Sparkassen gelten gemeinhin nicht als Innovatoren. "Wir machen den Weg frei" hat daher vielleicht eine andere "Volksbank" als Slogan, wenngleich auch dort Fortschritt meist Gleichschritt entspricht. Aber: Es gibt sie noch, die Projekte, die aus dem Einerlei herausragen - und sie gibt es sicherlich bei allen Banken, wenngleich man sie nicht immer wahrnimmt.
Ein sehr gutes Beispiel fürs Vorangehen, und ihren Kunden einen zeitgemäßen "24/7-Service" zu bieten, bringt die Deutsche Leasing - übrigens das erste Leasingunternehmen Deutschlands - an den Start. Frank Hägele, seines Zeichens Mitglied der Geschäftsleitung des "Sparkassen-Finanzgruppe-Ablegers" Deutsche Leasing Mobility, treffen wir in der Zentrale in Bad Homburg. Knapp 3.000 Menschen arbeiten für den herstellerunabhängigen (Full-Service-)Leasinganbieter, der Großteil hier im Taunus. Über 300 davon kümmern sich um das Geschäft der Deutsche Leasing Mobility mit fünf weiteren Vertriebsstandorten in Deutschland.
Gut gelaunt, wohl wissend, dass Gutes zu berichten ist, beginnt Frank Hägele das Gespräch im Wohlfühl-Besprechungsraum neben dem Eingang des imposanten Bürokomplexes. "Im Juni 2018 habe ich hier angefangen", erinnert sich Hägele. Vor gut sechs Jahren habe sich schnell eine Idee entwickelt, wie man dem Kleingewerbe beim Thema Leasing unter die Arme greifen kann - und die Sparkassen mehr Kunden für sich und den Leasingpartner aus Hessen heranholen. Das "große" Leasinggeschäft wird in den Bereichen IT, Maschinen, Bau, Logistik, Energie und eben Mobilität gemacht.
"Ende 2018 waren wir als Deutsche Leasing Fleet, heute Deutsche Leasing Mobility, im kleingewerblichen Bereich nur rudimentär mit den Sparkassenvermittlungen beim Kunden", erzählt Hägele, und sah damals die Chance, viele kleinere Unternehmen an Deutsche Leasing zu binden. Als passendes "Produkt" kam das "Auto des Monats" auf. Dabei wurde jeden Monat ein Leasing-Fahrzeug mit einer exakt definierten Ausstattung auf den Websites der teilnehmenden Sparkassen platziert.
"Damit bekamen wir das erste Gefühl, ob und wie die Sparkassen darauf reagieren und uns mit so einem Produktansatz unterstützen. Zudem merkten wir schnell, ob es den Nerv einiger Sparkassen-Gewerbekunden trifft." Zeitgleich probierte Deutsche Leasing aus, wie spezielle Wünsche von Kunden, die nicht dem "Auto des Monats" entsprachen, zusätzlich umgesetzt werden konnten. Diese Wunschkonfigurationen mussten damals jedoch "händisch nachgebaut" werden, was für Deutsche Leasing Mobility bei den immensen Konfigurationsmöglichkeiten einen hohen Zeitaufwand bedeutete.
Dennoch, der Pilot "Auto des Monats", dessen Konfiguration unabänderlich war, kam bei den Kunden aufgrund eines sehr guten Preispunktes an. "2019 starteten wir im größeren Rahmen mit "Auto individuell", also der Möglichkeit, ein Auto komplett nach eigenem Wunsch zu konfigurieren und über uns zu leasen - allerdings erst einmal nur für einige ausgewählte Sparkassen und deren Kunden", beschreibt Hägele die weitere Entwicklung. Dabei war es egal, ob es sich um ein Nutzfahrzeug, ein E-Auto oder einen Sportwagen handelte - alles war möglich. Sowohl die Sparkassen als auch deren Kunden goutierten es und die Idee des "Sparkassen Mobilitätsportals" (SMP) war im Grunde geboren.
"Im Frühjahr 2020 kam Corona und das hat uns - wie alle anderen - deutlich zurückgeworfen. Da wurde sämtliche Kraft darauf gelegt, wie man überhaupt noch Autos bekommt, diese zulassen und ausliefern kann. Da lief das Projekt dann auf Sparflamme, um den laufenden Betrieb aufrechtzuerhalten." Es folgten die bekannten Schwierigkeiten wie Suez-Kanal-Thematik, deutlicher Zinsanstieg und Ukraine-Krieg und Hägele beschreibt die daraus entstehenden Probleme: "Wir hatten in der Zeit in Kundenangeboten deutlich niedrigere Zinssätze kalkuliert, als sie zum Zeitpunkt der Fahrzeugübernahme real waren. Das warf uns zurück, aber am SMP haben wir dennoch festgehalten und sind erst später in die projekthafte Umsetzung gegangen."
Deutsche Leasing: Ohne Vorlage gestartet
Das Mobilitätsportal sei ein echter "Green-Field-Ansatz", den es zuvor so nicht gab und der in der nun vorhandenen Version bislang - laut Hägele - einzigartig ist. Vor allem der Fokus auf das Kleingewerbe mit bis zu neun Fahrzeugen ist speziell, da viele Leasingunternehmen eher Großflotten im Fokus haben. Da aber vor allem auch das Kleingewerbe - nicht nur aus Mitarbeitermangel - immer digitaler unterwegs ist, ist ein System, das rund um die Uhr nutzbar ist, und selbsterklärend dazu, eine Lösung, um Kundenzufriedenheit und damit Kundenbindung herzustellen.
So kommt etwa die Hälfte aller gewerblichen Zulassungen aus dem Small-Fleet-Bereich, also rund 500.000 Autos pro Jahr. Die Finanzgruppe sieht daher eine hohe Notwendigkeit, digitale Dienstleistungen für diese Klientel abzubilden. Und das Marktsegment Kleingewerbe, mit rund 50 Prozent Leasingpenetration, ist hochgradig interessant für Hersteller, Autohandel und alle in diesem Dunstkreis.
Nach nun 22 Monaten Projektzeit ging das Portal Ende Juli 2024 mit zunächst 13 Sparkassen live, die auch in der Entwicklungsphase ihren Input geben konnten. "Die waren sozusagen unser Sparringspartner für unsere deutlich siebenstellige Investition, die wir für das Portal getätigt haben", beschreibt Hägele den Aufwand, der dahintersteckt. "In der Spitze der Projektphase haben sich mehr als 50 Menschen darum gekümmert."
Mit vent.io hat die Deutsche Leasing für solche Digitalprodukte in Frankfurt eine Technologie-Ausgründung mit 30 Mitarbeitern an den Start gebracht. "Das Mobilitätsportal war das erste Frontend-Projekt der vent.io. Uns war es wichtig, dass wir ein echtes 24/7-Angebot anbieten, bis hin zum digitalen Vertragsabschluss. Und eine Voraussetzung war, dass es optisch ansprechend ist." Das scheint gelungen. Ein Blick auf das SMP und man blickt im Prinzip durch - zumindest dann, wenn man es auf der Homepage von deutsche-leasing.com oder einer teilnehmenden Sparkasse gefunden hat. Denn die Fülle an Dienstleistungen ist immens.
Die Fahrzeuge werden im Portal mit all den Konfigurationsmöglichkeiten dargestellt, die der Hersteller anbietet. Es handelt sich dabei jedoch um Vector-basierte Fahrzeugbilder in Kombination mit KI. Damit sei Deutsche Leasing Mobility der einzige Anbieter in der Branche, der das so umsetzt, betont Hägele. Die Vector-Daten kommen von einer Firma in den Niederlanden - oft bereits, bevor man Zugriff auf offizielle Fotos hätte. Damit könne man früher im Portal mit dem Konfigurieren und Berechnen losgelegen.
Deutsche Leasing: Einfach und schnell
Das Schöne und Einfache am Portal ist zugleich, dass Fuhrparkverantwortliche schnell einen Überblick bekommen. Davon profitieren vor allem die Fuhrparks, die markenoffener sind, was laut Hägele im Zuge der E-Mobilisierung immer mehr werden. "Und da spielt unsere Herstellerunabhängigkeit eine große Rolle. Wir haben somit fast alle Fahrzeuge bei uns im Portal konfigurierbar, mit allen Kombinations- und Ausschlussmöglichkeiten. Die Grunddaten kommen von Schwacke. Von unserem Spezialisten und unserem IT-Team wird die Logik überwacht und bei Bedarf überstimmt."
Sollte beim Konfigurieren ein Konflikt entstehen, der nicht lösbar ist, wird der Kunde direkt zur Schnellanfrage geleitet. Diese beantworten Kollegen aus dem Innenvertrieb meistens innerhalb von drei Stunden und spätestens innerhalb eines Tages. Oft reichen laut Hägele die FAQ aus, die wohl fast alle Fragen beantworten. "Aber es ist klar, es handelt sich beim Kfz um hohe Werte und da will man auch bei aller Digitalisierung vielleicht doch mal mit einem Experten sprechen, und das halten wir für wichtig."
Kommt ein Kunde mit einer größeren Bestellung als neun Fahrzeuge, ist der Zeitpunkt für den Großkundenberater gekommen. Dieser hat zudem ein neues Tool, in dem Autos direkt aus TCO-Sicht verglichen werden können. Hierbei lässt sich so ziemlich jeder Parameter an die Bedürfnisse des Fahrers anpassen und ein Vergleich der Kosten zwischen Benziner, Diesel und Elektromodell aufzeigen. Über die Parkplatzfunktion können alle Kunden die konfigurierten Fahrzeuge ablegen und dort ebenfalls vergleichen.
Jeden Monat kommen nun etwa 20 bis 30 Sparkassen hinzu, die das Mobilitätsportal von Deutsche Leasing Mobility nutzen wollen. Denn ob eine Sparkasse mitmacht, entscheidet stets deren jeweiliger Vorstand. Vom "Ja sagen" bis zum "Go Live" vergehen meist nur zwei Monate. Aktuell gibt es rund 340 eigenständige Sparkassen in Deutschland. "Für uns ist es nun spannend zu sehen, wie die einzelnen Häuser in die Bewerbung gehen, denn da gibt es durchaus Unterschiede", hat Hägele bereits feststellen können. "Wir denken, dass rund 80 Prozent aller Sparkassen teilnehmen werden. Der Zuspruch ist ausgesprochen gut. Die mittelgroßen und kleinere Sparkassen sind oft schnell dabei."
Traffic kommt gezielt durch Suchmaschinenoptimierung, Social-Media-Aktivitäten und beispielsweise Sparkassen-Newsletter auf die Web-site - oft sehr kundenspezifisch. Das Portal ist für die Sparkasse kostenfrei. Um das Mobilitätsportal ausprobieren zu können, braucht man kein Kunde zu sein, die Hürden sind also sehr niedrig. Wenn potenzielle neue Kunden konfigurieren und anfragen, werden diese auf Wunsch zur zuständigen Sparkasse weitergeleitet.
Laut Hägele zeigt sich bei vielen neuen Sparkasse-Produkten, dass die Anlaufkurve eher flach ist. Im ersten kompletten Jahr kalkuliert der Manager daher mit rund 2.000 Vertragsabschlüssen. Für jedes weitere Jahr scheint ein Zuwachs um weitere 2.000 Abschlüsse realistisch. Denn, so Hägele, "wenn die Grundbekanntheit vorhanden ist, dann skalieren neue Themen schneller".