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Wer mit Angelika Herrmann spricht, sieht eine engagierte, herzliche und neugierige Fuhrparkverantwortliche vor sich. Ihre soziale Ader hängt eng mit dem Arbeitgeber zusammen, denn Herrmann ist stellvertretende Leiterin der Diakonie- und Sozialstation in Ludwigsburg. Das Team von gut 150 Pflegekräften im ambulanten Dienst tourt durch ganz Ludwigsburg und pflegt nicht nur 1.000 Patienten zu Hause, sondern ist auch wichtige Bezugsperson für Hilfsbedürftige auf physisch wie psychischer Ebene. "Gerade im letzten Frühjahr, als selbst die Kirchen geschlossen waren, konnten wir, als die wenigen Kontaktpersonen, die die Menschen in ihrem Zuhause aufsuchen durften, die Aspekte der Seelsorge sehr deutlich ausfüllen", erinnert sich Geschäftsführer Thomas Schickle. Das Wort "systemrelevant" ist sehr technokratisch, hier aber absolut treffend für die Pfleger und Pflegerinnen.
Seit 2014 elektrisiert
Wie vielerorts touren die Mitarbeiter morgens und abends mit City-Flitzern zu den bis zu 20 Haushalten, die eine Tour meist umfasst. Die 55 Flotten-Fahrzeuge sind alle rot und in der Mehrzahl flüsterleise. Seit 2014 - mit der Übernahme der Fuhrparktätigkeiten von Angelika Herrmann - wuchs sukzessive der Stromeranteil auf aktuell 35 und bis zum Jahresende auf 45. Der Wechsel zu E-Smarts (23) und VW E-Ups (11) ist natürlich nicht mit dem Anruf beim Händler abgeschlossen, sondern bedeutet, sich um Ladeinfrastruktur und das Schulen der Mitarbeiter zu kümmern: kurzum ein Berg von Arbeit.
Aber wie es ihrem Wesen entspricht, erklärt Herrmann uns, dass der Umstieg auf E-Mobilität vor allem eines macht: Spaß. Spaß am Ausprobieren und Spaß, die Mitarbeiter auf dem Weg mitzunehmen. Genau das passiert, wenn neue Mitarbeiter an Bord kommen. Egal ob sie in der Verwaltung im Hauptgebäude auf dem Ludwigsburger Marktplatz oder in der Jugendhilfe oder in einer der sieben Pflegestationen arbeiten, die im Stadtgebiet verteilt und damit "direkt in den Quartieren" sind. Jeder Neue fährt als Begleiter auf einer Tour mit und erlebt dabei nicht nur die pflegerische und caritative Arbeit hautnah, sondern erfährt auch einen Crashkurs in Sachen Elektromobilität. Und das Urteil der meisten: Sie möchten ihre elektrischen Stadtflitzer nicht mehr missen.
Fahrtrainings sind sinnvoll
Gesteckt werden die Ladekabel in firmeneigene Wallboxen, die an den verschiedenen Standorten überirdisch und in Tiefgaragen installiert wurden. "Sowohl bei der Installation als auch bei der Förderung von gut 50 Prozent der Kosten halfen uns der gute Draht zur lokalen Politik. Denn auch seitens der Politiker besteht Interesse daran, dass der Umstieg auf die Elektromobilität nicht nur beschlossen, sondern vor Ort auch umgesetzt wird. Für diese Hilfe sind wir sehr dankbar", erzählt Herrmann. Bei Kosten von knapp 100.000 Euro für 18 Ladepunkte ist dies nachvollziehbar. Aber auch hier endet nicht die Arbeit des Flottenteams, das neben der Fuhrparkleiterin noch zwei Mitarbeiter umfasst."Wir wollen unseren Fahrern zeigen, wie sie mit dem E-Auto sparsam unterwegs sein können, ohne dass der Fahrspaß leidet. Deshalb laden wir sie zu speziellen Fahrtrainings ein", beschreibt Herrmann jenen Teil der betrieblichen E-Mobilität, der oftmals zu kurz kommt. Etwas bisher Alltägliches neu zu lernen: das Autofahren.
Letztlich werden trotz der Strompreise von derzeit 25 Cent je Kilowattstunde Ökostrom, der von den hiesigen Stadtwerken bezogen wird, diese Ausgaben steigen, wenn der Verbrauch zunimmt. Bisher stehen im Schnitt gut vier Euro pro 100 Fahrkilometer auf der Laderechnung, bei entsprechend gut 16 kWh Verbrauch. Die Tagestouren - von denen oft 35 zeitgleich laufen - betragen meist zwischen 50 und 60 Kilometer und sind somit selbst mit dem kleinen Smart-Akku problemlos machbar. Hinzu addieren sich deutlich geringere Werkstattkosten, wie Herrmann berichtet."Wir rechnen für die Wartung pro E-Fahrzeug mit 250 Euro im Jahr, bei den Benzinern liegen wir bei rund 600 Euro. Bei den Instandhaltungskosten läuft dies noch deutlicher auseinander." Die CO2-Einsparung beziffert der Pflegedienst mit gut 20 Tonnen im Jahr.
Mit rund 6.000 Kilometern pro Auto ist die Jahresfahrleistung überschaubar, die Beanspruchung der Fahrzeuge dennoch hoch. Denn trotz der Fahrtrainings ist der Pflege-Alltag von unvorhersehbaren Dingen und damit Stress gekennzeichnet. Was beispielsweise Parkschäden an den Fahrzeugen dokumentieren. Der Pool der 55 Autos sollte also stets gut gewartet sein. So probierte Angelika Herrmann auch hier etwas aus und holte das Start-up Repairfix nach Ludwigsburg. Die Motivation lag für Herrmann im Wesensmerkmal von Parkschäden: "Diese kommen nicht durchgängig im Jahr, sondern in Perioden, dann aber gehäuft vor. Man kann sie also nur schwer planen." Knirschte oder knallte es, begann ein Ping-Pong von Fragen, Antworten und Nachfragen rund um den händisch ausgefüllten Unfall-Aufnahmebogen und, wenn nötig, die Korrespondenz mit der Werkstatt.
Repairfix-App auf dem Handy
Nach einem Demo-Video entschied sich die Fuhrparkchefin zum Handeln und holte die Repairfix-App auf alle Dienst-Smartphones, auf denen auch die Tourenplanung und Abrechnung der einzelnen Pflegeleistungen läuft. Seitdem heißt es beim Schaden: Handy zücken, App aufmachen."Hier werden die Mitarbeiter sehr gut durch die einzelnen Punkte geführt, alles ist schlüssig und verständlich erklärt. Dann noch die Fotos mit dem Handy machen und hochladen. Schon haben wir alle Daten, die wir brauchen, um einen Kostenvoranschlag zu bekommen und um den Fall an die Versicherung geben zu können." Damit dies reibungslos läuft, suchte man aktiv den Kontakt zu den bestehenden Werkstattpartnern, wie Natalie Kolb, Mitgründerin von Repairfix, berichtet."Die Werkstätten wurden vorab informiert, dass sie künftig über das System einen Link mit der digitalen Fahrzeugakte erhalten, in der alle relevanten Daten und die Fotos des Schadens vorhanden sind." Zudem wurde bei der Versicherung nachgefragt, welche Anforderungen es für die digitale Schadenerfassung gibt und es wurden diese Punkte im Protokoll von Repairfix ergänzt. Es gibt nun also deutlich weniger Nachfragen beim einzelnen Schaden."Gleichzeitig habe ich einen Überblick über alle offenen Werkstattthemen", lobt Herrmann, die zum Schluss kommt: "Der Ablauf des Managens von Schäden erleichtert sich für uns sehr stark dank Repairfix."
Fachkräfte - vor allem auf Vollzeitbasis - sind auch in Ludwigsburg rar. So sind ein moderner Fuhrpark, aber eben auch Hilfsmittel für das Erledigen von Dingen, die nicht zur eigentlichen pflegerischen Arbeit gehören - in dem Fall der Umgang mit Unfallschäden - Pluspunkte beim Recruiting. Über einen Menü-Punkt in der App wird sich auch Angelika Herrmann bald freuen, wenn nämlich Wartungs- und Inspektionstermine eingespielt und über das System verwaltet werden können. Digitale, also papierlose und zeitsparende Prozesse gehören eh schon in die Welt der Pflegedienste - und sie gibt es nun auch für deren Fuhrparks.
- Ausgabe 05/2021 Seite 17 (463.9 KB, PDF)