Die Finanztochter des VW-Konzerns (VWFS) hat den zunächst befürchteten größeren Verlust von Gebrauchtwagen-Restwerten im Corona-Jahr 2020 eindämmen können. Im Sommer war die Sparte - in der Volkswagen-Gruppe zuständig vor allem für Autokredite, Leasing und Versicherungen - noch davon ausgegangen, sich wegen der wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für viele Verbraucher erhebliche Risiken etwa aus Leasing-Verträgen ins Haus zu holen.
Letztlich seien keine Restwertverluste aufgetreten, "die über die normale Situation hinausgehen", sagte Finanzchef Frank Fiedler am Donnerstag bei der Vorstellung der Jahreszahlen. Vorstandschef Lars Henner Santelmann erklärte: "Im Frühjahr haben wir die Autos bewusst auf Lager gelassen und nicht mit großen Discounts in den Markt gegeben." Damals erreichte die erste Corona-Welle Europa, den Stammmarkt der VW-Tochter mit Hauptsitz in Braunschweig. Ab Mai und Juni habe sich der Gebrauchtwagenmarkt dann deutlich entspannt.
VWFS betriebt auch eine klassische Bank, dient dem Konzern aber vor allem als Absatzförderkanal für eigene Modelle. Beim Leasing entsteht dem Anbieter dann ein Restwert-Risiko, wenn der Leasingnehmer oder Gewerbekunde den Wagen nach vereinbarter Zeit zurückgibt und für VWFS am Markt nicht der gewünschte, vorkalkulierte Preis zu holen ist.
Unsicherheiten bei Gewerbekunden
Unsicherheiten sieht das Management jetzt noch unter anderem bei Gewerbekunden, die eventuell Insolvenz anmelden müssen. Derzeit ist in vielen europäischen Ländern wegen der Krise die Anmeldepflicht für den Fall einer Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit ausgesetzt. Sollten sich nach dem Auslaufen dieser Moratorien die Pleiten häufen, könnten Kreditausfälle folgen. Für VW könnte das etwa in Südeuropa und in Brasilien in diesem Jahr zum Thema werden, sagte Santelmann.
Die hohe Förderung von Elektroautos lastet derweil auf den Restwerten anderer Wagen, weil neue Fahrzeuge gegenüber Gebrauchten attraktiver erscheinen. An der Einschätzung dieses Risikos arbeitet der Konzern gerade, noch ist die Zahl der Rückläufer niedrig. Beim neuen ID.3 verkauft VW laut Santelmann rund drei Viertel der Autos über Leasing.
2020 sank das operative Ergebnis der Braunschweiger um gut fünf Prozent auf 2,8 Milliarden Euro. Die Entwicklung war damit deutlich besser als noch zur Jahresmitte angenommen. Während die weltweiten Neuvertragszugänge um 6,9 Prozent auf insgesamt 7,9 Millionen Stück zurückgingen, legte der Bestand leicht zu und stieg gegenüber dem Vorjahr auf 21,9 Millionen Stück (plus 1,9 Prozent). Die Bilanzsumme des Geschäftsbereichs lag bei 225,6 Milliarden Euro (plus ein Prozent).
Digitalisierung, Gebrauchtwagen, Flottengeschäft
Bis 2025 plant VWFS weiterhin mit einem weltweiten Vertragsbestand von 30 Millionen Verträgen. Die wesentlichen Wachstumstreiber seien dabei die Digitalisierung des eigenen Geschäftsmodells, der weltweite Ausbau des Gebrauchtwagengeschäfts sowie ein größerer Fokus auf das europäische Geschäft mit Flottenkunden, so Fiedler. "In 2025 erwarten wir ein Operatives Ergebnis von rund vier Milliarden Euro bei einer Bilanzsumme von circa 300 Milliarden Euro, durch unsere organisatorische Neuaufstellung aus dem Jahr 2017 können wir dieses Ziel auch ohne zusätzliches Eigenkapital erreichen."
Die Sparte steckt momentan in einem kompletten Transformationsprozess. In die Digitalisierung investierten die Braunschweiger bereits deutlich vor Corona 500 Millionen Euro. Santelmann: "Wir erweitern unser bisheriges Geschäftsmodell um einen datengetriebenen Direktvertriebsansatz." Über den Ausbau von weiteren Mobilitätsdienstleistungen, wie Auto-Abos oder Park-, Tank- und Ladeservices würden zudem die Anzahl der Kundenkontaktpunkte von aktuell rund 210 Millionen pro Jahr auf 400 bis 600 Millionen erhöht. "Wir wollen in der Zukunft deutlich länger am Fahrzeug und am Kunden bleiben und damit besser als heute an der automobilen Wertschöpfungskette partizipieren", betonte Santelmann.
Vertragsbestand 2020 weltweit (in tausend Stück)
- Finanzierung: 6.635 (plus 0,8 Prozent)
- Leasing: 4.692 (plus 1,7 Prozent)
- Dienstleistungen: 4.811 (plus 7,8 Prozent)
- Versicherungen: 5.769 (minus 1,1 Prozent)
- Gesamt: 21.907 (plus 1,9 Prozent)