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Telematik in der Flotte: Wie es rechtlich mit dem Datensammeln aussieht

04.12.2024 02:01 Uhr | Lesezeit: 4 min
Functions on demand
Telematik-Systeme sind aus Flotten nicht mehr wegzudenken.
© Foto: metamorworks - stock.adobe.com

Telematik-Systeme revolutionieren die Kfz-(Flotten-)Versicherung. So zumindest lautet das Versprechen vieler Versicherungsanbieter. Wie sieht es jedoch rechtlich aus?

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Im Vordergrund der "Revolution" stehen dabei niedrigere Versicherungskosten aufgrund vermeintlicher Risikominderung im Fuhrpark sowie als Folge des Ganzen unter anderem auch niedrigere Kraftstoff- und Verschleißkosten. Vorbehaltlich der für diese Versprechen durch die Versicherungsbranche im Einzelfall zu erbringende Nachweise ergeben sich auch rechtliche Fragen.

Telematik: Obacht beim Datenschutz

Nicht alles, was möglich ist, ist erlaubt. Beim Einsatz von Telematik-Systemen werden häufig personenbezogene Daten ausgewertet, wodurch der Datenschutz berührt wird. Ob dies erlaubt ist, hängt vom konkreten Fall ab.

Kernstück jeder Flottenversicherung mit fortschrittlicher Technologie zur Überwachung (Flotten-Telematik) ist die Möglichkeit eines tieferen Einblicks in das Fahrerverhalten der Versicherungsnehmer und Mitarbeiter. Dies soll den Versicherungsunternehmen ermöglichen, Versicherungspolicen präziser zu gestalten, und Betreibern dabei helfen, ihre Fahrzeug- flotten effizienter zu managen.

Die fortgeschrittene Datensammlung der Telematik ermöglicht präzise Einblicke in das Fahrverhalten und soll wesentlich zur Schadenvorbeugung und zur Erhöhung der Sicherheit beitragen - sofern der Arbeitgeber dies nachhält und daraus rechtliche und/oder finanzielle Einflussmöglichkeiten auf seine Mitarbeiter ableiten darf und dies auch tut.

Dies soll dadurch erreicht werden, dass der Versicherer in die Lage versetzt wird einzuschätzen, wie ein Fahrer sein Auto durch den Straßenverkehr bewegt. Dabei werden bestimmte Faktoren gemessen und bewertet, die sich jedoch je nach Versicherer unterscheiden können. In erster Linie geht es um Faktoren wie Brems- und Beschleunigungsverhalten, Kurvenverhalten, Geschwindigkeit, Tageszeit, Fahrtzeit und -ort und Routenkriterien.

Dazu muss der Versicherungsnehmer sich darüber klar sein, dass seine Fahrdaten und die des gesamten Fuhrparks (oft) an einen Dienstleister weitergeleitet, dort ausgewertet und in einem ermittelten Score-Wert an den Versicherer gegeben werden. Dies alles kann nach derzeitigem Stand über eine App auf dem Smartphone erfolgen. Eine andere Möglichkeit ist eine mit dem Fahrzeug fest verbundene "Telematik-Box", die die Daten direkt weiterleitet.

Telematik: Der gläserne Mitarbeiter?

Derartige Systeme erzeugen mitunter beim Fahrer die Besorgnis, als gläserner Autofahrer stets überwacht zu sein. Die Anbieter solcher Telematik-dienste versuchen diesem Eindruck dadurch vorzubeugen, dass sie eine lückenlose Überwachung des Fahrstils in Abrede stellen. Vielmehr würden nur bestimmte Kriterien gemessen und überwacht. Die Daten werden pseudonymisiert und über einen Dienstleister ausgewertet. Übermittelt an den Versicherer wird dann nur der Score, der sich aus den Daten ergibt. Der Versicherer weiß also nicht, wer wann und wo gefahren ist.

Es ergeben sich für den Versicherungsnehmer daher Rechte und Pflichten:

Rechte der Versicherungsnehmer:

| Versicherer müssen in ihren Versicherungsbedingungen transparent darlegen, welche Daten erhoben werden und wie sich das Fahr- verhalten auf die Prämie auswirkt.

| Recht auf Auskunft und Löschung: Versicherungsnehmer haben ein Recht auf Auskunft, welche Daten gespeichert sind, und auch ein Recht auf Löschung ihrer Daten.

Pflichten der Versicherungsnehmer:

| Die Überwachungstechnik darf nicht manipuliert oder ausgetrickst werden. Bei reinen Smartphone-Lösungen muss der Versicherungsnehmer jede Fahrt aufzeichnen, auch wenn ein anderer "sein" Auto fährt.

| Die genauen Pflichten ergeben sich aus den Versicherungsbedingungen des jeweiligen Tarifs. Darin müssen die Rechte und Pflichten klar benannt sein.

All das ist so lange unproblematisch, wie der Fahrer eine solche Versicherung mit Telematik-Diensten als Einzelperson für sich selbst abschließt. Was aber, wenn der Mitarbeiter eines Versicherungsnehmers im Fuhrpark diese Wahl nicht hat, wenn der Arbeitgeber sich für die Telematikdienste in seinem Fuhrpark entschieden hat?

Es sollte nicht übersehen werden, dass je detaillierter ein Bewegungsprofil ist, sich desto leichter auf das Leben der einzelnen Fahrer schließen lässt. Fährt er viel mit dem Auto, verraten seine Daten sehr genau, wann er sich wo befindet und wo er zum Beispiel übernachtet hat. Das ist unter anderem für personalisierte Werbung interessant. In Onlineshops können Warenpreise auf den Fahrer abgestimmt sein und Ergebnisse von Suchmaschinen optimiert werden.

Die Rechtsprechung ist in Sachen Persönlichkeitsrechte eindeutig. Einschlägig ist Paragfraf 26 Absatz 1 Satz 1 im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Nach dieser Vorschrift liegt ein erheblicher Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eines Arbeitnehmers vor, wenn Speicherung und Nutzung der von einer in das Dienstfahrzeug eines Außendienst-mitarbeiters eingebauten Telematik-Box erfassbaren und speicherbaren Daten nicht erforderlich sind. Einwilligungen von Beschäftigten in die Verarbeitung personenbezogener Daten bleiben nach wie vor zulässig, müssen aber nach § 26 Abs. 2 BDSG ausdrücklich freiwillig erteilt werden.

Nach § 26 Abs. 4 BDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten von Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses auf der Grundlage von Kollektivvereinbarungen zulässig. Damit stellt das BDSG ausdrücklich klar, dass Kollektivvereinbarungen wie Betriebs- oder Tarifvereinbarungen weiterhin ein zulässiges Mittel zur Regelung erlaubter Datenverarbeitung bleiben. Sie müssen aber künftig den Anforderungen von Art. 88 Abs. 2 EU-DSGVO und § 26 BDSG genügen.

Plant also ein Arbeitgeber den Einbau von Telematiksystemen in dienstlich genutzte Fahrzeuge, so benötigt er hierfür die Zustimmung des Betriebsrates. Nichts anderes kann gelten, wenn die Daten durch oder für eine Versicherung erhoben werden. Der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Telematik: Verhaltenskontrolle

In jedem Fall muss sichergestellt sein, dass die Daten nicht zur Verhaltens- und Leistungskontrolle herangezogen werden. An dieser Stelle ergibt sich ein Widerspruch, wenn die von einem Versicherer eingesetzte Telematik gerade dazu dienen soll, das Schadenrisiko im Fuhrpark zu senken. Die Telematik soll zu einer Verhaltensänderung der Fahrer hin zu dann mehr Risikobewusstsein führen.

Unzulässig ist die grundsätzliche Überwachung eines Firmenwagens, dessen Nutzung dem Arbeitnehmer auch zu privaten Zwecken gestattet ist. Durch eine Überwachung des Firmenwagens würde auch eine unzulässige Überwachung der privaten Lebensführung ermöglicht. Aber die Anbieter lernen im Zusammenhang mit den Bestimmungen des Datenschutzes auch ständig dazu. So können Flottenfahrzeuge mitunter mit einer "Privat-Taste" ausgerüstet werden. Diese Taste sorgt dafür beim Umschalten von geschäftlichen zu privaten Fahrten fürs Ausschalten der Datenerfassung.

Auch in kleineren Unternehmen ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber diese Rechtslage nicht übergehen. Kündigungen sich der Telematik verweigernder Dienstwagenfahrer werden in der Rechtsprechung bisher eher restriktiv gehandhabt. Die Beurteilung der datenschutzrechtlichen Besonderheiten ist die gleiche wie bei Unternehmen mit Betriebsrat. Dem Arbeitgeber ist es jedoch grundsätzlich überlassen, zu entscheiden, wem überhaupt er einen Dienstwagen zur Verfügung stellen möchte.


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Fazit Recht und Telematik

Der Arbeitgeber sollte vor Einführung von Telematiksystemen mit dem Betriebsrat oder den betroffenen Mitarbeitern die Erforderlichkeit und den Nutzen erklären. Dabei sollte er sich darüber im Klaren sein, ob und wie als Konsequenz der Telematikergebnisse Folgen für den Mitarbeiter gezogen werden können und dürfen. Ist der Arbeitgeber damit einverstanden, dass Arbeitgeber und Kfz-Versicherer das Fahrverhalten überwachen und individuelle Bewegungs- und Verhaltensprofile der Mitarbeiter speichern können? Das bedeutet auch, dass der Versicherer diese Daten bei einem Unfall gegen den Halter verwenden kann. Weiterhin können Versicherer nicht nur die stets erwähnten günstigeren Tarife anbieten.

Der Arbeitgeber sollte prüfen, was vom Versicherer zum Schutz personenbezogener Daten unternommen wird. Welche Daten müssen an den Versicherer übermittelt werden? Gibt die Versicherung Daten heraus, etwa an Vertragspartner oder an die Polizei? Nach welcher Zeit werden die Daten gelöscht? Und wird Werbung personalisiert?

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