Wenn in manchen Gebieten der Mobilität mittlerweile eine Lösung reicht – in dem Fall eine Ladekarte, wie wir es im vergangenen Leistungsvergleich der Anbieter nachgezeichnet haben (hier geht's zum Artikel) – sind andere Ausprägungen des Reisens zu komplex, so dass selbst die Kunden sich nicht vorstellen können, dass sich künftig die bequemste Art durchsetzen wird: Mit einem Dienstleister alle Aspekte der Dienstreise abwickeln zu können. Satte 88 Prozent der Teilnehmer der Studie "Business Travel Digital 2023" sehen derzeit keine einzelne IT-Lösung für die Dienstreise-Buchung, Abrechnung und den Kundenservice, die alles optimal unterstützt. Deshalb glaubt die Mehrheit der Unternehmen auch in Zukunft an die Kombination mehrerer IT-Lösungen, die man allerdings gut integrieren muss.
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VW Gen.Travel
BildergalerieTravel: Studien-Teilnehmer
Für die Studie von Lufthansa City Center ALR Business Travel und darr mobility concepts wurden 30 Firmen Ende 2022 zum Digitalisierungsgrad ihrer Dienstreisen befragt. Das Gros waren große Unternehmen, die mehr als eine Million Euro pro Jahr für den Bereich "Travel" ausgeben und dies entsprechend professionell handhaben. Die Hälfte der Firmen hatte mehr als 1.500 Mitarbeiter – diese Zahlen wurden aus dem Jahr 2019 übernommen, dem letzten Jahr vor Corona. Denn: Ab 2020 darbte der Dienstreisebereich (anders als der Fuhrpark) deutlich, da in Zeiten der Pandemie die Dienstreisen um mindestens 80 bis 90 Prozent einbrachen und sich auch bis 2022 nur auf einem deutlich niedrigeren Niveau als 2019 langsam wiederfanden. Nichtsdestotrotz ist dieser Bereich ein Milliardengeschäft, das geradezu nach digitalen Lösungen verlangt.
Dennoch – und das ist neben dem Abgesang an die "one-fits-all-Lösung" die zweite zentrale Erkenntnis der Befragung – diente die Pandemie nicht dem digitalen Aufholen in der Branche, vielmehr wurden die Grundlagen dafür bereits vor 2020 gelegt. Nur ein gutes Viertel der Interviewten begann erst zu Pandemiezeiten mit der Umstellung von analog auf digital. Einen Innovationsschub brachte Corona also nicht in den Bereich Travel. Beim Fuhrpark, dem Antagonisten bei den Fragen der betrieblichen Mobilität, ist das anders. Hier hat die Pandemie zwar einen niedrigeren Nutzungsgrad mit sich gebracht (Minderkilometer), aber dies hat nicht zu einer verstärkten Digitalisierung im Fleet Management Prozess geführt, so die Marktbeobachtung.
Travel: Erst Prozesse optimieren, dann digitalisieren
Welche Erkenntnisse können Firmen aus der Studie ziehen? Nun, eine wesentliche Gemeinsamkeit der Firmen, die ihren Travel-Bereich umstrukturiert haben, ist, dass Unternehmen Prozesse im ersten Schritt optimiert und erst im Anschluss digital abgebildet haben. Weniger komplex und stark anwenderfreundlich könnten dann neue Wege gegangen werden. Interessant ist der Blick auf einzelne Prozessbereiche, welche die Planung, Durchführung und die Abrechnung der Geschäftsreise gliedern. Hier wird deutlich, dass sich nicht jeder Dienstleistungs-Aspekt als digital durchsetzbar zeigt.
Auffällig ist: Das Teilen der Informationen rund um den Bereich Travel haben 91 Prozent der Befragten bereits digitalisiert oder sind dabei, es zu tun. Am anderen Ende der Kette befindet sich das Risk-Management, also die immer wichtiger werdende Fürsorgepflicht, auf mögliche Risiken während einer Geschäftsreise hinzuweisen. Das haben laut der Umfrage erst 29 Prozent digital umgesetzt, 38 Prozent planen es und 33 Prozent sehen hier kein digitales Potenzial. Ähnlich liest sich das Bild beim Genehmigungsprozess, den ebenfalls jedes dritte Unternehmen als nicht digitalisierbar hält.
Aber – und das zeigt auch die Studie – der Mehraufwand für das Digitalisieren lohnt sich, was die Zustimmungsraten, welche die Studien-Herausgeber ebenfalls abgefragt haben, belegen. Demnach waren 83 Prozent der Mitarbeiter (sehr) zufrieden mit den neuen Reiseprozessen. Ebenfalls in den 80er Prozenten lag die Zufriedenheit bei den Themen Transparenz, Prozessoptimierung und Compliance. Immerhin zwei Drittel der Befragten waren mit der Nachhaltigkeit der neuen digitalen Prozesse zufrieden und relevante Kostenersparnisse zeigten sich bei 63 Prozent der Firmen
Digitalisierung: Kommunikation bleibt teils analog
In einer weiteren Detailfrage bestätigten jeweils 65 Prozent der Studien-Teilnehmer, dass die Digitalisierung der "Informationsbereitstellung" – dem Bereich, der nach den Eingangsrechnungen am meisten bereits von den befragten Firmen digitalisiert worden ist – tatsächlich Prozesse optimiert hat und Zeitersparnisse brachte. Wohingegen nur 45 Prozent der Firmen nach der Digitalisierung dieses Bereichs weniger Support geben mussten. Das zeigt, wie wichtig Kommunikation im Hinblick auf die Buchung und Durchführung einer Geschäftsreise im Unternehmen ist.
Als größte Herausforderung bei der Umstellung der Informationsbereitstellung wurde die "Integration in die IT-Landschaft" (55 Prozent) angeführt, wohingegen Fragen der Mitbestimmung (20 Prozent) und der Wirtschaftlichkeit (10 Prozent) kaum als Show-Stopper dienten. Aber auch diese Detailanalyse lässt sich nicht ohne weiteres auf andere Schritte der Dienstreise übertragen.
Flottenzulassungen Hersteller 1. Halbjahr 2023
BildergalerieTransparenz top, Mitarbeiterzufriedenheit flop
So erwiesen sich bei der Umstellung des Buchen der Geschäftsreise der Datenschutz (74 Prozent) und die Anpassung der Prozesse (68 Prozent) als größte Hürden. Dass auch technische Lösungen nicht immer benutzerfreundlich sind, zeigt die Auswertung zum Nutzen, der sich einstellte, nachdem die Reisekostenabrechnung digitalisiert wurde. Als nützlich wurden Kostentransparenz (85 Prozent), Zeitersparnis und die schnellere Kostenerstattung (jeweils 77 Prozent) gesehen, wohingegen nur 31 Prozent der Firmen nachher eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit feststellten.
"An den Ergebnissen ist schön zu sehen, wann Digitalisierung an Grenzen stößt", kommentierte Dominik Wolf, Geschäftsführer von Lufthansa City Center ALR Business Travel, einem der größten inhabergeführten Geschäftsreisedienstleister in Deutschland, und Mitherausgeber der Studie. Wohingegen der zweite Studien-Leiter Timo Darr, darr mobility concepts, auf folgenden Punkt der Befragung verwies: "Für mich war der größte Aha-Effekt, schwarz auf weiß zu sehen, wie hoch der Anteil durchgängig digitalisierter Prozesse, also End-to-End Implementierungen, wirklich ist, und wie Unternehmen Lösungen hierfür einschätzen."
Eine Zusammenfassung der Studie gibt es hier.