Erinnern wir uns: Vor rund 30 Jahren hatten schnelle Autos, wie ein BMW 520i oder der Audi A6 2.6 150 PS an Bord. Und selbst die S-Klasse mit dem Kürzel W140 (der "Panzer") begnügte sich als Turbodiesel mit 150 PS Leistung (okay, schnell war der nicht). Fortan wuchsen nicht mehr nur die Zentimeter (die S-Klasse ist zwar heute 5,18 Meter lang (+7) und 1,95 Meter breit (+7), aber durchs Umfeld längst kein Panzer mehr), es potenzierte sich auch der PS-Zuwachs. Die schwächste S-Klasse hat nunmehr 286 PS – immer noch ein Diesel. Im Schnitt haben die in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge 2022 laut DAT-Report bei den Privatkäufern bereits 170 PS. Im Schnitt. Bei Privatkunden.
Skoda Fabia 1.5 TSI DSG Style
BildergalerieKia EV6 GT: Wer braucht fast 600 PS?
Noch aberwitziger wird es in der per se vernünftigen Kompaktklasse. Da beginnt bei Mercedes der Einstieg mit dem Brot-und-Butter-A180. Dass der bei Bedarf 215 km/h schnell wird zeigt, dass auch er gut motorisiert ist. Am anderen Ende der Stuttgarter-Skala wähnt sich der 421 PS starke A45 AMG. Ebenso viel Leistung bekommen Polestar-2-Kunden. Der chinesische Mittelklasse-Stromer kostet (für die Leistungsklasse) schmale 57.000 Euro brutto. Wer jetzt meint, das wäre die „Krönung“, schaut mal bei Kia rein. Das Elektromodell EV6 GT möchte mit 585 PS beeindrucken. Diese gibt es für nochmals 16.000 Euro mehr. Macht 73.000 Euro. Das kostet übrigens auch der A45 bei Mercedes – mindestens.
Mehr Leistung als nötig stellen auch alle Plug-in-Hybride bereit – egal, in welchem Segment. Gerade Firmenautos haben oft Strom an Bord, denn es lohnt ja aus steuerlichen Gründen. Und in kaum einem Verkaufsprospekt dieser Modelle wird mit unter 200 PS geworben. Bei vielen Mittelklasse-Plug-in-Hybriden fängt der Kabelspaß erst bei 300 PS an. Dass die Firmenwagenberechtigten da zugreifen, ist kaum verwunderlich. Wer hat Einwände gegen ein billiges und zugleich potentes Fahrzeug, meist gepaart mit ordentlich Platz?
E-Autos: Dauerleistung ist nicht gleich Maximalleistung
So werden fortan alle Ampelsprints gewonnen und das Reinmogeln auf dem Beschleunigungsstreifen gelingt souveräner als mit jedem Diesel. Dass von den versprochenen 300 PS im Fahrzeugschein hin und wieder nur 200 antreten, ist der Dauerleistung geschuldet, die ausschlaggebend für die Daten im Schein ist. Denn gerade Plug-in-Hybride (Phev), aber auch Stromer, geben auf Dauer nicht die volle Leistung ab. Schnellfahrer können das selbst erfahren. Wenn der Phev-Akku beispielsweise auf der nächtlich-freien A9 irgendwann leergefahren ist, sinkt bei den meisten Fahrzeugen die Leistung. Von den gekauften 300 Pferden legen sich 100 erschöpft zum Schlafen ab. Daher haben Plug-in-Hybride auch eine für die Maximalleistung vergleichsweise niedrige Endgeschwindigkeit: Der Topspeed eines Mercedes A250 e (Phev) endet bei 225 km/h und ebenso im A200. PS-Unterschied: 55 zugunsten des Phev. Um ehrlich zu sein, werden das die wenigsten Menschen je erfahren. Dennoch: es existiert und ist reproduzierbar und man bezahlt ja auch für die Leistung.
Daher bin ich für die Langstrecke nach wie vor Fan von Ausgewogenheit. Das heißt für mich, ab einer Jahresfahrleistung von etwa 30.000 Kilometern möchte ich nicht laden müssen. Den klassischen Verbrenner ziehe ich einem Plug-in-Hybriden vor, passendes Gesamtpakte vorausgesetzt. Mein persönlicher Leistungsanspruch liegt bei 130 bis 150 PS – je nach Fahrzeuggröße. Diesel bevorzuge ich auf Langstrecken noch immer. Ich spare mir einfach Tankstopps. Und die Flüssigkeitspausen (in beide Richtungen) brauche ich meist seltener als alle 400 Kilometer. Aus meiner Sicht erfüllen Dieselantriebe den Zweck von Vielfahrern nach wie vor ideal: Schnell und vergleichsweise sparsam von A nach B kommen, wenn Bus, Zug und Flug nicht passen und die oft gepriesenen „Ladepausen“ doch eher als lebenszeitverschwendend angehsehen werden.
Nicht falsch verstehen: Ich schreibe nicht über die User-Chooser-Fahrzeuge, die aufs Gehalt „obendrauf“ kommen und die lediglich fürs Büropendeln, Einkaufen und mal für die Urlaubsfahrt nach Kroatien benötigen werden. Es geht um diejenigen, die täglich im Auto unterwegs sein müssen, um ihre Arbeitsleistung erbringen zu können. E-Autos sind top, nicht jedoch für Vielfahrer, die ihre Zeit nicht E-Mail-schreibend und Fastfood-essend an Ladesäulen vertrödeln wollen und es schätzen, abends im eigenen Bett zu schlafen und nicht eine weitere Hotelübernachtung einplanen zu müssen.
Offensichtlich sehen das im März 2023 noch immer mehr als 80 Prozent der „Firmenfuhrparks“ ähnlich. Denn 64 Prozent aller dort zugelassenen Fahrzeuge dieseln, 17 Prozent verbrennen Benzin Mithilfe von Zündkerzen und lediglich der Rest, setzt auf Elektrifizierung. Das besagen zumindest die neuesten Zahlen des DAT-Barometers (März 2023). Immerhin ist der Anteil der Alternativen im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozentpunkte gestiegen – denn oftmals ist der E-Antrieb doch der beste.
Škoda Fabia 1.5 TSI: die üblichen Vorurteile
Kommen wir zum Protagonisten des Artikels, den wir bereits in unserem Video gefeiert haben: Skoda Fabia im Video. Nach all den genannten Leistungsdaten scheint die Top-Motorisierung des Škoda Fabia, der 1.5 TSI mit 150 PS, fast untermotorisiert – irgendwie typisch, für einen Kleinwagen.
Vorurteile kleinen Fahrzeugen gegenüber gibt es nämlich viele: Kleinwagen sind laut, unkomfortabel, lahm, bieten wenig Platz, keinen Luxus und geringe Sicherheit. Was vergessen? Bestimmt. Stimmt jedoch alles nicht. Der Fabia ist sowohl von den Motor- als auch Windgeräuschen recht leise. Er federt in der Ausstattungslinie Style trotz 17-Zoll-Bereifung (Option) mit Standard-Fahrwerk zwar straff, aber nicht ohne Komfort. Die Lenkung agiert präzise und man weiß genau, wo es hingeht. Wenn wir schon bei der Abstimmung sind: Die Bremse bremst bei leichtem Druck leicht; bei verstärktem Druck, verstärkt, und das Stoppen gelingt ohne Kopfnicken der Insassen. Alles keine Selbstverständlichkeit in Zeiten von E-Autos und Plug-in-Hybriden, die den Übergang zwischen der Rekuperationsbremse und der mechanischen selten beherrschen. Der Škoda Fabia 1.5 TSI ist alles andere als schwächlich. Mit 150 PS hat er ein Dauer-Abo für die linke Spur. Gleichzeitig kann er über 100 Kilometer aber auch spielend mit fünf Litern gefahren werden.
Škoda Fabia: kein Leder, aber anderer Luxus
Das Platzangebot des Fabia ist vorne generös. Und selbst hinten sitzen Menschen bis 1,80 Metern Länge prima. Dabei passen noch immer 380 Liter Gepäck in den Kofferraum. Beim Luxus gibt es zwar kein Leder, aber das seit einiger Zeit aus selbiger gefallen – sagt man. Wer will, kann Teile des Gestühls mit einer Art Alcantara beziehen. Anlass zur Kritik gibt sein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe (Handschalter gibt es nicht), das beim Anfahren schon mal zu viel Kraft bei zu wenig Fußbewegung abgibt. Das Licht leuchtet mittels LED immer hell. Lenkrad- und Sitz-, Scheiben- sowie Waschdüsenheizung finden sich in der Optionsliste, so auch Navisystem und Sprachbedienung. Und bei der Sicherheit ist alles an Bord oder kann bestellt werden, wie Seitenairbags hinten.
Der Vierzylinder des Fabia 1.5 TSI ist ein Gedicht
Der Vierzylinder-Benziner hat keinerlei Hybridisierung an Bord. Es handelt sich um einen klassischen Turbobenziner mit neuester Technik. Typisch Turbo entfaltet er seine Kraft von unten. Ganz nebenbei hat er mehr Hubraum als der Mercedes A250e (der den 1,3-Liter-Vierzylinder von Renault nutzt, plus E-Power). 225 km/h schafft auch der Fabia – spielend. Und das Schöne: Selbst bei solchen Eskapaden zieht der Kleinwagen seine Bahnen wie am Schnürchen und sogar das Geräuschniveau hat Unterhaltungslautstärke. Damit man nicht zu schnell zum Tankstopp muss, bietet Škoda die Option des größeren Tankbehälters um zehn Liter auf 50. Kostenpunkt: 50 Euro (brutto). Wer das merkwürdig findet, ist wieder in der Premium-Liga. Ein Mercedes C 180 und der gar der C 400e (381 PS) können serienmäßig nur 40 respektive 50 Liter Kraftstoff speichern. Für ebenfalls 50 Euro extra gibt es das Upgrade auf 66 Liter – in dieser Liga ein unverschämtes Detail. Beim Fabia sind Etappen von knapp 700 Kilometern eher die Regel als die Ausnahme. Wer behutsam unterwegs ist, kann sogar eine hohe Vierkommairgendwas als Verbrauchswert herbeizaubern. Das haben die eingangs erwähnten Fahrzeuge nicht geschafft. Und auch bei fast allen anderen Punkten ist der Fabia besser. Oder kurzum: phänomenal.
Wirklich repräsentativ ist man mit dem Fabia nicht unterwegs – das stimmt. Wer das braucht, ist mit einem Škoda aber generell eher schlecht bedient. Alle anderen finden im Fabia einen sehr guten Reisebegleiter an dem Kritik abperlt und bei mir Lieblingsauto-Alarm auslöst. Das kann – gerade im Firmenauto-Universum – vielleicht kaum jemand nachvollziehen, doch für mich ist das ehrlicher, als für einen Superb Plug-in-Hybrid, dessen Platz nie genutzt wird, am Monatsende dasselbe netto zu zahlen. Eine verrückte Welt, in der Zurückhaltung und Vernunft bestraft werden.