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Fahrbericht Jaguar F-Pace: Britischer Eroberer

18.04.2016 14:30 Uhr
Für den sportlich ausgelegten F-Pace gibt es bereits mehr als 10.000 Vorbestellungen – einmalig in der Jaguar-Geschichte.
© Foto: Jaguar

Ohne SUV scheint die Autowelt nicht mehr zu funktionieren. Auch Jaguar wollte sich nicht länger zurückhalten und kommt jetzt mit dem F-Pace. Hat er das Zeug zum Erfolgsmodell?

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Von Michael Specht/SP-X

Lange konnte das ja nicht mehr gutgehen. Während die Schwestermarke Land Rover einzig und bestens von Geländewagen und SUV lebt, kann Jaguar seinen Kunden in dieser Hinsicht nichts bieten. Diese kaufen stattdessen Porsche Macan, BMW X3, Mercedes GLC oder Audi Q5. Jetzt werden die Karten neu verteilt. Jaguar fährt das erste SUV seiner Firmenhistorie vor, den F-Pace. Er dürfte bei so manchen Managern der deutschen Premiumhersteller für einiges an Stirnrunzeln sorgen. Denn bislang hat es kein ausländischer Hersteller in diesem SUV-Segment geschafft, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Der F-Pace hat das Zeug dazu.

Er ist der Jaguar mit der höchsten Alltagstauglichkeit. Dies honorieren auch die Käufer. Ohne den F-Pace auch nur einen Meter gefahren zu haben, unterschrieben bisher weltweit mehr als 10.000 von ihnen einen Kaufvertrag. "Eine so hohe Nachfrage noch vor der Markteinführung hatten wir noch nie", sagt Peter Modelhardt, der Geschäftsführer von Jaguar Deutschland. Es zeugt zudem von viel Vertrauen in die Marke. Und in die Arbeit der Ingenieure. Seit Jahren hat Jaguar einen Lauf, liefert Hightech, schickes Design, effiziente Antriebe und eben auch noch das bisschen Exotik, was man bei der Konkurrenz vermisst.

Wie die beide Limousinen XE und XF besteht auch der F-Pace auf einer neuartigen Aluminium-Struktur. Das macht ihn leicht und sehr stabil, was sich wiederum positiv aufs Fahrverhalten auswirkt. Eine erste Ausfahrt mit dem F-Pace bestätigt dies. Das 4,70-Meter-SUV lässt sich handlich, direkt und zielgenau durch jede Kurvenkombination treiben und erkauft sich die Sportlichkeit nicht auf Kosten von unnötiger Härte. Lediglich mit der Einstellung "Dynamic" hat man es wohl zu gut gemeint. Aber der Fahrer kann ja jederzeit auf "Normal" zurückschalten.

Ein Genuss an Laufkultur

Zum harmonischem Fahrgefühl tragen ganz entscheidend auch der Dreiliter-V6-Diesel mit 231 kW / 300 PS in Kombination mit der Achtgangautomatik bei. Ein Genuss an Laufkultur, kernig-bulligem Klang und toller Kraftentfaltung. 700 Newtonmeter Drehmoment schickt der Selbstzünder in den Antriebsstrang und macht den F-Pace in dieser Motorisierung zu einem absolut souveränen SUV. Das Allradsystem verteilt die Kräfte in Millisekunden zu den beiden Achsen. Das können je nach Situation hinten 100 Prozent und vorne null oder 50:50 sein. Der Fahrer muss sich um nichts kümmern, alles läuft voll automatisch ab.

Eher weniger nachgefragt in Deutschland dürfte der Dreiliter-V6-Kompressor-Motor aus dem F-Type sein. Ihn gibt es mit 340 oder 380 PS. Trotz der höheren Leistung legt er jedoch nicht die angenehme Geschmeidigkeit des Diesel-V6 an den Tag, braucht recht hohe Drehzahlen, um ähnlich flott auf Touren zu kommen.

Für Sparfüchse ist der kleine Vierzylinder-Diesel gedacht, eine komplette Eigenentwicklung von Jaguar. Im F-Pace leistet der Zweitliter 132 kW / 180 PS. Natürlich reicht auch dies im Alltag in 98 Prozent aller Verkehrssituationen bestens aus. Zudem fährt sich der 2.0d ausgesprochen handlich, weil er die Vorderachse mit deutlich weniger Gewicht belastet. Und sein Verbrauch ist sensationell niedrig, zumindest der EU-Norm-Wert. 4,9 Liter gibt Jaguar an, was einem CO2-Ausstoß von 129 g/km entspricht. Das dürfte besonders Flottenbetreiber und Dienstwagenfahrer interessieren.

Vielseitiger war zuvor kein Jaguar-Modell

Das gut proportionierte Außendesign des F-Pace (möglich sind Räder bis 22 Zoll) findet sich auch im Interieur wieder. Man fühlt sich schnell wohl in diesem Auto. Das Raumgefühl ist großzügig, die Sitzposition einwandfrei, und auch die Bedienung gibt keinen Anlass zur Kritik. Lediglich die Schalter für die elektrischen Fensterheber sind ergonomisch ungünstig platziert. Sie liegen viel zu weit oben und vorne auf der Türverkleidung. Hinten bietet der F-Pace ebenfalls üppige Platzverhältnisse, angeblich sogar die beste Beinfreiheit seiner Klasse.

Selbst in Sachen Gepäck ließen sich die Jaguar-Entwickler nicht lumpen. Der Kofferraum bietet mit 650 Litern Gardemaß. Liegen die Rücksitzlehnen flach – per Fernbedienung vom Laderaum aus – sind es sogar 1740 Liter. Der Boden ist dabei perfekt eben, misst in der Breite einen und in der Länge 1,80 Meter. "Wir bieten mehr nutzbare Fläche als ein BMW X5", sagt Baureihenleiter Kevin Stride. Zudem besitzt der F-Pace über neigungsverstellbare Rücksitzlehnen und die Heckklappe lässt sich per Fußschwenk öffnen. Vielseitiger war noch kein Modell von Jaguar.

Moderner wohl auch nicht. Gegen Aufpreis gibt es das Multimedia-System Incontrol Touch Pro, das über einen 12,3 Zoll großes Display verfügt. Die Software dahinter zählt laut Jaguar zur leistungsfähigsten im Automobilbau. Leider vergaßen es die Programmierer, die Karte des Navigationssystems dauerhaft auf Nord-Süd-Richtung zu fixieren. Zwar lässt sie sich kurz umschalten, springt jedoch nach weniger als einer Minute wieder in den Fahrtrichtungsmodus. Aus England heißt es: "Wir arbeiten dran."

90 Prozent neue Kunden soll der F-Pace zur Marke Jaguar bringen. Die Marketing-Strategen sprechen gern von Eroberungsrate. Ob's gelingt, wird sich zeigen, zumal sich die Briten ziemlich viele Ausstattungen gesondert bezahlen lassen. Zwar beginnt der F-Pace als Zweiliter-Diesel bei 29.934 Euro netto, doch fährt dieser mit Handschaltung und Stoffsitzen. Der am besten zum Auto passende V6-Diesel kostet bereits 40.738 Euro ohne Mehrwertsteuer und liegt damit knapp unter Porsche-Macan-Niveau. Gut 17.000 Euro kann man für Extras mindestens kalkulieren, soll der Wagen premium-like dastehen. Oder gleich die "First Edition" für 67.260 Euro netto nehmen. Doch hier sollte man sich sputen. Die Serie ist fast ausverkauft.


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