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Die aktuelle Anspannung im Gesundheitswesen hat auch der Krankentransport (KT) Südheide zu spüren bekommen. Viele Lungentransplantationen haben an der Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover als Hauptauftraggeber in 2020 nicht stattgefunden. Damit hat sich die Zahl der Patientenbeförderungen verringert. Inzwischen nehmen die OPs wieder zu. Die insgesamt rund 900 Patienten als Fahrgäste und durchschnittlich 20 Einsätze pro Tag aus den Vorjahren werden wieder erreicht. "Obwohl die Situation unkalkulierbar war und die Auslastung unserer 15 Firmenfahrzeuge sank, haben wir im vergangenen Jahr den Bestand nicht reduziert. Das stellt sich nun als gute Entscheidung heraus", sagt Firmeninhaber Arne Gerigk.
Die neuen Anforderungen an die Hygienemaßnahmen für die Fahrten mit den Hochrisikopatienten haben dagegen keine großen Veränderungen nach sich gezogen. "Der Grundgedanke des 'keimarmen Transportes' bestimmt seit jeher unser Handeln", sagt Gerigk."Die Fahrzeuge werden daher nach jeder Tour gereinigt und nach den Empfehlungen der Deutschengesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie desinfiziert und behandelt, um die Keimbelastung so gering wie möglich zu halten." Auch die Dienstbekleidung mit antibakterieller Wirkung, welche 99 Prozent der Keime in einer Stunde abtötet, sowie Mundschutz und Schutzkittel plus Einmalhandschuhe bei Infektionsträgern gehören zum Standard.
Ein Patient pro Fahrzeug
Einzige Neuerungen: Die Auslastung der Fahrzeuge wurde auf einen Patienten pro Fahrzeug limitiert und dieser muss hinten rechts sitzen, um die Abstandsregeln einzuhalten. Alle Passagiere müssen zudem permanent FFP2-Maske tragen. "Vorn darf der Patient nur sitzen, wenn er einen tagesaktuellen negativen Schnelltest hat", sagt Betriebsleiter Stephan Streubel.
Zu Beginn hat KT Südheide in allen Fahrzeugen auch durchsichtige Trennscheiben eingebaut. Nach kurzer Zeit hat Gerigk diese wieder ausbauen lassen. Er erläutert: "Zum einen, weil das Plexiglas durch die vielen Desinfektionen schmierig erschien, zum anderen, weil der Großteil an Patienten Redebedarf hat und dies mit den Scheiben kaum mehr möglich war." Nur in zwei Autos sind sie noch montiert, weil einige Patienten das weiterhin wünschen.
Viele Kilometer, kurze Haltedauer
Da die Fahrgäste aus dem ganzen Bundesgebiet kommen, müssen die Firmenwagen im Alltag ihre Langstreckentauglichkeit beweisen. "Wir absolvieren jährlich rund 140.000 Kilometer pro Fahrzeug", sagt Streubel. "Deshalb werden die Pkw auch seit 17 Jahren für 24 Monate finanziert und es wird bereits bei Abschluss der Finanzierung mit dem Aufkäufer ein Vertrag über die Restsumme nach Ablauf der zwei Jahre geschlossen." Dabei handelt es sich um den regionalen Toyota-Händler, weil KT Südheide ausschließlich Modelle der japanischen Marke fährt. Leasing kommt aufgrund der hohen Laufleistungen und der daraus resultierenden hohen Raten nicht infrage.
Gleichwohl will Streubel, der seit diesem Jahr im Unternehmen ist und den Fuhrpark zu seinen Aufgaben zählt, die einzelnen Bereiche rund um den Fahrzeugbetrieb künftig unter die Lupe nehmen. Was nicht zur Disposition steht, ist die Zusammenarbeit mit dem Autohaus. "Das liegt am Gesamtpaket der Leistungen. Dazu gehört neben Wartung, Verschleiß-, Unfallreparaturen und Garantiearbeiten, die KT Südheide-Mitarbeiter auch am Wochenende bei einer Panne abzuholen oder bei Ausfall ein passendes Fahrzeug zu bringen", so Gerigk."Auch wenn das selten vorkommt, diese Services ohne Mehrkosten sind für unseren Betrieb wichtig."
Von Diesel zu Hybriden
Nichtsdestotrotz hat die Partnerschaft in den vergangenen Jahren eine Bewährungsprobe bestehen müssen. Diese wurde ausgelöst durch die Einstellung des Toyota Avensis 2018. Bis dahin hat die Mehrzahl der Fahrzeuge bei KT Südheide aus diesen Mittelklasse-Pkw als Kombis mit Dieselantrieb bestanden."Zudem wurde uns 2017 angekündigt, dass es auch den Corolla nicht mehr mit Dieselantrieb gibt. Das war bei unseren Fahrleistungen ein Schock", erzählt der Unternehmenschef. "Deshalb blieb uns nur die Flucht nach vorne, als der Händler uns einen Toyota Prius zum Testen überlassen hat. Das hat mich überzeugt und wir haben den ersten Hybrid angeschafft." Als Ersatz für den Toyota Avensis hat er den RAV4 als Vollhybrid gewählt. Davon befinden sich heute zehn Modelle im Fuhrpark, von denen zwei mit Allrad und acht mit Frontantrieb laufen. Daneben sind vier Toyota Corolla mit Hybrid-Antrieb und ein Prius im Einsatz - jeweils als "Business Edition".
Gerigk sieht das im Rückblick als Schritt in die richtige Richtung:"Die Unterschiede bei den Kraftstoffpreisen zwischen Diesel und Benzin sind inzwischen nur noch gering und die Hybride erweisen sich als wartungsärmer und kosteneffizienter. Es zeichnet sich beispielsweise ab, dass wir über die Haltedauer von zwei Jahren die Bremsen nicht mehr vier Mal, sondern nur noch zwei Mal wechseln müssen." Das sei insbesondere durch einen veränderten Fahrstil mit den Hybriden zurückzuführen. Zudem ist die Kfz-Steuer pro Fahrzeug um rund 300 Euro pro Jahr günstiger als bei den vormals genutzten Dieselvarianten.
Gesteigerte Flexibilität
Parallel dazu hat der Unternehmer das Reifenmanagement ins Haus geholt. Ein auf geringfügiger Basis beschäftigter Kfz-Mechaniker wechselt seither in einer eigenen Werkstatt die Räder und Reifen. Hierfür hat Gerigk eine Halle angemietet sowie Bühne und Werkzeug beschafft. "Vorher war dieser Prozess einfach zu aufwändig. Wartezeiten und Wege waren zu lang. Wir müssen aber flexibel und schnell sein, weil wir beispielsweise auch spontan in die Berge fahren müssen", sagt Streubel.
Bei Auslieferung sind die Autos mit einem Satz Sommer- sowie Winterräder bestückt. Die Reifen halten allerdings nur eine Saison. "Den Reifenersatz kaufen wir dann je nach Angeboten bei freien Händlern oder im Autohaus", so der Betriebsleiter.
Tanken, Waschen und Saugen übernimmt im 24-Stunden-Dienst die örtliche Tankstelle auf Rechnung. Die Desinfektion erledigen anschließend die eigenen Mitarbeiter. Ihnen steht auch jeweils eine Mastercard zur Verfügung, mit denen sie sämtliche Ausgaben im Fernverkehr begleichen. "Die Business-Karte ist für den Mitarbeiter ausgestellt, so dass sich die Kosten gut zuordnen lassen", erläutert Streubel.
Das Reporting im Fuhrpark läuft über Excel. Aufbereitet werden die internen Daten sowie die Daten vom Finanzdienstleister und Automobilhersteller durch einen IT-Spezialisten, den KT Südheide eingestellt hat, um die digitalen Möglichkeiten stärker zu nutzen. Das umfasst etwa die Erinnerung an Inspektionen genauso wie an TÜV-Termine und Führerscheinkontrollen.
Seit 2018 wird außerdem GPS in allen Fahrzeugen verbaut, so dass die Disposition bei Bedarf den Standort ermitteln kann. Etwa, wenn eine Klinik anruft und nachfragt, wie lange der Transport noch dauert. "Wir müssen die Anrufe nicht mehr auf einen Rückruf vertrösten, sondern können direkt Auskunft geben", freut sich Streubel. "Wenn die Fahrer längere Strecken zurücklegen, dann informiert die Disposition auch über Staus und leitet sie um."
Neue Aufgabengebiete
Als Nächstes wird eine neue Corporate Identity eingeführt. Alle Fahrzeuge werden künftig nur noch in Silbergrau mit roter Teilfolierung und weißem Firmen-Schriftzug plus Telefonnummer bestellt. Die örtliche soll ferner eine 0800-Rufnummer ersetzen. Nur ein Auto soll in Gelb mit einem Aufruf zur Organspende bleiben.
Der Wechsel zu einer kostenlosen überregionalen Vorwahl hat einen Grund: KT Südheide will seine Aktivitäten ausweiten. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Region Hannover und dem Heidekreis. Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern sind für Streubel weitere potenzielle Einsatzgebiete mit eigenen Fahrzeugen vor Ort. Auch die Aufgabengebiete könnten sich erweitern, beispielsweise um die Beförderung von Reha-Patienten mit Corona-Langzeit-Symptomen. Einen Zeithorizont für die Umsetzung der Pläne können Gerigk und Streubel nicht nennen. Dafür sind die Umstände zu unsicher. Nur eines ist klar: Bei Bedarf muss der Händler schnell weitere Autos besorgen.
Krankentransport Südheide
Den Krankentransport Südheide gründete Rettungsassistent Arne Gerigk im September 2004. Das Unternehmen beschäftigt 41 Mitarbeiter, deren Aufgaben sich um die Beförderung von Patienten vor und nach Organtransplantationen, mit Herzunterstützungsystemen, von Ärzteteams und Transplantat sowie Rehatransfers und Fahrten zu Chemo- und Strahlentherapien drehen. Sitz ist Bad Fallingbostel.
- Ausgabe 05/2021 Seite 14 (290.6 KB, PDF)