_ Mit einer Schaden-Kosten-Quote im Flottensegment von unter 100 Prozent ist die VHV im leicht grünen Bereich und deutlich besser als der Marktdurchschnitt. Dennoch: Ist das ausreichend?
Per-Johan Horgby: Wir sind damit zwar nur leicht profitabel, aber es reicht uns, um den Kunden weiterhin gute Angebote unterbreiten zu können und nicht auf Kosten der Substanz zu agieren. Da wir als Versicherungsverein beispielsweise nicht börsennotiert sind, müssen wir keine Dividenden ausschütten. Wir haben folglich andere Spielräume und können in die Kunden und Produkte investieren. Gewinne haben folglich nur einen Zweck: das Unternehmen für die Zukunft fit zu machen und wettbewerbsfähig aufzustellen.
_ Was bedeutet es für den Kfz-Bereich, das Unternehmen zukunftsfit zu machen?
P.-J. Horgby: Ein zentrales Thema ist gegenwärtig die Implementierung neuer IT-Systeme, mit denen wir uns für die nächsten 20 Jahre rüsten wollen. Das Projekt der Digitalisierung betrifft den gesamten Versicherungskonzern und bringt für den Kfz-Bereich mit sich, dass in einigen Jahren vieles einfacher und damit auch günstiger werden soll. Ziel ist es, uns digital à la Amazon so kundenfreundlich wie möglich zu positionieren. Wenn uns das gelingt, entsteht eine Winwin-Situation für uns und die Kunden.
_ Arbeiten Sie auch an neuen Produkten oder Leistungen wie Telematiktarifen oder Riskmanagement-Tools für Flottenbetreiber?
Torben Sperling: Es wird sicherlich mehr Tools für Flottenkunden geben. Wenn wir über die Digitalisierung reden, wollen wir neue Wege finden und etwa gemeinsam an der Riskmanagement-Sicht arbeiten. Für die Kunden wird es interessant, weil wir dann zum Beispiel das Melden eines Fahrzeugs direkt abwickeln und beschleunigen können. Für Flottenkunden werden die Neuerungen folglich mit Erleichterungen einhergehen.
P.-J. Horgby: Ein weiterer Schritt in die Digitalisierung ist das Kfz-Versicherungsprodukt inklusive Telematik-Tool, das wir seit etwa zwei Monaten für Privatkunden führen. Wir haben vor, ein adäquates Produkt in den kommenden zwei Jahren auch für Gewerbetreibende als optionales Zusatzangebot aufzulegen. Es wird das erste volldigitale Produkt sein, das wir anbieten können. Auch unsere Dienstfahrzeuge werden dann die Telematik-Box haben. So wollen wir Auffälligkeiten finden, Schadenhäufigkeiten ermitteln und damit letztlich die Beiträge sinken lassen.
_ Wo rangieren Sie im Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zum Wettbewerb? P.-J. Horgby: Das Preis-Leistungs-Verhältnis muss top sein, um im Wettbewerb überhaupt bestehen zu können. Unsere Politik unterscheidet sich vor allem darin, dass wir mit sechs Prozent weniger Provisionen zahlen als andere, die etwa zehn Prozent oder auch mehr vergüten. Alle Makler machen das natürlich nicht mit. Diese Courtage ist jedoch Tradition des Hauses VHV, weshalb wir nachhaltig günstige Preise anbieten.
_ Wie sieht derzeit der Wettbewerb unter den Flottenversicherern aus?
T. Sperling: Wir sehen, dass das Marktumfeld härter wird. Es scheint so, dass der eine oder andere wieder mehr Gefallen an dem Geschäftsbereich findet, als es noch vor kurzem der Fall war. Es handelt sich etwa um ausländische Versicherer und Anbieter, die bisher eher im Lebens- und Krankenversicherungsbereich aktiv waren.
P.-J. Horgby: Bei diesem defizitären Wettstreit machen wir nicht mit. Es ergibt nun mal keinen Sinn, Verlustgeschäft zu machen. Wir helfen unseren Kunden gerne. Aber wenn die Schaden-Kosten-Quote über 100 Prozent liegt, lohnt es sich nicht. Solche Geschäfte haben wir zeitweise auch gezeichnet und auf eine bessere Zukunft gewartet. Diese kommt nur nicht.
_ Wie rüstet sich die VHV für den Wettkampf?
P.-J. Horgby: Der Wettkampf wird wahrscheinlich zunehmen, weil andere Sparten schwieriger werden. Daher bleibt die Neigung, in anderen Geschäftsfeldern aktiv zu werden, um dies zu kompensieren. Gleichzeitig sind jedoch weniger Verkäufer im Markt, weil Angestellte und freiberufliche Vertreter reduziert werden. Das betrifft aber nicht die VHV, weil wir nur mit Maklern arbeiten. Deren Zahl ist eher steigend, so dass wir uns in der Gesamtbetrachtung relativ konstant entwickelt haben. Im Maklermarkt haben wir außerdem unsere Position als meist vermittelte Autoversicherung halten können. Wir sind also sehr stark im Kfz-Versicherungsmarkt, und das wollen wir auch im Flottenmarkt in die Waagschale werfen.
_ Herr Horgby, Herr Sperling, vielen Dank für das Gespräch!
Interview: A. Schneider
- Ausgabe 04/2016 Seite 69 (132.7 KB, PDF)