wir über das Fahrtenbuch mit Kleinstunternehmern und kleinen Flotten gestartet. Die größeren Segmente und Kunden von Vimcar Fleet nehmen aber immer weiter zu. Wir haben Flottenkunden mit mehr als 2.000 Fahrzeugen. Das ist aber eher die Ausnahme.
In der Folge wurden dann peu à peu weitere Fuhrparkservices ins Portfolio aufgenommen?
Siewek: Gerade am Anfang hatten wir mit dem Fahrtenbuch technologisch ein ziemliches Brett zu bohren. Die größte Herausforderung war es, in Echtzeit die Daten der OBD-Schnittstelle zu exportieren und dann entsprechend zu verarbeiten. Ich kann mich noch an den Namen unseres ersten Kunden erinnern, der sich den Dongle damals kaufte - zum Einmalpreis von 600 Euro.
Im Austausch mit unseren Kunden haben wir dann erlebt, dass gerade Mittelständler neben der Versteuerung in der Praxis noch viele weitere Herausforderungen rund um die Autoflotte meistern müssen. Das beginnt bei der Buchung und geht hin bis zu Themen wie Halterhaftung, Führerscheinkontrolle oder Tankkosten-Verwaltung. Unser Anspruch ist es, durch Automatisierung und Digitalisierung das Fuhrparkmanagement im Arbeitsalltag grundlegend zu erleichtern.
Die klassische Art der Flottensteuerung beruht neben den Ortungsdaten auf Infos der Tankstatistiken. Hier arbeiten Sie auch mit Partnern zusammen?
Siewek: Mit den Tankkarten-Anbietern DKV, UTA und Westfalen kooperieren wir bereits und bieten die Integration in unser System. Zudem pilotieren wir mit einem weiteren Partner eine eigene europaweite Tankkarten-Lösung, da es viele Flottenbetreiber gibt, die noch keine eigene Tankkarte besitzen. Wir müssen nicht immer alles selbst erfinden. Lieber holen wir gute Partner ins Boot, als schlecht etwas selbst zu machen.
Sie bieten auch die elektronische Führerscheinkontrolle als Feature an. Welche Grundfunktionen würden Sie als Kerngebiete von Vimcar bezeichnen?
Siewek: Wir haben uns in den vergangenen fünf Jahren Kernkompetenzen in drei Bereichen erarbeitet: Zunächst bieten wir Autoflotten natürlich das Fahrtenbuch mit Fahrerverwaltung und Fahrer-Apps. Mit "Fleet Geo" erhalten Kunden die Routendokumentation - etwa als Arbeitsnachweis beim Kunden -, die Fahrzeug-Ortung und zeit- oder gebietsbasierte Bewegungsmelder zur Kontrolle und zum Diebstahlschutz. Unser Paket "Fleet Admin" umfasst die klassische Verwaltung der Flotte: die Buchung, die Kostenerfassung, die digitale Fahrzeugakte und eine Tankkarten-Integration.
Diese Modularität liest sich auch in der Preis-Matrix. Von 2,90 Euro bis 22,90 Euro reicht die Spanne. Wer bucht was genau?
Siewek: Unabhängig von der Fuhrparkgröße haben wir festgestellt, dass unsere Kunden je nach Branche und Struktur des Fuhrparks unterschiedliche Problemstellungen haben. Handwerker oder Pflegedienste nutzen etwa häufig das Paket Vimcar Fleet Geo für 12,90 Euro monatlich, um ihre Fahrzeuge zu orten, zur Sicherheit und Kontrolle, um Kundennachweise zu erstellen und Routen zu optimieren. Andere Flottenmanager wollen vor allem ihre Kosten und sämtliche Verträge im Blick behalten und entscheiden sich deshalb für Fleet Admin für 2,90 Euro. Und Autoflotten, die größtenteils aus Poolfahrzeugen bestehen, auf die mehrere Mitarbeiter Zugriff haben, wählen oft das Fahrtenbuch für 15,90 Euro.
Mit diesen Modulen - die beispielsweise noch durch die Tankkarten-Integration ergänzt werden können - bekommt jeder Kunde nur genau das, was er auch braucht. Für 22,90 Euro bieten wir mit Vimcar Pro auch eine Komplett-Lösung für die Flotte an, die alle genannten Funktionen und Features beinhaltet.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Siewek.
Interview: Rocco Swantusch
Zur Person
Christian Siewek studierte Betriebswirtschaft und Management an der Universität Mannheim und der Universität St. Gallen (Schweiz). Bei Zalando und Home24 tauchte er tief in die Welt digitaler Geschäftsmodelle ein und entdeckte seine große berufliche Leidenschaft: das Produktmanagement. 2013 gründete Christian Siewek gemeinsam mit Andreas Schneider und Lukas Weber Vimcar, wo er seit der ersten Stunde Geschäftsführer ist.
- Ausgabe 06/2019 Seite 32 (143.6 KB, PDF)