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"Spezialisierung größter Benefit"

01.04.2016 06:00 Uhr
"Spezialisierung größter Benefit"

Marco Heistermann, bei Carglass für Flotten- und Gewerbekunden verantwortlich, über die Diversifizierung der Kundenbetreuung und strategische Partnerschaften.

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_ Herr Heistermann, wie viele Fuhrparks arbeiten in Deutschland mit Carglass zusammen?

Marco Heistermann: Wenn ich alle Gewerbekunden dazuzähle, sind es über 30.000. Nationale Rahmenvereinbarungen haben wir bundesweit mit mehr als 10.000 Großkunden abgeschlossen. Wir bedienen die komplette Bandbreite an Leasing-, Flottenund Gewerbekunden. Angefangen bei Gewerbetreibenden mit zwei oder drei Fahrzeugen bis hin zu Großflotten mit über 10.000 Fahrzeugen ist alles dabei.

_ Wie betreuen Sie diese unterschiedlichen Kundengruppen?

M. Heistermann: Wir sprechen sie sehr unterschiedlich an. Seit etwa eineinhalb Jahren differenzieren wir unsere Vertriebsausrichtung. Wir haben unser Key-Account- Management ausgebaut und spezialisiert, zum Beispiel für Autovermieter oder große Flottenkunden. Gleichzeitig gehen wir aber auch verstärkt in die regionale Betreuung: Wir haben also lokale Kundenbetreuer, die für kleine bis mittlere Fuhrparks beziehungsweise dezentrale Kunden verantwortlich sind. Hier sind uns die räumliche Nähe sowie die individuelle Lösungsfindung gemeinsam mit dem Kunden sehr wichtig.

_ Flotten- und Gewerbekunden haben bekannterweise andere Ansprüche als Privatkunden. Worauf stellen Sie sich hier besonders ein?

M. Heistermann: Wir müssen besonders schnell sein. Wer heute den Schaden meldet, möchte ihn morgen behoben sehen. Außerdem sind Gewerbe- und Großkunden sehr preissensibel.

_ Wie entgegnen Sie diesen Anforderungen?

M. Heistermann: Auch bei Gewerbe- und Großkunden gibt es nicht den einen Kunden. Deshalb orientieren wir uns immer an den individuellen Kundenansprüchen. Nehmen Sie die Autovermieter: Da müssen die Autos innerhalb von Stunden wieder in die Vermietung. Also haben wir mit Autovermietern Service-Vereinbarungen abgeschlossen. Die legen dann zum Beispiel fest, dass ein Fahrzeug nach Auftragseingang innerhalb von 48 Stunden wieder einsatzbereit sein muss. Solche Vereinbarungen bestehen natürlich auch mit anderen Kunden, bei denen der Faktor Zeit ähnlich sensitiv ist.

_ Wie stellen Sie sicher, dass Sie diese Versprechen einhalten können?

M. Heistermann: Die Erfüllung derartiger Vorgaben ist zugegebenermaßen mit nicht unerheblichen Herausforderungen verbunden. Schauen Sie sich alleine die Scheibenlogistik an: Bundesweit innerhalb derart enger Zeitfenster die richtige Scheibe an den richtigen Ort zu liefern, ist nicht einfach. Dieser Herausforderung haben wir uns aber gestellt. Von unserem Zentrallager in Hasselt in Belgien aus beliefern wir unsere regionalen Logistikcenter sowie unsere Servicecenter über eigene Logistikwege mit Scheiben. Wir wissen natürlich, wo welche Scheiben besonders gefragt sind und haben dementsprechend schon in den regionalen Logistikcentern eine sehr, sehr große Bevorratung der gängigen Scheiben. Von dort aus können wir die Scheiben den umliegenden Servicecentern dann innerhalb kürzester Zeit liefern. Aber auch weniger gängige Scheiben können wir von Hasselt aus innerhalb von 24 Stunden an die Servicecenter liefern.

_ Und wie gehen Sie auf die hohe Preissensibilität ein?

M. Heistermann: Grundlage für die Kosten des Scheibenaustauschs ist die fahrzeugindividuelle Herstellervorgabe. Auf dieser Basis bieten wir für Gewerbekunden unterschiedliche Rabattstaffeln an, abhängig davon, welche Auftragsvolumina der Kunde uns in Aussicht stellen kann.

_ Anders ausgedrückt: Je größer der Fuhrpark, desto höher der Rabatt?

M. Heistermann: Nicht unbedingt. Die reine Fuhrparkgröße ist nicht die alleinige Kennzahl für die Rabatthöhe. Vor allem hängt der Nachlass davon ab, wie viele Glasbruchschäden im Fuhrpark zu erwarten sind. Bei einem kleinen Fuhrpark mit vielen Außendienstmitarbeitern und Jahresfahrleistungen von 120.000 Kilometern pro Fahrzeug ist das Risiko möglicherweise höher als in einem großen Fuhrpark mit geringer Kilometerleistung. Für uns zählt also zunächst die Bruchquote und danach im zweiten Schritt als logische Konsequenz die Anzahl der Glasbruchschäden.

_ Als Teil der Belron Group ist Carglass international aufgestellt. Welche Vorteile erwachsen dem Flottenkunden daraus?

M. Heistermann: Der wesentliche Vorteil ist, dass wir international agierenden Flotten länderübergreifend einheitliche Verträge mit einheitlichen Standards anbieten können. Außerdem bieten wir unseren international tätigen Kunden mit unserem internationalen Key-Account-Management einen zentralen, grenzübergreifenden Ansprechpartner. Wir können also Prozesse standardisieren, effizienter machen und so die Komplexität verringern. Das gilt übrigens nicht nur für Europa, sondern auch für Länder wie die USA. Für weltweit aufgestellte Unternehmen kann das interessant sein.

_ Nun sind Sie im Bereich der Glasreparatur und des Scheibenaustauschs nicht alleine unterwegs, andere Marktteilnehmer wie Vertragswerkstätten sind hier ebenfalls aktiv. Warum sollte sich der Kunde aus Ihrer Sicht für Carglass entscheiden? M. Heistermann: Wie ich bereits sagte, sind wir, wenn es darauf ankommt, sehr schnell. Außerdem bieten wir als Spezialisten eine besonders hohe Fachkompetenz, auf Wunsch auch mobil zu Hause oder am Arbeitsplatz. International gesehen spricht ein weiterer Faktor für uns: Auch in vielen Ländern Europas ist die Dichte der Vertragswerkstätten deutlich geringer als in Deutschland. Wir als Spezialist haben dagegen in allen Ländern, in denen wir vertreten sind, ein vergleichsweise engmaschiges Netz. Zusammen mit der hohen Scheibenverfügbarkeit und unserer Schnelligkeit heben wir uns so deutlich von unseren Wettbewerbern ab. Der größte Benefit für den Kunden ist aber sicherlich unsere Spezialisierung: Da wir lediglich diese eine Dienstleistung anbieten und uns weltweit mit dem Thema Fahrzeugverglasung tagtäglich auseinandersetzen, sind wir sicherlich im Vorteil gegenüber anderen Werkstätten, die ein oder zwei Scheiben in der Woche reparieren oder austauschen.

_ Künftig wollen Sie die Online-Terminvereinbarung noch weiter vereinfachen. Was kann der Kunde ab wann erwarten?

M. Heistermann: In ungefähr einem Jahr soll die Online-Terminvergabe vollautomatisch ablaufen. Das heißt, der Kunde, der rein elektronisch mit seinem Dienstleister kommunizieren möchte, sucht sich online einen Termin aus und gibt dabei auch die Fahrgestellnummer an. Im Hintergrund startet dann ein vollautomatischer Prozess, dessen Ergebnis sein wird, dass die richtige Scheibe vom richtigen Monteur zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingebaut wird. Und das ohne Call-Center, das heute nach der Online- Terminanfrage noch zwischengeschaltet ist. So wollen wir noch schneller und noch flexibler auf die Kundenwünsche reagieren.

_ Sie arbeiten mit verschiedenen Leasingunternehmen zusammen. Worin bestehen diese Kooperationen genau, und welche Vorteile resultieren daraus für den Kunden?

M. Heistermann: Wir arbeiten mit allen wichtigen Leasinggesellschaften in Deutschland zusammen. Der Kunde profitiert auch hier von unserer Flexibilität und Schnelligkeit. Viele Leasingkunden sind Vielfahrer. Glasbruch ist da also ein Thema. Wir können auch in diesem Fall unseren Standardprozess anbieten. Der Kunde muss sich quasi um nichts kümmern. Er muss nur den Schaden melden und sagen, wo die Scheibe ausgetauscht oder repariert werden soll. Alles andere inklusive der Abrechnung übernehmen wir in Zusammenarbeit mit dem Leasingunternehmen. Für den Kunden bedeuten die Kooperationen also eine enorme Zeitersparnis.

_ Sie arbeiten mit den Leasinggesellschaften aber auch bei der Fahrzeugrücknahme zusammen. Wie profitiert der Kunde hier von der Kooperation?

M. Heistermann: Richtig, wir sind auch direkt auf den Rückläuferplätzen aktiv. Mit eigenen Carglass-Mitarbeitern und teilweise sogar mit einer kompletten Filiale. Die übernehmen bei den Leasingrückläufern die Scheibenkontrolle und entscheiden im Schadenfall zusammen mit den Gutachtern, ob anstelle eines Austauschs eine Reparatur möglich ist. In sehr vielen Fällen ist ein Austausch nämlich gar nicht nötig, das heißt, der Kunde spart auch hier bares Geld.

_ Bei allen Effizienzsteigerungen: Durch die Zunahme von Assistenzsystemen wird der Scheibentausch wohl eher teurer.

M. Heistermann: Definitiv. Immer mehr Autos sind mit kamerabasierten Assistenten ausgestattet, und die sitzen häufig direkt hinter der Windschutzscheibe. Und Stand heute müssen fast alle Kameraassistenten nach dem Scheibentausch rekalibriert werden. Darauf haben wir uns eingestellt. Wir haben die nötige Hard- und Software wie Diagnosegeräte oder Kalibrierungswände flächendeckend angeschafft und auch unsere Mitarbeiter sind auf diese Arbeiten vorbereitet. Das ist ein Thema, das wir in Deutschland sehr, sehr gut abdecken können. Aber auch wir können nicht verhindern, dass ein Scheibentausch durch Assistenzsysteme längere Zeit in Anspruch nehmen und teurer werden wird.

_ Über welche Werte sprechen wir konkret?

M. Heistermann: Im Schnitt rechnen wir für die Kalibrierung pro Fahrzeug mit einer halben bis Dreiviertelstunde zusätzlich. Für den Kunden bedeutet das je nach Fahrzeug derzeit einen Mehrpreis von 50 bis 150 Euro. Wir rechnen dies nach Herstellervorgabe ab. Durch das Plus an Technik und die größeren Glasflächen werden aber auch die Scheiben selbst immer teurer. Um diesem Trend entgegenzuwirken, verfolgen wir seit jeher die "Repair-first"-Strategie. Das bedeutet, wir prüfen immer zuerst, ob wir den Schaden auch reparieren können. Mit dieser Strategie haben wir eine sehr hohe Reparaturquote im Vergleich zum Wettbewerb erzielt. Da, wo die Scheibe kostengünstig repariert werden kann, entfallen auch teure Nebenkosten wie zum Beispiel eine Rekalibrierung. Das Thema Reparatur wird vor dem Hintergrund des durch die Technik immer teureren Austauschs aber noch wichtiger werden.

_ Wie ist die weitere Strategie nach der Übernahme Ihres Wettbewerbers Junited Autoglas?

M. Heistermann: Wir sind mit Junited Autoglas in engem Austausch, und wir werden sicherlich Synergien finden. Konkreter können und wollen wir derzeit nicht werden. Wir möchten uns die Zeit nehmen, genau hinzuschauen, wo eine tiefere Zusammenarbeit Sinn ergibt und wo nicht. Manche Bereiche kann man sich leicht ausmalen. Aber was wir jetzt schon sagen können: Die beiden Marken werden bestehen bleiben. Konkreteres ist hier aller Voraussicht nach im April oder Mai zu erwarten.

_ Herr Heistermann, herzlichen Dank für das Gespräch.

Interview: Christian F. Merten

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