_ Die drei geographisch in einer Reihe liegenden Flottenmärkte Tschechien, Slowakei und Ungarn sind wichtige Abnehmer von Gebrauchtfahrzeugen aus den übrigen EU-Ländern. In den beiden Nachbarländern Tschechien und Slowakei spielt die Automobilindustrie eine ganz wesentliche Rolle für die Gesamtwirtschaft. Der ungarische Automobilmarkt erholt sich zusehends von der Krise. Das Flottenmanagement ist in allen drei Ländern noch sehr stark traditionell ausgerichtet, mit einem hohen Anteil von Unternehmen mit interner Verwaltung der Firmenfahrzeuge.
Tschechien
In der Tschechischen Republik befanden sich 2015 zirka fünf Millionen Fahrzeuge auf den Straßen. Zugleich ist das Land mit 1,3 Millionen Fahrzeugen in 2015 (Quelle: Tschechische Regierung, 8.1.2016) eines der größten europäischen Autoproduzenten in Relation zur Einwohnerzahl. Tschechien beherbergt drei große Autobauer: Skoda, Toyota-Peugeot-Citroën-Automotive und Hyundai. Diese spielen eine wesentliche Rolle für die gesamte Wirtschaft und den Arbeitsmarkt.
Tschechien hat darüber hinaus einen signifikanten Anteil an (importierten) Gebrauchtwagen. Dieser war aber während der Finanzkrise deutlich höher als die Zahl der Neuwagen; mittlerweile liegen die Neuwagen klar vorne (bis Juli 2016: ca. 152.000 zu ca. 95.000 Gebrauchtwagen).
Die Pkw in Tschechien werden überwiegend (zu zirka 65 Prozent) mit Otto-Kraftstoff betrieben. Diesel-Treibstoff deckt die restlichen Anteile ab, da alternative Antriebsarten in diesem Markt nahezu keine Rolle spielen.
Insgesamt setzen tschechische Unternehmen etwa 700.000 Firmenwagen ein. Der Flottenmarkt ist in diesem Land in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen: zwischen 2013 und 2015 allein um 47 Prozent (Dataforce Juni 2016).
Dieser Trend hält offenbar auch in 2016 an - dieses Segment ist in den ersten fünf Monaten erneut um 21 Prozent gewachsen. Skoda dominiert bei den Firmenfahrzeugen seinen Heimatmarkt und konnte seinen Anteil auf nahezu 40 Prozent erhöhen. Danach folgen die Marken Volkswagen und Hyundai (Quelle: Dataforce - Juni 2016).
Den Einsatz umweltfreundlicher Fahrzeuge steuert das Land über Steuern und Abgaben. Bei der Zulassung von Fahrzeugen nimmt Tschechien eine emissionsabhängige Gebühr. Alle Fahrzeuge mit einem Standard ab Euro 3 sind davon befreit. Bei der Straßenverkehrssteuer wird der Hubraum des Fahrzeugs berücksichtigt. Fahrzeuge mit rein elektrischem Antrieb, Hybrid oder Gas sind von dieser Steuer komplett ausgenommen. Auf die Zulassungen von alternativen Fahrzeugen hat dies aber bislang noch keine Auswirkung gehabt.
Dem Mitarbeiter, dem ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt wird, wird ein Prozent des Brutto-Fahrzeugpreises als geldwerter Vorteil auf sein Gehalt angerechnet.
Finanzierung in Tschechien
Im Markt finden sich im Leasing und Flottenmanagement die großen Anbieter wie ALD, Arval, Business Lease, Fleet Logistics und Leaseplan. Gleichwohl ist der Anteil von Flotten, die ihre Fahrzeuge kaufen, mit 50 Prozent (kleine und mittlere Flotten) respektive zirka 40 Prozent (mittlere bis große Flotten) nach wie vor hoch. Das Finanzleasing ist die zweithäufigste Finanzierungsform vor dem Full-Service-Leasing (Quelle: CVO Report 2015). Insgesamt sind rund 100.000 Fahrzeuge im Full-Service-Leasing beschafft.
Jaromír Hájek, Managing Director bei Leaseplan in Tschechien, stellt aber fest, dass sich bei lokalen Firmen Full-Service-Leasingverträge immer größerer Beliebtheit erfreuen. Im Hinblick auf die neuesten Technologien werden verstärkt Telematik-Lösungen nachgefragt. Große lokale und auch internationale Unternehmen nutzen hingegen am meisten Operating Leasing, dadurch werden in der Region einheitliche Konzepte und Standards etabliert.
"Wir sind das Skoda-Land, die Marke ist die beliebteste und meistgefahrene unter den Firmenwagen", weiß Hájek. "In der Regel zählt der Dienstwagen zu den Top-Leistungen für den Arbeitnehmer. In der Vergangenheit waren Dieselmotoren ein Muss, dies hat sich nun geändert." Leaseplan ist Marktführer in Tschechien und betreut rund 20.000 Fahrzeuge und seit 1996 im Land als Flottenmanagement-Dienstleister aktiv.
Slowakei
Auch im Nachbarland Slowakei ist die Automobilindustrie ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das Land hat in 2014 nahezu eine Million Fahrzeuge hergestellt und ist damit bei der Zahl der produzierten Fahrzeuge je tausend Einwohner weltweit führend. Fahrzeuge bauen in der Slowakei Volkswagen, PSA Peugeot Citroën und Kia. Zu den Anteilen der Antriebsarten gibt es keine aktuellen Daten für die Slowakei. Derzeit sollen lediglich 300 E-Fahrzeuge auf den slowakischen Straßen fahren - von insgesamt zirka 1,8 Millionen Fahrzeugen.
Im slowakischen Markt sind die gleichen Flottenmanagement-Anbieter aktiv wie im Nachbarland Tschechien. Auch in diesem Land scheint im Flottenmanagement ein Trend zum Full-Service-Leasing eingesetzt zu haben. So werden laut Aussage des Anbieters Business Lease mittlerweile 30.000 Fahrzeuge in diesem Konzept betreut. Sämtliche Anbieter hätten in jüngster Zeit deutliche Wachstumsraten erzielt, erklärte Lucia CiSková, Commercial Director von Business Lease Slovakia.
Kurzzeitverträge im Trend
Diesen Trend bestätigt FrantiSek Stank, Managing Director bei Leaseplan Slowakei. "Aktuell liegen in der Slowakei Operating-Leasing-Verträge, also Kurzzeitverträge auf einer Zwölfmonatsbasis, im Trend. Kunden profitieren dabei von hohen Rabatten, den die Hersteller gewähren", erläutert er.
Vergleicht man die Slowakei mit den (west-)europäischen Nachbarn, so sind gerade in den Flottenmanagement-Konzepten Unterschiede festzustellen. Stank erläutert hierzu: "Unserer Meinung nach liegt der größte Unterschied zwischen Slowakei und dem restlichen Europa in einem weniger ausgereiften, noch konservativen Ansatz beim traditionellen Finanzierungsleasing und anderen Formen der Autofinanzierung. Wir sind kostengetrieben, da der niedrige Preis als entscheidender Faktor gesehen wird." Weiter erläutert er, dass der Gebrauchtwagenmarkt im Land überschaubar und daher empfindlich ist. Aus Sicht der Mitarbeiter werde der Firmenwagen noch stark als Incentive wahrgenommen und als günstige Gelegenheit genutzt, das Auto nach Ablauf des Leasingvertrags zu kaufen.
Leaseplan ist auch in der Slowakei Marktführer. Seit 1999 ist das Unternehmen am Markt vertreten und betreut derzeit einen Bestand von 8.200 Fahrzeugen.
Stark wachsendes Ungarn
In Ungarn rollen derzeit etwa drei Millionen Personenwagen auf den Straßen. Im fünften Jahr in Folge ist der Markt stark gewachsen. Allerdings liegt das Niveau der Neuzulassungen mit zirka 80.000 Fahrzeugen deutlich unter den 200.000 Neufahrzeugen in 2005. Den größten Anteil an den Neuzulassungen in 2015 verbuchte Marktführer Opel, gefolgt von Skoda und Ford. Nahezu 75 Prozent der Fahrzeuge sind mit Otto-Motoren versehen. Der Rest verteilt sich auf Diesel und einen kleinen Anteil alternativer Antriebe. Auch in Ungarn gibt es daneben noch eine starke Einfuhr von Gebrauchtfahrzeugen. In 2014 beliefen sich diese auf etwa 95.000 Einheiten. Ungarn richtet bereits die Höhe der Gebühr für die Zulassung an Umweltklassen aus, die sich an den Euro-Klassen orientieren. Die Kfz-Steuer ist nach Alter und Leistung des Fahrzeugs gestaffelt.
Ungarische Unternehmen nutzen derzeit etwa 500.000 Firmenwagen. Davon werden aktuell rund 75.000 (15 Prozent) im Full-Service-Leasing betrieben. Dies macht deutlich, dass auch der ungarische Markt noch stark traditionell geprägt ist. Ihre Flotten verwalten die Betreiber häufig noch selbst, ohne externe Dienstleister zu involvieren. Bei großen, international geprägten Unternehmen ist allerdings eine andere Einstellung erkennbar. "Speziell große, internationale Kunden suchen immer mehr nach kompletten Outsourcing-Lösungen, damit sie von den täglichen Flottenmanagement-To-dos freigespielt werden", erklärt Timea Pesti, Commercial Director bei Leaseplan Ungarn. "Im Gegenzug dazu erwarten sie ein hohes Maß an Expertise der Fuhrparkmanagement-Unternehmen, die ihre Flotte optimal und effizient managen und auch auf die Zufriedenheit der Dienstwagennutzer Wert legen."
Leaseplan hat in Ungarn einen Fahrzeugbestand von 10.000 Einheiten. Das Unternehmen ist seit 1994 in diesem Land vertreten und positioniert sich am Markt aktuell auf Platz zwei.
Bei kleineren und mittleren Unternehmen beobachtet Pesti einen ausgeprägten Hang zu Ausschreibungen. "Die meisten Unternehmen, unabhängig von ihrer Größe, schreiben aus, um ein, drei oder fünf neue Autos zum besten Preis zu erhalten. Wegen diesem Ansatz gibt es größere Flotten von 40 bis 60 Fahrzeugen mit jedoch fünf bis sieben Lieferanten", stellt die Managerin fest. Einen Grund sieht sie in dem noch geringen Vertrauen der Kunden gegenüber einem ausgelagerten Flottenmanagement. Hinzu komme, dass die Auswahlentscheidung meist rein auf dem Preis basiere.
Fazit: Die Großen sind die Treiber
In allen drei dargestellten Märkte lassen sich erste Anfänge einer Entwicklung und Nutzung ausgereifter Flottenmanagement-Konzepte feststellen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen beschaffen aber derzeit die Fahrzeuge im Kauf und verwalten diese mit internen Ressourcen.
Treiber für Veränderungen sind - wie häufig zu beobachten - große und internationale Unternehmen, die aufgrund ihrer Lernkurven keine Berührungsängste vor externen Dienstleistern haben. Für die Dienstleister gilt es hier, mit transparenten und innovativen Konzepten Vertrauen in ihre Dienstleistungen zu schaffen.
Alle drei Märkte spielen als Gebrauchtwagenimporteure eine wichtige Rolle für die international tätigen Leasinggesellschaften, die in diesen Ländern Rückläufer vermarkten.
Im Vergleich
Tschechien, Slowakei und Ungarn aus deutscher Sicht
_ Auch in Deutschland gab es bis hinein in die 2000er Jahre eine relativ große Zurückhaltung bei der Nutzung externer Dienstleister. Im Leasing ein aus grenzwertigen Praktiken im Privatleasing entstandenes grundsätzliches Vertrauensproblem.Dieser "verbrannte Ruf" muss heute im Flottenmarkt in Tschechien, der Slowakei und Ungarn nicht mehr zurechtgerückt werden, da die meisten Leasinggesellschaften mittlerweile einen langen Weg gegangen sind und ihre Dienstleistungen mit starken vertrauensbildenden Maßnahmen ausgestattet und somit Transparenz und Fairness stark gesteigert haben. So hat sich in Deutschland zum Beispiel die "Faire Fahrzeugrücknahme" durchgesetzt, bei der man auch für den sensibelsten Zeitpunkt des Leasingverhältnisses nachvollziehbare und planbare Bedingungen und Prozesse im Rahmenvertrag vereinbaren kann.Die externe Flottenmanagementunterstützung und das damit zumindest teilweise verbundene Outsourcing war zu Beginn des Jahrtausends in Deutschland - wie aktuell in Tschechien, der Slowakei und in Ungarn - noch kaum verbreitet und akzeptiert.Hier waren international aufgestellte Unternehmen die Eisbrecher, da beispielsweise bei amerikanischen Firmen Outsourcing grundsätzlich positiv besetzt war. Heute gibt es eine große Offenheit zum Einbau externer professioneller Unterstützung im Flottenmanagement. Auch in kleineren und mittleren inhabergeführten Familienunternehmen hat sich im Zuge von Generationswechseln das Management für eine Nutzung professioneller Dienstleister geöffnet. Letztlich ist auch für die drei in dieser Folge betrachteten Länder zu erwarten, dass auch dieses Marktsegment durch internationale Flottenbetreiber, Flottendienstleister und, wie wir es erleben, durch internationale Beratungsmandate "missioniert" wird.Roland Vogt, Geschäftsführer von Fleetcompetence Deutschland
Thilo von UlmensteinManaging Partner bei Fleetcompetence Europe. Das Schweizer Beratungsunternehmen unterstützt mit seiner Expertise Unternehmen im Bereich Flotten- und Mobilitätsmanagement. Es ist mit einer Tochtergesellschaft in Deutschland vertreten und verfügt darüber hinaus über ein Netzwerk spezialisierter Fachexperten in Europa. Das Unternehmen bietet nationales und internationales Consulting für Flottenbetreiber und Dienstleister an und führt für sie Schulungen und Trainings sowie Marktstudien durch. Mit dem "International Fleet Meeting Geneva" hat Fleetcompetence Europe zudem innerhalb weniger Jahre eine anerkannte Networking-Plattform am Autosalon Genf für die internationale Flotten-Branche geschaffen.Weitere Informationen: www.fleetcompetence.com
- Ausgabe 10/2016 Seite 68 (376.0 KB, PDF)