Manchmal reicht eine Drei, um die Nummer eins zu sein. Als BMW im Frühsommer 1975 im Münchner Olympiastadion sein neues Einstiegsmodell präsentierte, war nicht einmal den größten Optimisten klar, welche Erfolgsgeschichte damit startete. Das Einzige, was man schon seit längerem vom Nachfolger der legendären, kleinen Sportlimousinen 1502-2002 wusste, war die Bezeichnung: Nach der BMW 5er Limousine, die 1972 eine neue Namens-Ära eingeleitet hatte, würde der ebenfalls von Stardesigner Paul Bracq gezeichnete, kompaktere Dynamiker eine 3 oder eine 4 als erste Ziffer tragen. Es wurde die 3 – und diese erste 3er Reihe (E21) bewahrte die Faszination des verkappten zweitürigen 02-Familiensportlers, der anfangs mit Vierzylindern, ab 1977 aber auch mit laufruhigen Reihensechszylindern alle flotten Limousinen-Rivalen von Alfa bis Volvo auf Distanz hielt und sogar populäre Sportler wie den Porsche 924 scheuchte.
Ob als automobiler Star in TV-Krimis wie Derrick und Tatort, beim Posing auf Kö und Kurfürstendamm oder in Schwabing, bei Tourenwagenrennen oder als Dienstwagen mit Premiumflair: Der 3er boomte und initiierte so die Entwicklung von Wettbewerbern wie des Mercedes 190. Nach nur sechs Jahren knackten die Typen 315-323i als erste BMW-Baureihe die Schallmauer von einer Million verkaufter Einheiten und übertrafen zugleich die schon hohe Messlatte des 02-Vorgängers. Erster Höhepunkt einer bis heute andauernden Bestsellerkarriere: Mit über 20 Millionen Einheiten in sieben Generationen gilt der BMW 3er als weltweit meistverkauftes Modell der Premium-Mittelklasse.
Neues Kapitel: Stromer i3
Der achte 3er macht sich derweil schon startklar: Sobald die in diesem Jahr anstehenden vielen Feiern zum Goldjubiläum nur noch Erinnerung sind, wird 2026 der Stromer i3 (NA0) auf der Neue-Klasse-Architektur ein neues Kapitel aufschlagen. Erstmals wird der 3er dann im frischen Doppelpack zu haben sein, denn neben dem i3 startet nur etwas später der runderneuerte 3er (G50) mit konventionellen Motoren. Zwei Dynamiker in der Premium-Mitte, das lässt an den Beginn der bayerischen Erfolgsstory denken. Damals vor einem halben Jahrhundert, als der 1502 die Karriere der bereits neun Jahre alten 02-Familie um zwei Jahre verlängerte, dies als preiswertes Einstiegsmodell ins BMW-Portfolio, das parallel zum optisch deutlich größer und massiver wirkenden BMW 3er (E21) verkauft wurde.
Tatsächlich übertraf der 4,36 Meter lange erste 3er die zierlich aussehenden 02-Typen um beachtliche 13 Zentimeter. Passte der stattliche Auftritt des 3ers doch zu den Ambitionen des BMW-Chefs Eberhard von Kuenheim, der mit neuen Modellen den Schritt vom Nischenplayer zum globalen Akteur vollziehen wollte. Dies gelang ihm sogar noch souveräner als erhofft, denn der 3er toppte alle Erwartungen: Bis Dezember 1983 wurden 1,36 Mio. Einheiten produziert, neuer Rekord für eine BMW-Baureihe – und auf mehreren Kontinenten erfolgten CKD-Montagen des Bestsellers.
BMW: 315 (E31) ab 1982
Was mit dem 1502 begonnen hatte – die parallele Produktion zweier Generationen – setzte der 315 (E21) ab 1982 fort, denn auch dieser nur 55 kW/75 PS leistende Budget-3er wurde mehrere Jahre als Alternative zur zweiten 3er Generation (E30) angeboten. Den Slogan "Es kann nicht nur einen geben", bezog die weißblaue Marke übrigens auch auf die Typenvielfalt des 3ers. Die beispiellose Vielfalt aus sechs Karosserievarianten (inklusive Touring und Cabrio) und zehn Motorisierungen (erstmals auch als furioser M3 und effizienter Diesel), in denen sich der E30 in den 1980ern zeigte, lieferte der in typischen 1970er-Popfarben wie "Inka" (hellorange) oder "Golf" (gelb) gebaute erste 3er zwar noch nicht.
Aber auch diesen Zweitürer gab es ab 1977 als fünfsitziges Cabrio – realisiert vom Karossier Baur, der dazu Limousinen vom Blechdach befreite und eine Konstruktion aus Überrollbügel, „Targa-Dach“ über den Vordersitzen und ein Verdeck über den Fondsitzen installierte. Der Vertrieb dieses Baur Topcabriolets erfolgte übers BMW-Händlernetz, und trotz hoher Umbaukosten fanden sich rund 4.600 Cabrio-Käufer. Zur Einordnung: Der kleine Opel Kadett Aero – ebenfalls beim Karossier Baur gefertigt – erreichte nicht einmal ein Drittel dieser Stückzahl.
Fahrspaß definierte sich in den 1970ern jedoch mehr über sportliches Temperament als übers Frischluftvergnügen. Auch hier traf BMW mit dem 3er den Nerv der Zeit besser als andere, die sich entweder auf Coupés konzentrierten oder nur kleine Kompakte wie Kadett GT/E und Golf GTI auflegten. "Der Wagen mit dem harten Biss", wie ihn BMW-Chef von Kuenheim unter Bezug auf den einstigen 2002 tii nannte, war der frühe E21 zwar noch nicht, aber schon 1977 ersetzten die Münchner die muskelarmen 2,0-Liter-Vierzylinder in den Typen 320 und 320i durch einen kraftvollen Reihensechser mit turbinenartiger Laufkultur.
Als Leckerbissen für Tempobolzer wurde der Sechszylinder 323i mit 105 kW/143 PS geliefert – damals fast so viel Leistung wie in der S-Klasse Mercedes 280 S. Es ging noch wilder, wie Tuningspezialisten á la Alpina, Schnitzer und Hartge auf Straße und Strecke zeigten. Alpina machte die E21-Typen mit Vierzylindern, aber auch mit Sechszylindern schneller, der Alpina B6 2.8 konnte mit einem 147 kW/200 PS starken 2,8-Liter-Sechszylinder sogar Porsche 911 jagen.
3er schrieb Kunstgeschichte
Kunstgeschichte schrieb der 3er (E21) erstmals im Jahr 1977: Während die schwedische Popformation Abba in ihrem Chartstürmer „Money, Money, Money“ vom finanziellen Wohlstand träumte, beauftragte BMW den Pop-Art-Künstler Roy Lichtenstein mit der Veredlung des 3ers, längst ein automobiles Wohlstandssymbol. Lichtenstein transformierte einen BMW 320i Turbo zum Art Car, und dieser Gruppe-5-Rennwagen im „Benday-Dot“-Livree fuhr in Le Mans prompt auf Platz neun in der Gesamtwertung. Diese schnellste Kunst der Welt gewann Kultstatus, als BMW sein Art-Car-Line-up um weitere 3er-Generationen ergänzte, darunter ein 1989er M3 (E30) im Ken-Done-Look, ein 1992er BMW M3 GTR (E36) von Sandro Chia oder ein E90 von 2010 im Pop-Art-Outfit von Jeff Koons.
Die Art Cars zeigen exemplarisch, dass der 3er in allen Generationen auf Dynamik und Sportlichkeit als Grundstein für seine Erfolgsgeschichte setzt. Flops fehlen im Reigen der bisher sieben 3er; kleine Krisen, wie Qualitätsdefizite beim E36 in den 1990ern lösten die Bayern rasch, und auf neue Rivalen wie Mercedes 190 und C-Klasse sowie Audi A4 oder Volvo S60 und Lexus IS fand BMW Antworten. So zählt der 3er heute ungeachtet des SUV-Hypes zu den letzten global begehrten Premium-Klassikern.
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Welche Popularität der BMW 3er (E21) in der Oldtimer-Community genießt, erläutert Experte Christoph Pichura von Classic Analytics: „Mit dem E21 wurde der 3er zur wichtigsten Baureihe im BMW-Konzern und hatte bis Mitte der 80er Jahre praktisch keine Konkurrenz. Abgesehen von den Baur Topcabriolets unterscheiden sich die einzelnen Versionen nur durch den Motor, wie bei BMW üblich ist der 323i als leistungsstärkstes Modell auch heute noch die teuerste Variante. Mindestens 28.000 Euro muss man für ein gutes Exemplar bezahlen.“
BMW M5 Touring (2025)
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