Beim zweiten Business Mobility Day am 11. Oktober in Darmstadt ging es nicht nur um Alternativen zum vierrädrigen Dienstwagen, es wurden auch einige allgemeine Erkenntnisse des mobilen Wandels aufgefrischt – und zwar durch praktische Beispiele, die jedem der anwesenden Fuhrparkleiter Mut machen können. Denn das Credo hieß schlichtweg: Machen! Nicht auf die perfekte technische Lösung warten, sondern loslegen, wenn auch zunächst nur als Pilot oder im Probebetrieb.
Das zeigten sowohl Heinrich Coenen wie auch Marcus Wagner eindrucksvoll. Beides sind Fuhrparkverantwortliche, wenn auch in sehr unterschiedlichen Unternehmen. Heinrich Coenen ist Projektleiter Vorstandsstab Digitalisierung bei den Berliner Verkehrsbetrieben und damit unter anderem für Dienstwagenflotte von gut 350 Fahrzeugen zuständig.
Großer Teil der Einsätze mit E-Fahrzeug bewältigbar
Eine Analyse der Fahrprofile ergab, dass gut 96 Prozent der Einsätze mit einem E-Fahrzeug bewältigt werden können, so dass man 2015/16 bei 105 Fahrzeugen in 94 Fällen auf Stromer wie den Nissan Leaf umstellte. Der Vergleich dieses Stromers mit dem vorher eingesetzten Renault Mégane zeigte, dass die Betriebskosten des E-Fahrzeugs ab dem vierten Jahr der Nutzung in der Kaufflotte unter denen des konventionellen Modells liegen, rechnete Coenen vor. Der Umstieg erfordert laut Coenen allerdings einen Change-Prozess, den er in drei Teile gliedert: Heranführen an die Technik durch Probefahrten, Einweisung in die Fahrzeuge bei der Auslieferung und eine stetige Weiterqualifikation im Umgang mit den Modellen mit Kabel. Großes Potenzial sieht der Berliner Flottenmanager bei den Transportern bis 7,5 Tonnen. Bis 2025 will man den zentralen Fuhrpark an Lasteseln komplett elektrifiziert haben.
Ähnlich konsequent geht Marcus Wagner als Projektleiter Nachhaltigkeit und Umweltmanagement bei SAP vor. Eines der Projekte ist das Programm "FahrRad". Die Initiative für ein Leasingrad zielt vor allem auf den Gesundheitsaspekt ab. "Mach mit – Bleib fit!", heißt es bei den Walldorfern. Mit einer Poster-Kampagne, einer Ausstellung samt Beratung für Räder, Helme und Co. sowie einem Fahrtraining, das laut Wagner sehr stark nachgefragt wurde, wurde der Umstieg aufs Zweirad versachlicht und gleichzeitig emotionalisiert. Hinzu kamen interne Vorbilder wie hochrangige Manager, die selbst in die Pedale treten. Wichtig ist auch für Wagner, das dauerhafte Werben für den Wandel. Jährlich finden im Mai sogenannte "Bike to work"-Wochen statt. Wagners Botschaft: "Das ist eine Reise und kein einmaliges Ereignis". 2.600 Leasing-Räder gibt es seither bei SAP.
Business Mobility Day 2018
BildergalerieDas Potenzial von Zweirädern kennt auch Prof. Dr. Stephan Jansen. Beim Mobilitätsanbieter Bicicli kümmert er sich um die betrieblichen Dienstradflotten. Der gut vernetzte wissenschaftliche Unternehmer glaubt fest daran, dass die Stadt zum Testlabor für die Mobilitätswende wird. Dennoch wird es nicht reichen, den Individualverkehr zu elektrifizieren. Da schlichtweg der Platz fehlt, um weiterhin allein durch die Stadt zu fahren, egal, wie umweltfreundlich der Vortrieb des Vierrades ist. Schlauer ist es, auf den ÖPNV zu setzen und auf das Fahrrad – als Lastenrad oder für die urbane Dienstreise. Wie radikal manche Städte diesen Umbau bereits angehen, zeigte Jansen am Beispiel von Toronto oder der chinesischen Megacity Shenzhen, in der allein 16.000 Elektrobusse rollen.
Dass ein Mobilitätswandel möglich ist, steht auch für Roland Vogt fest. Der Gründer des Zentrums für geschäftliche Mobilität (Zegemo) sieht die Fuhrparkleiter hier in einer besonderen Rolle. Denn ein Wandel ist leichter zu gestalten, wenn ihn einige tausend Flottenverantwortliche moderieren, als auf Millionen privater Nutzer zu warten. Zusammen kommen beide Ebenen bei der 1-Prozent-Regel für privatgenutzte Dienstwagen. Denn mit dem Absenken auf 0,5 Prozent des zu versteuernden Bruttolistenpreises ist die Budgetfrage noch nicht geklärt. Hier müssen beide, der User-Chooser und der Fuhrparkbetreiber zusammenfinden, mahnt Vogt. Die steuerlichen Kniffe beim Mobilitätsbudget, beim Carsharing und beim Dienstrad erklärte Steuerberater und Wirtschaftsprüfer Horst Neubacher (Rath, Anders, Dr. Wanner & Partner).
Telematik ist Helfer bei Digitalisierung
Ein wichtiger Helfer bei der Digitalisierung der Flotte ist die Telematik. Der Anbieter Geotab unterstützt weltweit bereits 26.000 Fuhrparks und vernetzt mit seiner offenen Plattform 1,25 Millionen Fahrzeuge, wie Fabian Seithel, Business Developer Manager bei Geotab, vorrechnete. So lassen sich beispielsweise Schäden automatisch erkennen und klassifizieren. Beim Deutschen Auto Dienst (DAD) hat man ebenfalls eine Dongle-Nachrüstlösung für die unkomplizierte Schadenbewertung entwickelt, die es auch als App-Version gibt. Vorgestellt wurde dies vom Geschäftsführer Dr. Mirko Dobberstein. Schaden zu vermeiden helfen Fahrerassistenzsysteme, die laut Martin Endlein, Leiter Unternehmenskommunikation DAT, und Martin Weiss, Leiter Fahrzeugbewertung Deutsche Automobil Treuhand (DAT), zu den wertstabilisierenden Ausstattungen der Dienstwagen zählen – wenn auch nur auf der zweithöchsten Stufe. Wichtig ist die passende Sonderausstattung allemal, denn deren Wert nach Leasingende unterliegt der technischen Weiterentwicklung sowie allgemeinen Trends. So dass es sich für die Flottenleiter lohnt, genau hinzuschauen, was in den Firmenwagen dazugebucht werden kann.
Diese Erkenntnisse bilden auch die Quintessenz des Workshops, bei dem Jürgen Ohr (Trias) von den Fuhrparkleitern wissen wollte, wo die Herausforderungen in der Steuerung speziell von kleinen Flotten, wie etwa einem Pool von Stromern, liegen? „Verantwortungsbewusstsein unter den Fahrern schaffen“ und „aktuelles Wissen verständlich vermitteln“, hießen es am Ende die Antworten darauf. Was einfach klingt und dennoch oft nur mühevoll umzusetzen ist. Aber, so der Tenor auf dem zweiten Business Mobility Day, es ist die Mühe wert, selbst zu gestalten!
Ein großer Dank gebührt den Sponsoren Deutscher Auto Dienst (DAD), Geotab und Leaseplan sowie den Ausstellern ALD Automotive, Belmoto sowie Carano. (AF)