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Ora 07 GT: Oha Ora

18.06.2024 10:33 Uhr | Lesezeit: 4 min
Ein bisschen von Bentley, ein wenig von Porsche und ein Schuss Bugatti und fertig ist der GWM Ora 07.
© Foto: Harald Dawo

Das zweite Modell von GWM Ora für den deutschen Markt ist der Ora 07. Die 4,87-Meter-E-Limousine soll was für Designfans mit Langstreckenaffinität sein. Mindestens ein Problem gibt es dabei aber.

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Bei einigen Autos darf die Frage gestellt werden, warum sich jemand dieses Automobil kauft. Beispiele gefällig? Mercedes G-Klasse, Dacia Spring, DS9, Subaru Solterra oder eben der Ora 07. Bei der G-Klasse ist die Antwort simpel: Man möchte zeigen, dass man es geschafft hat. Beim Dacia Spring ist es so, dass man ein kleines und vermeintlich günstiges E-Auto möchte. Nicht mehr und nicht weniger. DS9-Kunden sind anders und zählen sich zur geschmacklichen Avantgarde. Beim Subaru Solterra fällt nur der Grund ein, dass der Händler nebenan zufällig Subaru verkauft. Und beim Ora 07?


GWM Ora 07 GT

GWM Ora 07 GT in violett schraeg von vorn fotografiert Bildergalerie

Design und Anmutung des Ora 07

Laut Ora-Vertriebsorganisation, die aus Profis der Emil-Frey-Gruppe besteht, sollen es vor allem das Design und die Anmutung des Ora 07 sein, die begeistern. Und ein bisschen seine Langstreckeneignung im Vergleich zum Ora 03. Lightning Cat heißt der Ora 07 seit rund zwei Jahren in China. Er ist also keine Neuentwicklung und schon gar nicht für Europa gemacht. Das könnte auch das eine oder andere erklären.

Groß, stattlich, ja fast herrschaftlich wirkt der Ora 07. Immer wieder fallen die Marken Bentley, Porsche und sogar Bugatti, wenn man Menschen fragt, was es für eine Automarke sein könnte. Jackpot für den Ora 07. Der Ora 07 ist in jedem Fall ein Automobil mit Wiedererkennungswert. Und das ist im Design-Einerlei anno 2024 erwähnenswert. Die weichen Linien schmeicheln dem Auge, auch wenn sie teils etwas barock wirken. Und genau das wollte GWM (Great Wall Motor) erreichen und hat einen passenden Begriff kreiert: Retro-Futurismus. Cooles Marketing, Hut ab in Richtung Frey-Truppe.

 

Klickklick im Ora 07

Cool ist ein Stichwort, wenn man versucht, die Klimaautomatik im Ora 07 auf die richtige Temperatur einzuschwören, was die Grundidee der Klimaautomatik war. Im Ora 07 herrscht bei üblicher Justage auf 22 Grad frostige Stimmung im Fahrgastraum. Also Klickklick, hoch auf 24 gestellt. Scheint jedoch die Sonne etwas stärker, kühlt der Wagen weiter runter und irgendwie ist man immer am Klicken, Frösteln und Schwitzen. Ja, richtig gelesen. Im Ora 07 kann die Temperatur noch per Drehrad auf der Mittelkonsole justiert werden, das ist zumindest klasse. Dass sich hingegen die Luftausströmer nur „digital“ übers Touch-Klima-Menü einstellen lassen, nervt und lenkt während der Fahrt ab. Das macht aber einer der direkten Konkurrenten, der VW ID.7, auch nicht besser.

Ansonsten fühlt man sich im Innenraum sehr wohl. Die Materialauswahl ist top. Alles fühlt sich hochwertig an. Da können sich viele Hersteller was abgucken. Wie das in fünf bis sieben Jahren aussehen wird, muss sich freilich noch zeigen. Ebenso kann die Verarbeitung gefallen. Die Sitze vorn sind komfortabel, wenngleich sie etwas zu kurz an den Oberschenkeln und die Einstellmöglichkeiten begrenzt sind – also keine Neigungsverstellung, keine Verlängerung und beim Beifahrer nicht einmal eine Höhenverstellung. In Verbindung mit dem wenig verstellbaren Lenkrad ergibt sich keine ideale Sitzposition, zumindest dann, wenn die Beine lang und der Oberkörper kurz sind. Größere Fahrer könnte im Schulter-Nackenbereich der im Sitz integrierte Kunststoffrahmen stören. Störend für das andere Extrem, also kurze Beine und langer Oberkörper (Sitzriesen) ist der zu flache Fond. Es wirkt zwar aufgrund der supereleganten Dach-Heckscheiben-Kombination megaluftig, ab 1,82 Meter kann man jedoch durchaus anstoßen. Raumausnutzung ist beim Ora 07 lediglich bei der Beinfreiheit gelungen. Da gibt es keinen Mangel. Dafür aber im Gepäckabteil, der 333 Liter fasst. Das ist weniger als ein VW Polo bietet, doch der ist 80 Zentimeter kürzer.

GWM Ora 07 GT Mittelkonsole mit Temperaturregler
In die Mittelkonsole integriert sind noch physische Tasten, zum Beispiel fürs Verstellen der Innenraumtemperatur.
© Foto: Harald Dawo

Kleinteilige und verschachtelte Menüs im Ora 07

Sitzen, anfassen, aussehen, alles tiptop im Ora 07. Das kann man von der Bedienung des Infotainmentsystems nicht uneingeschränkt behaupten. Das vergleichsweise kleine Display auf dem Armaturenträger bietet zwar viele Inhalte und Einstellmöglichkeiten, doch wirklich logisch sind viele Funktionen nicht angeordnet. Das merken vor allem die Menschen, die sich bei jeder Fahrt wieder einige der Assistenzsysteme vorknöpfen und Tempowarner oder ähnliches abstellen. Es gibt keine Ansicht, in der sich alle Assistenten befinden und sich dann mittels Schieberegler deaktivieren lassen. Als kompliziert in der Handhabung erweist sich auch der Abstandstempomat. Da fragt man sich abermals, wieso man einige Dinge neu erfinden muss und es nicht besser macht als Jahrzehnte zuvor. Schön gemacht ist indes das Kombiinstrument, das zwar volldigital anzeigt, aber aufgrund der drei Displays definitiv retro-futuristisch wirkt. Wenig futuristisch, dafür gut: Das Head-up-Display, das es ab der zweiten Ausstattungslinie Pro serienmäßig gibt.

Generell ist es auch hier wieder so: Extras gibt es keine, nur die Ausstattungslinien Pure, Pro und GT. Alle eint dasselbe Display, die identischen beheizbaren Sitze und ein beheizbares Lenkrad. Wer auf die Wärmepumpe wert legt, muss Anstelle des Pure für 41.990 Euro (Preise brutto) zum Pro greifen, den es für 44.490 Euro gibt. Dann kommt auch das Infinity-Soundsystem in den Ora 07. Der Klang? Astrein. Massagesitze mit Memoryfunktion, elektrischer Heckdeckel (es öffnet sich nur eine Mini-Luke) und ein ausfahrbarer Spoiler, der etwas deplatziert wirkt, sind dann auch dabei. Ein durchaus sinnvolles Feature ist das automatisierte Rückwärtsfahren um bis zu 50 Meter. Das soll auf exakt der Spur erfolgen, die man zuvor in die Passage hineingefahren ist und hilft bei Hofeinfahrten und ähnlichen Strecken.


Ora 07 GT

Preis ab: 53.490 € (brutto)
Zwei E-Motor | 300 kW/408 PS | 680 Nm | 4,5 s | 180 km/h
Reichweite 520 WLTP-Kilometer
Akkukapazität 83,5 kWh (netto)
Ladeleistung AC 11 | DC 88 kW
WLTP-Verbrauch 17,5 kWh
Maße 4.871 x 1.862 x 1.500 mm
Kofferabteil 333–1.045 Liter
Versicherung HK 20 | VK 26 | TK 22
Wartung 2 Jahre/30.000 km
Garantie 5 Jahre/150.000 km | 8 Jahre/160.000 km (auf Akku)



Frontmotor im Ora 07 reicht – eigentlich

Pure und Pro eint der Antrieb. Beide nutzen den identischen Front-E-Motor mit einer Leistung von 204 PS. Das Drehmoment beträgt 340 Newtonmeter und das Konglomerat treibt den Ora 07 bestens an. Der Knackpunkt für die eingangs erwähnte „Langstrecke“ bildet das Akkupack. 67 kWh kann man machen, man kommt jedoch nicht weit. Laut WLTP sollen es beim Ora 07 Pure und Ora 07 Pro 440 Kilometer sein. Ohne Wärmepumpe (Pure) wird das im Winter „meilenweit“ verfehlt werden. Besser macht das der Allrad-GT, der zwar mit der doppelter Leistung, doppeltem Drehmoment (beides unnötig), Allradantrieb und einer Akkukapazität von 87 kWh (520 Kilometer Reichweite) antritt. Die Werte sind jeweils Bruttoangaben. Traditionell ist bei den chinesischen Anbietern der Unterscheid zwischen Brutto- und Nettokapazität gering. 83,5 kWh netto sollen es sein. Da lassen die europäischen Hersteller mehr Luft, die sich am Lebensende auszahlen könnte. Denn eine Anpassung, sprich Reduzierung des Brutto-Netto-Verhältnisses, ist mittels Software leicht möglich und da rutschen dann nach acht Jahren oder 160.000 Kilometer Akkugarantie die Grenzen etwas nach oben.

Prinzipiell spräche beim Ora 07 nichts gegen die Ausstattung Pro, der Pure ist aufgrund der fehlenden Wärmepumpe keine Option, denn wer den Wagen lediglich für kürzere Strecken nutzt, sollte sich die Frage stellen, ob es da nicht auch ein Ora 03 tut, der ist einen halben Meter kürzer. Die Ausstattungslinie Pro kommt realistisch auf der Langstrecke gut 300 Kilometer weit. Nervig ist beim kleinen Akku jedoch, dass das Fahrwerk mit diesem nicht harmoniert, vor allem auch im Vergleich zum knapp 200 Kilogramm schwereren GT (zwei Motoren plus größerer Akku). Der rollte durchweg geschmeidiger, weniger hoppelig und weniger polternd über die Straße, liegt satter und fühlt sich verbindlicher an.

Auf die Zusatzleistung könnte man getrost verzichten, auf den Allradantrieb eigentlich auch, wenngleich beim Beschleunigen bei Nässe die Frontantriebs-Versionen schonmal nach Halt suchen. So kommen wir zu dem Schluss, dass der beste Deal wohl der Ora 07 GT sein wird, der eine langstreckentaugliche Akkukapazität bietet und ein passendes Fahrwerk besitzt. Aber auch der hat ein Manko.

Ora 07 hat maximal 88 kW Ladeleistung

Wer bitte bietet 2024 noch eine maximale Ladeleistung von 88 kW bei einem Automobil an, das für die Langstrecke taugen soll und 53.490 Euro kostet? Dafür gibt es dann bereits einen VW ID.7. Klar, der hat „nur“ 286 PS, keinen Allradantrieb und keine Vollausstattung. Aber das sind eben Preisregionen, in denen einige Dinge besser funktionieren müssen. So bleibt der Ora 07 ein Fall für Fans des Designs. Wer Wert auf ein anderes Image legt, nicht dem Mainstream folgen will oder das besondere sucht, ist mit einem Polestar 2, einem Hyundai Ioniq 6 oder Nio ET5 vielleicht besser bedient. Die kosten ähnlich viel und laden mit 150 bis 240 kW. In China kostet der Ora 07 übrigens in der Vollausstattung umgerechnet 35.000 Euro. Der Einstiegspreis liegt bei knapp 25.000 Euro. Da ist also noch Luft. Selbst wenn jetzt die erhöhten Zölle draufkommen.

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