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Ora Funky Cat Fahrbericht: Cool Car aus China

05.04.2023 11:31 Uhr | Lesezeit: 4 min
Autoflotte Chefredakteur Michael Blumenstein testet den Ora Funky Cat.
© Foto: Ora Deutschland für Autoflotte

Der Ora Funky Cat ist das erste "Cool Car" aus China, mit. Zudem ist er technischer Zwilling des Mini 2023. Beide werden in China produziert, beide sind trotzdem keine Sonderangebote und der eine überrascht zu oft.

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Die deutsche Dependance von Ora, einer Marke von Great Wall Motor (GWM), befindet sich in Friedberg und ist integriert in die Emil-Frey-Gruppe. Die kümmert sich um den Deutschland-Import der vielleicht coolsten Autos aus China. Das macht die Frey-Gruppe bereits bei Mitsubishi und Subaru. Nun schwören sie einen Großteil der bestehenden (Mitsubishi-)Händler auch auf Ora ein. Mit Strom kennen sich die hessischen "Japaner" ja grundsätzlich aus, aber mit coolen Autos?

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Ora Funky Cat Fahrbericht (2023)

Ora Funky Cat Fahrbericht (2023) Bildergalerie

Mitsubishi ist nicht cool, Ora will das sein

Mitsubishi hat aber in der Tat eine lange Elektro-Auto-Historie. Bereits 2010 brachten sie den iMiev in Deutschland auf die Straßen. Das war der dürre Kleinstwagen, der es an guten Tagen auf 100 Kilometer Reichweite schaffte und so weit von cool entfernt ist wie Friedberg von Japan. Dennoch war er richtungsweisend und die läutete mit die Elektrifizierung der Automobile ein – vor Tesla, die zeitnah den Roadster an den Start brachten. Bei Mitsubishi ging es danach allerdings nur noch teilelektrifiziert weiter, bis heute. 140 Ora-Händler gibt es in Deutschland schon. Etwa 80 Prozent derer verkaufen auch Mitsubishi.

Wer jetzt aber den klassischen Mitsubishi-Händler im Sinn hat, weiß, dass dieser vor allem eins nicht ist: cool. Dafür aber oft extrem gut in dem, was er tut. Denn Kundennähe und -service werden bei den häufig kleineren Betrieben großgeschrieben. Nicht umsonst erreicht die Händlerschaft, wie bei Subaru auch, meist Topwerte bei Kundenumfragen.

So, und nun soll also Generation Alpha genau dort auch den Funky Cat und Co. kaufen – oder bislang noch die Eltern, die ja mit 40 noch „hip“ sein können und ebenfalls ins Beuteschema des Ora Funky Cat passen, der vor allem eins nicht ist: beliebig. Die Leute drehen sich nach ihm um und zücken sogar die Handys. Aus unserer Sicht verdient der Ora Funky Cat daher den Titel „Chinas Cool Car“. So ist er nicht nur DNA-Spender des ebenfalls 2023 an den Start rollenden neuen Minis, der bei GWM vom Band in China laufen wird. Er hat auch optische Mini-Allüren, die sich beispielsweise in den Kulleraugen widerspiegeln.

Macht nichts, eine gehörige Portion Eigenständigkeit haben die Designer ihm dennoch mit auf den Weg gegeben und die gefällt offensichtlich. Vor allem von hinten ist er (nachts) verwechslungsfrei zu erkennen. Die Rückleuchten hinter der Heckscheibe sind einmalig.


Ora Funky Cat 400 Pro+

  • Preis: 47.4890 € (brutto, ohne Förderung) Permanenterregter-Synchronmotor | 126 kW/171 PS | 250 Nm
  • 160 km/h | 8,3 s | WLTP 16,5 kWh/100 km | Reichweite: 420 km
  • Akkukapazität: 63 kWh
  • Ladeleistung: AC 11 kW | DC 67 kW 4.235 x 1.825 x 1.603 mm
  • 228–858 Liter
  • HK: 17 | VK: 19 | TK: 21
  • Wartung: 20.000 km/jährlich
  • Garantie: 5 Jahre/8 Jahre/160.000 km


Ora Funky Cat: Die Sache mit der Sprachbedienung

Das für viel faszinierendste am Ora Funky Cat und von Ora stets aufs Neue strapazierte, ist wohl die Sprachbedienung. Sind wir also tatsächlich bei der Generation Alpha angekommen und freuen uns über KI im Auto mehr als über ein gutes Fahrwerk, niedrige Windgeräusche, tolle Lenkung, erstklassiges Platzangebot und: lange Reichweiten sowie kurze Ladezeiten? Offensichtlich ja.

 Ich mache es kurz: Der Ora Funky Cat hat eine im Vergleich gute Sprachbedienung. Weshalb man mit dieser die Fenster, Heckklappe oder das Schiebedach öffnen soll, erschließt sich nicht jedem Insassen. Denn das gelingt per Tasten (oder manuell) schneller und sicherer. Bei der Spracheingabe die mit dem Zauberwort „Hallo Ora“ (kann beliebig umbenannt werden) hellhörig wird (und merkwürdigerweise auch mit vielen anderen), stolpert das System genauso oft, wie andere und lässt den Ansager (zu) oft im Regen stehen. Und so kommt der Ora Funky Cat keinesfalls in die Nähe der Perfektion, die Google Maps erreicht hat – leider. Aber die Ora-Verantwortlichen beteuern, dass Funky Cat intelligent ist und ständig lernt. Dafür wird der Sprachstil und die Worte der Insassen bei Unterhaltungen aufgesaugt, analysiert und gespeichert. Sie quatscht zwischendrin rein und irgendwelche Assistenten piepen dazwischen, weil man bremsen soll, fünf km/h zu schnell fährt oder eine Fahrbahnmarkierung überfahren hat. Die Intelligenz braucht angeblich einige Zeit, um sich auf neue Piloten einzustellen. Wie lange, wissen wir nicht. Wohl aber, dass bis dahin viele entnervt das System deaktiviert haben werden. Das ist immerhin möglich, doch der „USP“ ist dann weg.

Eine kleine Kamera an der A-Säule begutachtet auf Wunsch den Fahrer. Ein Zusatz-Feature, das ebenfalls nerven kann. Beispielsweise dann, wenn man „zu lange“ den Blick von der Fahrbahn nimmt, weil man gerade im Menü nach der Lösung sucht, die „Hallo Ora“ nicht umsetzen konnte oder weil man sich gerade eine Zigarette ansteckt. „Rauchen ist ungesund“ kommt dann aus den Lautsprechern. Danke, weiß jeder, ändert nichts, dass in Deutschland rund 17 Millionen Menschen rauchen und das Bundesministerium für Gesundheit Rauchen als das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland bezeichnet, an dem jährlich knapp 130.0000 Menschen sterben.

So, Moralkeule geschwungen, weiter geht es mit dem Funky Cat. Gespeichert werden die Sprachdaten zur KI-Weiterbildung übrigens auf EU-Servern, wie Ora Deutschland manifestiert. Vielleicht wohlwissend, dass manchen Europäer den laxen Datenschutzrichtlinien in China nicht ganz so offen gegenüberstehen.


Ora Funky Cat Sitzprobe (2022)

Ora Funky Cat Sitzprobe (2022) Bildergalerie

Ora Funky Cat: Kleine Bedienfeldern und Mini-Schrift

Viele Funktionen des Infotainmentsystems lassen sich gut per Sprache bedienen. Bei „mir ist warm“ wird die Innenraumtemperatur um ein Grad abgesenkt. „Mein Hintern friert“ sind die Worte, die Ora veranlassen, die Sitzheizung einzuschalten usw. Spielerei eben. Weniger Spielerei ist es, dass die Bedienflächen in den Menüs (Tidal, Deezer, Nachrichtenkanal, Klimabedienung etc.) oft viel zu klein sind, um diese sicher während der Fahrt bedienen zu können. Die Außentemperatur und andere Infos sind viel zu klein. Dafür ist das Lenkrad so groß, dass es einen Teil der hochkant angeordneten Menüleiste vom Infotainment-Display verdeckt (nicht bei jeder Sitzposition). Das Fahrerdisplay, auch Kombiinstrument genannt, spiegelt bei Sonneneinstrahlung stark und die Tempoanzeige ist zu weit links platziert. Vieles davon soll sich per Updates regeln lassen und angeblich bei den ersten Kundenfahrzeugen bereits implementiert sein. Ebenso Apple Carplay und Android Auto (beides kabellos), die es bisher noch nicht in den Funky Cat geschafft haben.

Fünf Sterne hat der Ora Funky Cat im Euro-NCAP-Crashtest bekommen. Großen Anteil am Sternehagel haben mittlerweile Assistenzsysteme. Serienmäßig an Bord ist alles was man angeblich zum Überleben braucht. Auch der Abstandstempomat ACC. Dass dieser nur bis Tempo 120 funktioniert, stört vielleicht nicht viele, reicht aber nicht zum Nutzen bei Richtgeschwindigkeit. Hintergrund: Das System verlässt sich ausschließlich auf Kamerainfos, was nicht so weitreichend funktioniert wie ein (teures) Radarsystem. Das machen andere auch, die Sache aber nicht besser.

Der Ora Funky Cat hat einen feinen Innenraum

Sehr schön gemacht, ist das Innere und es gibt zudem eine Auswahl an Farben. Tolle Materialien, gute Verarbeitung, viel Platz und vernünftige Sitze vorn. Und auch hinten reist es sich gut. 228 Liter Gepäck sind hingegen Mitsubishi-Space-Star-Niveau und für einen Kompakten mit 4,24 Metern zu wenig. Erschwerend kommt hinzu, dass die Ladekante hoch ist. Da sind die fehlenden Verzurrösen für die Gepäcksicherung fast Nebensache. Das Gepäck hat eh meist Presspassung. Wer – wie üblich – dort das Ladekabel reinschmeißt, kann den Füllraum nutzen und die Gegenstände mit dem Kabel umschlingen.

Apropos Kabel: Der Ora Funky Cat 400 Pro hat einen 63-kWh-Akku (brutto) und damit die Größe des Akkus vom VW ID.3 und Konsorten. Reicht. 420 Kilometer gibt Ora für den Funky Cat an. Im frühlingshaften Portugal kommt man bei Landstraßentempo auch problemlos auf diesen Wert. Wer zuhause oder im Büro lädt, macht das vorn links mit 11 kW. Also alles Standard. Nicht Standard sind die 67-kW-DC-Ladeleistung. Da lohnt die Fahrt an den Hypercharger (mehr als 100 kW Ladeleistung) nicht und man lernt die alten 50-kW-Lader wieder zu schätzen. Ist aber aus der Zeit gefallen.

Ora Funky Cat ist kein Billig-Chinese

So ist der straff abgestimmte, satt liegende Ora Funky Cat also primär ein Freund der Kurzstrecke oder des Wallboxladens. Lange Distanzen werden mit ihm noch länger. Ob Gen Alpha oder Gen XYZ nun den Ora Funky Cat als Zielobjekt auswählt oder nicht, werden wir sehen. In jedem Fall sollten die Interessenten solvent sein. Denn ein Billig-Chinese ist das nicht. Das Leasingangebot der Santander liegt bei 349 Euro (brutto) für einen 48-Monats-Vertrag mit insgesamt 40.000 Kilometern. Wer bezahlen will, muss mindestens 39.000 Euro auf der hohen Kante haben, bekommt dann aber den Funky Cat nur mit 48-kWh-Akku, der für rund 300 Kilometer gut sein soll. Der Große heißt „400 Pro“, womit die Reichweite gemeint ist, und startet bei 44.500 Euro.

Kein Schnapper also und preislich auf Linie mit einem ähnlich ausgestatteten Cupra Born oder VW ID.3, die in Teuerland (Deutschland) hergestellt werden und nicht im deutlich günstigeren China. Hinzu kommt, dass der Funky Cat „nur“ 170 PS hat, 30 weniger als die heckgetriebene, spanisch-deutsche Konkurrenz. Okay, Ora bietet fünf Jahre Garantie, das ist ein Pfund. Dafür muss er aber jährlich zur Inspektion (oder alle 20.000 Kilometer). Der „Preisvorteil China“ geht also irgendwie am Kunden vorbei. Wem all das bewusst ist und die Ladetechnik dennoch ins Fahrprofil passt, findet aber in der Tat einen Freund im Funky Cat, optisch einen coolen. Technisch ist Luft nach oben. Und preislich nach unten.

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