Laut China Association of Automobile Manufacturers wurden im "Reich der Mitte" von Januar bis September 2023 knapp 9,5 Millionen Verbrenner, 3,5 Millionen Elektroautos (Bev) und fast 1,4 Millionen Plug-in-Hybride (Phev) zugelassen. Hybridfahrzeuge (ohne 48-Volt-Fahrzeuge) kamen in dem Zeitraum auf gut 500.000 Einheiten. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Plus von 14 Prozent bei BEV und immense 72 Prozent Zuwachs bei PHEV. Chinesen scheinen vor allem Gefallen am Plug-in zu finden. In Deutschland ist deren Absatz nach Ende der Förderung und trotz anhaltendem Vorteil bei der Dienstwagenbesteuerung fast in die Bedeutungslosigkeit gestürzt. Im Oktober 2023 sank die Zulassung der Phev hierzulande um 49 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat.
GWM Wey 03
BildergalerieSchlechte Motor(en)-Getriebe-Abstimmung im Wey 03
Unter der Haube werkelt ein Zweiliter-Vierzylinder (204 PS) in Kombination mit einem Elektromotor (163 PS). 367 PS, die für mächtig Vortrieb sorgen können. Das Problem ist jedoch, dass die Kraftentfaltung etwas ungehobelt daherkommt. Wird das Gaspedal für einen Landstraßen-Überholvorgang spontan ins Bodenblech getreten, muss sich der Wey 03 erst einmal sammeln und es scheint so, als ob die Elektronik nicht so reicht weiß, welcher Gang des Neungang-Doppelkupplungsgetriebes nun der richtige ist und ob zuerst der Vierzylinder-Benziner loslegen soll oder der Elektromotor die Kraft abgibt. Das alles dauert in etwa so lang, wie das Lesen dieser zwei Sätze = zu lang. Sind sich Elektronik, Getriebe und E-Motor einig, gibt es einen heftigen Tritt in den Rücken und der 2,3-Tonnen-Chinese legt mächtig zu, begleitet von einer Klangkulisse, die nicht zum sonst so gediegenen Charakter des Wey 03 passt. Top-Speed beträgt 230 km/h. Das konnten wir in Italien nicht ausprobieren. Bis Tempo 150 haben wir uns an den Hauptverkehrsstrom auf der Autobahn angepasst.
Apropos: Wer ständig über die aggressiven Autofahrer auf deutschen Autobahnen meckert, möchte bitte mal (wieder) in Italien fahren. Bei Tacho 150 hängt der Hintermann so dicht am (Wey-03-)Kofferraum, dass er noch die Kleberänder des kurz vor der Präsentation entfernten „Coffee-02-Schriftzugs“ (so hieß er noch bei Ankündigung) erkennen kann, um irgendwann mit 152 km/h überholen zu können. Ein kleiner Gas-Stoß beim Wey 03 würde den Fiat deklassieren. Soll heißen, den Top-Antrieb beim Wey 03 mit Allrad (zwei E-Motoren) und 442 PS braucht kein Mensch, es sei denn, man wohnt im Gebirge oder zieht mal einen Anhänger, der beim Wey 03 bis zu zwei Tonnen wiegen dürfen. Denn Traktionsprobleme und Antriebseinflüsse in der Lenkung gibt es beim Fronttriebler deutlich.
Wey 03 und Wey 05 ausschließlich als Plug-in-Hybrid
Und jetzt startet Wey, eine Marke von Great Wall Motors (GWM) gleich mit zwei Modellreihen in Deutschland, die ausschließlich Plug-in-Hybride unter der Motorhaube und teils im Heck (Allradantrieb) installiert haben. Mutig. Noch mutiger, wenn man die angestrebten Preise in Augenschein nimmt. Doch dazu später mehr.
Wey stellte unter anderem auf der IAA 2021 den Wey Coffee 01 vor. Ein SUV der oberen Mittelklasse und dementsprechend ausladenden Abmessungen (Länge 4,87 Meter). Ziel der Chinesen war es damals, noch 2022 Europa zu „erobern“. Das klappte nicht ganz, denn die Sache mit dem Vertrieb stellte sich schwieriger als erwartet heraus. Das Thema Vertrieb hat sich dieser Tage offiziell geklärt.
Die Emil-Frey-Gruppe aus Friedberg, die bereits Mitsubishi und aus dem GWM-Imperium die Marke Ora vertreibt, übernimmt nun auch Wey. Rund 50 Markenhändler soll es bis zum Marktstart des Wey 03 in Deutschland geben; also weder Onlinevertrieb noch Service über eine freie Werkstattkette, wie es andere Chinesen versuchen. Dass Handel noch funktioniert zeigt MG, derzeit die einzige chinesische Marke in Deutschland, die tatsächlich Fahrzeuge in nennenswerter Stückzahl absetzt.
Das erste Wey-Modell in Deutschland ist nun der 05, der bis vor einigen Tagen noch Wey Coffee 01 hieß. Die neue Nomenklatur soll die Zuordnung zwischen Namen und Fahrzeuggröße vereinfachen. So heißt auch das Modell Funky Cat der Schwestermarke Ora fortan nicht mehr Funky Cat, sondern Ora 03. Wey und Ora sind auch keine Marken mehr, sondern „Produktlinien“. Aber das ist eine andere Geschichte.
Zurück zu Wey. Wem der Wey 05 eine Nummer zu dick ist oder zu teuer ist (ab 59.900 Euro brutto), der soll ab Frühjahr 2024 Freude am Wey 03 finden. Das Fahrzeug gehört mit knapp 4,70 Metern in die Mittelklasse und rangiert irgendwo im Umfeld zwischen Seat Tarraco und BMW X3. Preislich, jetzt kommen wir darauf zurück, wird ein Startpunkt um die 47.000 Euro (brutto) für den Wey 03 kolportiert. Damit rangiert er im Bereich des Seat Tarraco Plug-in-Hybrid, hat aber freilich gut 100 PS mehr Leistung als der Spanier. Den Einstieg in die Wey-Welt bildet ein frontgetriebener Plug-in-Hybrid, den wir auf rund 250 Kilometern rund um Rom bewegen konnten.
Wey 03 mit komfortorientiertem Fahrwerk
Auf gut asphaltierten Straßen wiegt und wankt der Wey 03 mit seiner etwas gefühllosen Lenkung gemütlich vor sich hin und schiebt bei zu schnell angegangenen Kurven mächtig über die Vorderachse. Das passt zwar nicht so ganz zur Leistungsbereitschaft, wohl aber zu einem SUV an sich. So bügelt das Fahrwerk trotz 20-Zoll-Bereifung grobe Schäden unter sich astrein aus. Lediglich die häufiger auftretenden kleinen Macken stoßen dem Chassis übel auf und es poltert an der Vorderachse lautstark. Da darf gern nachgebessert werden. Denn ansonsten ist der Chinese „japanisch-zurückhaltend“. Die Doppelverglasung und eine gute Schallisolierung zur Front hin lassen auch bei Tempo 150 nur wenige Geräusche in den Fahrgastraum kommen. Und wer den Motor nicht triezt, hört auch von diesem nichts.
Dazu passt auch die luxuriöse Ausstattung (Ausstattungslinie Luxury) mit dicken und bequemen Sitzen, feinen Materialien und sauberer Verarbeitung. Ja, das können auch die Chinesen zweifelsohne. Lediglich das Holzimitat auf der Mittelkonsole sieht nach Imitat aus und passt nicht ins Gesamtbild. Nicht ganz ins Bild passen auch die LED-Scheinwerfer, die wenig Luxury versprühen und bei Heckbeladung manuell in der Höhe verstellt werden müssen. So oder so ist die Lichtausbeute unterdurchschnittlich. Und adaptiv ist nichts, von Matrixlicht können Wey-Kunden nur träumen.