Von Rocco Swantusch/Autoflotte
Manchmal finden Theorie und Praxis auf sehr ungute Art und Weise eng zueinander. Kurz vor dem Regionaltreffen des Bundesverbandes Fuhrparkmanagement (BVF) in Friedrichshafen kippte just in der Stadt am Bodensee ein Lkw um und legt den Verkehr über Stunden lahm. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, aber es sind solche Großereignisse, die zum Umdenken führen und weniger die kleinen Schäden in den Flotten, die mit hoher Frequenz den Fuhrparkleiter beschäftigen. Und nicht nur ihn.
Das weiß Ralph Feldbauer sehr genau. Er ist seit 25 Jahren in der Risikoabsicherung und im Risk Management tätig, um die Flottenleiter und damit die Dienstwagenfahrer bei der Präventionsarbeit zu unterstützen. So führte der Chef-Risk Manager der Allianz Deutschland das anwesende Dutzend an Fuhrparkverantwortlichen mit auf seine Reise, wie beispielsweise der Gastgeber des Treffens, MTU in Friedrichshafen, auch mit seiner Expertise möglichen Unfällen gegensteuert. Wenn Fuhrparkleiter Roland Wiggenhauser, der sich mit seinem Team allein hier in der Unternehmenszentrale um 860 Dienstwagenfahrer und die Werkverkehre kümmert – im weltweiten Kontext managt das vierköpfige Flottenteam rund 1.200 Firmenwagen –, verrät, dass die Flotte im Jahr rund 24 Millionen Kilometer zurücklegt, dann bekommt man ein Gefühl davon, dass man gewisse Ereignisse nicht durchweg ausschließen, aber deren negativen Folgen auch präventiv abmildern kann.
In Abstimmung mit Feldbauer wurde beispielsweise die interne Aufnahme eines Unfalls dahingehend neu strukturiert und verändert, dass die Fahrer nun auch mehr Angaben zur Vermeidbarkeit und künftigen konkreten Maßnahmen machen dürfen. Gezielt ausgearbeitete Fragestellungen, deren Antworten aber eine immense Wirkung erzielt haben, weiß Wiggenhauser. Allein die Tatsache, dass Dienstwagenfahrer statistisch gesehen, mit einem deutlich höheren Unfallrisiko unterwegs sind, zeigt, dass Sensibilisierung für den Umgang mit dem Dienstwagen ein dauerhafter Dialog zwischen dem Fuhrparkleiter und dem Heer von Fahrern ist.
"Dabei ist es unerlässlich, dass wir als Risk-Manager auch detaillierten Einblick in die vollumfänglichen Unfalldaten der Flotte bekommen. Denn erfahrungsgemäß sind es ein kleinerer Teil der Fahrer, der für eine Vielzahl von Schäden verantwortlich sind. Dass man speziell mit diesen Fahrern den Dialog sucht, ist mit Blick auf die Halterverantwortung gegenüber der gesamten Flotte nachvollziehbar. Statt punktuell kann man sonst nur nach dem Gießkannenprinzip agieren, was wenig effektiv ist und keine wirksamen Ergebniswerte nach sich zieht", berichtete Feldbauer aus der langjährigen Praxis. Bei MTU vertraut man hierfür einem externer Schadenmanager. "Das hat sich absolut bewährt, da dieser jedem Schadensfall sehr gewissenhaft und mit dem Blick von außen nachgeht", bestätigte Wiggenhauser.
"Positive Begegnungen im Auto"
Das zweite große Thema des Fuhrparkleitertreffs war die vernetzte Mobilität. Hier in der Bodensee-Region, wo die Pendlerwege zwar nicht weit, aber die Straßen oft verstopft sind, ist dies für viele der anwesenden Fuhrparkchefs ein wichtiges Thema. Bei MTU heißt auch hier einer der Ansätze: Sensibilisierung. Zum einen für das vorhandene Netz des ÖPNV, das laut Wiggenhauser nicht immer leicht zu durchdringen, aber oft eine wirkliche Alternative zur Autofahrt ist. Zum anderen wird die Kultur der Mitfahrgemeinschaft sehr offen gelebt. "Jeder Mitarbeiter, der mit dem Auto an einem unserer Bushaltestellen auf dem Werksgelände vorbeifährt ist angehalten, zu fragen, ob er jemanden mitnehmen kann. Das wurde am Anfang skeptisch gesehen, mittlerweile wird es aber sehr gut vorgelebt, da es immer wieder positive Begegnungen im Auto gibt", so der MTU-Fuhrparkleiter. Auch so kann Theorie und Praxis zusammenkommen.